Essprobleme bei Kindern: Auch richtig Essen will gelernt sein

Essprobleme bei Kindern treten bei 15 bis 20 Prozent auf. In den meisten Fällen gibt es keine gesundheitlichen Gründe dafür. Wie reagieren Sie als Eltern richtig, wenn Ihr Kind das Essen verweigert oder ausschließlich Babykekse isst? 

Inhaltsverzeichnis

Essprobleme bei Kindern können unterschiedlich aussehen

Fast alle Eltern machen sich Sorgen, wenn ihr Kind nicht genug isst. Wird uns doch immer wieder eingetrichtert, dass gerade in den ersten Lebensjahren, in denen die Kleinen so schnell wachsen, eine ausgewogene Ernährung besonders wichtig ist. In den ersten Lebensmonaten, so lange die Kleinen ausschließlich Milch bekommen, verläuft die Nahrungsaufnahme oft noch unproblematisch. Doch mit Beginn des Beikostalters möchten manche Eltern schier verzweifeln. Die folgenden Punkte zeigen Ihnen, wie Essprobleme bei Kindern aussehen können:

  • Manche Kinder zappeln herum, schlagen nach dem Löffel und weigern sich, den Mund aufzumachen. Andere Kinder essen und trinken extrem langsam. Manche schlafen beim Essen sogar schlicht ein.
  • Wieder andere sind extrem wählerisch und verweigern die Nahrung, wenn nicht das Gewünschte dabei ist. Vielleicht wird sogar voll Trotz der Teller vom Tisch gefegt.
  • Manche Kinder erbrechen sich nach dem Füttern. Andere Kinder essen nur, wenn daneben der Fernseher läuft, Mama den Clown spielt oder ihnen das Essen beim Herumlaufen „nebenbei“ in den Mund geschoben wird.
  • Kleinkinder bekommen beim Essen regelrechte Tobsuchtsanfälle oder verhandeln mit den Eltern ausgiebig über jede zu essende Portion.

Zwang beim Füttern führt zu Essproblemen

Besonders gefährdet sind Frühchen oder Kinder, die bereits bei Geburt zu leicht waren. Sie sind schon in den ersten Lebensmonaten häufig betroffen. Wenn das Kleine einmal weniger trinkt, haben die Eltern schnell Angst, ihr Kind bekäme nicht alle nötigen Nährstoffe, um sich richtig zu entwickeln. Dann wird getrickst und abgelenkt, nur um noch etwas mehr Milch in das Kleine hineinzubekommen. Letztlich bedeutet das aber, dass die Sättigungssignale des Kindes nicht beachtet werden und das Baby zum Trinken gezwungen wird. Die Reaktion: das Kind verweigert das Essen – ein Teufelskreis beginnt.

Auch wenn die Probleme unterschiedlich aussehen, gibt es eine Grundregel: Empfinden die Eltern die Situation beim Füttern mindestens einen Monat lang als schwierig und belastend, sprechen Experten von Essproblemen bei Kindern. Mit „Essprobleme bei Kindern“ ist hier also ein Wechselspiel zwischen Kind und Eltern gemeint. Essprobleme sind allerdings nicht nur ein psychologisches Problem, sondern können zu Gewichtsverlust und Gedeihstörungen führen. In schweren Fällen kann sogar eine vorübergehende Sondenernährung nötig werden.

Wenn Ihr Kind das Essen verweigert

Wenn Ihr Baby oder Kleinkind das Essen verweigert, nicht (mehr) zunimmt und/oder untergewichtig ist, sollten Sie es als erstes beim Kinderarzt untersuchen lassen. Organische Ursachen für Essprobleme bei Kindern können z. B. akute Erkrankungen, Erkrankungen des Herzens, der Leber, das Magens oder des Darms, Unverträglichkeiten bestimmter Nahrungsmittel oder eine gestörte Mundmotorik sein. Manchmal sind Krankheiten, Operationen oder Stresserlebnisse wie Trennungen lediglich die Auslöser.

