Wann mit Logopädie beginnen?

Inhaltsverzeichnis

Hallo, liebe Frau Dr. Schmelz,

mein Sohn (knapp vier Jahre alt) soll, nach Aussage der Kindergärtnerin, zum Logopäden. Er kann zwar alle Sätze und alle Wörter sprechen, nur den Anfang des Wortes kann er nicht richtig aussprechen, z. B. Schule – Nule, Salz – Nalz, kaputt – paputt, noch – nock. Probleme machen etwa Sch, S, F und K, jedoch nicht bei allen Wörtern. Beim Ohrenarzt waren wir bereits, es ist alles in Ordnung. Der Arzt meinte, wir sollten erst einmal abwarten. Mit fünf Jahren könnte man immer noch mit der Logopädie beginnen. Einen Besprechungstermin beim Logopäden hat er uns trotzdem einmal aufgeschrieben. Meine Fragen: Hat sein schlechtes Sprechen auch mit seiner unruhigen Art zu tun? Ab welchem Alter müssten Kinder deutlich sprechen können?

von Frau N.

Antwort von: Dr. med. Andrea Schmelz

Liebe Frau N.,

prima, dass Ihr Sohn eine so engagierte Kindergärtnerin hat. Es ist natürlich gut, wenn Sprachstörungen frühzeitig behandelt werden, wobei es oft genügt, wenn damit im Alter von fünf Jahren begonnen wird, wie Ihr Kinderarzt empfiehlt. Ab fünf Jahren sollten Kinder auch alle Laute korrekt aussprechen können. Das schlechte Sprechen kann mit der „unruhigen Art“ Ihres Sohnes zusammenhängen, denn möglicherweise ist er zu unkonzentriert oder er hat Wahrnehmungsstörungen, was das Hinhören betrifft. Dabei hört Ihr Sohn gut (wie auch der Hörtest bestätigt), das Gesagte kommt aber quasi im Gehirn nicht richtig an. Ob das bei Ihrem Sohn zutrifft, können Sie – als erste Orientierung – testen, indem Sie selbst die Fehler machen, die sonst Ihr Sohn macht, und Wörter gezielt so aussprechen, wie er es tut. Verbessert er Sie dann entrüstet und weist er Sie darauf hin, dass Sie etwas falsch gemacht haben, hört er die Wörter offensichtlich richtig und kann auch die einzelnen Buchstaben unterscheiden. Dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine noch nicht ausreichend entwickelte Mundmotorik schuld an der falschen Aussprache Ihres Sohnes. Ich würde Ihnen aus drei Gründen empfehlen, das Beratungsgespräch beim Logopäden sofort wahrzunehmen:

  1. Gute Logopäden haben oft eine Warteliste von sechs Monaten und länger, und je früher Sie sich anmelden, umso eher bekommen Sie einen Platz. Warten Sie erst ab, bis Ihr Sohn fünf Jahre alt ist, kann es passieren, dass nicht alle Probleme bis zum Schuleintritt behoben werden können.
  2. Ihr Sohn hat offensichtlich Schwierigkeiten mit mehreren Buchstaben. Je nach Art und Ausprägung der Störung müssen Sie für einen Laut oft 10 bis 20 Sitzungen rechnen (bei meist einem Termin pro Woche), da können Sie sich selbst ausrechnen, dass Sie etliche Monate brauchen werden, bis Ihr Sohn alle Defizite aufgeholt hat.
  3. Hat Ihr Sohn Probleme mit der Laut-Wahrnehmung, ist eine frühzeitige Förderung besonders wichtig.Vielleicht können Sie zusätzlich anregen, dass im Kindergarten mit dem „Würzburger Training“ geübt wird. Mit nur 10 Minuten am Tag kann damit das bewusste Hinhören geschult werden. Informationen für Eltern und Kindergärten finden sich auf der Internetseite www.phonologischebewusstheit. de.

Das können Sie selbst tun: Damit Ihr Sohn die Freude am Sprechen nicht verliert, sollten Sie ihn nie korrigieren oder dazu anhalten, ein falsch gesprochenes Wort richtig zu wiederholen. Es genügt völlig, das betreffende Wort selbst einmal korrekt zu wiederholen. Sagt er etwa: „paputt“, können Sie bestätigen: „Ja, der Wecker ist kaputt.“ Üben Sie mit Ihrem Sohn, genau hinzuhören, indem Sie ihn auf Alltagsgeräusche und Klänge aufmerksam machen, etwa ein vorüberfahrendes Motorrad oder Hundegebell.

Alles Gute und herzliche Grüße

Ihre Andrea Schmelz