Häufig liegen jedoch nicht-organische Gründe vor. Ihr Kind verweigert das angebotene Essen meist deshalb, um etwas Angenehmes zu erreichen oder etwas Unangenehmes zu vermeiden. So kann das Kleine mit seiner Verweigerung sich die erhöhte Aufmerksamkeit der Eltern sichern oder seine Lieblingsspeise „erhungern“. Oder es reagiert auf das Einflößen der Nahrung unter Zwang oder eine emotional angespannte Füttersituation mit Zurückweisung.

Wichtigste Regel: Ihr Kind entscheidet, wie viel es wovon essen möchte

Ein „Suppenkasper“ macht seine Eltern oft hilflos, wütend und unsicher. Je stärker diese Gefühle bei den Eltern werden, umso stärker werden sie auch beim Kind. Bald wird das Essen zu einem Kampf und bedeutet für alle nur noch Stress. Und in einer extrem angespannten Situation vergeht jedem der Appetit oder die Bereitschaft zu essen und die Essprobleme nehmen weiter zu. Bei kleinen Kindern kann die täglich benötigte Nahrungsmenge starken Schwankungen unterliegen. Lernen Sie wieder, Ihrem Kind zu vertrauen: Bieten Sie Ihrem Kind das Essen zu festen Zeiten an. Ihr Kind darf selbst entscheiden, ob es hungrig ist und wenn es essen möchte, wovon. Ihr Kind isst einfach so viel oder so wenig es mag von dem, was es zu den Mahlzeiten gibt und bekommt kein Extra- oder Ersatzessen. Faustregel: Kein gesundes Kind wird freiwillig vor einem vollem Teller verhungern!

Geben Sie ihm weiter Zwischenmahlzeiten, damit sein Blutzuckerspiegel zwischen den Hauptmahlzeiten nicht zu stark abfällt. Vermeiden Sie bei Kleinkindern jedoch zu viele Süßigkeiten oder Knabbereien zwischen den Mahlzeiten. Besser sind etwas frisches Obst oder ein Stück Brot. Da Essprobleme bei Kindern oftmals durch das Verbinden mit etwas äußerst Unangenehmen zustande kommen, muss Essen wieder positiv besetzt werden. Also darf ein betroffenes Kind im Essen herummanschen, es in die Hand nehmen und damit spielen – und die Eltern sollten es dafür sogar loben!

„Minimalprogramm“ für schlechte Esser

(nach dem amerikanischen Kinderarzt Dr. T. Berry Brazelton)

  • zwei Gläser Milch, oder 60 g Käse, oder 1 1/2 Becher Joghurt, oder zwei Kugeln Milcheis
  • 60 Gramm Fleisch, oder ein Ei, oder drei Esslöffel Müsli (keine gezuckerten Frühstücksflocken!)
  • ein halbes Glas Orangensaft, oder eine halbe Kiwi, oder anderes Obst
  • Gabe eines geeigneten Multivitamin-Präparates (zuvor den Kinderarzt fragen!

Wenn Sie nicht mehr weiterwissen: Sprechen Sie zunächst Ihren Kinderarzt auf das Fütterproblem an. Wenn auch dessen Tipps und Ideen keinen Erfolg bringen, brauchen Sie einen Experten, der sich speziell mit Ess- und Fütterstörungen auskennt. Adressen erhalten Sie z. B. über den Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten e.V., www.bkj-ev.de. Hilfe bieten in der Regel auch Sozialpädiatrische Zentren und Kinderzentren an, z. B. im Rahmen von Spezialsprechstunden.

Was Eltern auf keinen Fall tun sollten

  • Zwingen Sie Ihr Kind nicht zum Essen. Schieben Sie ihm niemals den Löffel gegen seinen Willen in den Mund. Absolut tabu: Nase zuhalten, damit der Mund aufgeht, um das Essen reinzubefördern! So wird alles nur noch schlimmer: Kinder, die beim Essen schlechte Erfahrungen gemacht haben, essen noch weniger als zuvor.
  • Laufen Sie Ihrem Kind nicht mit dem Essen hinterher. Wenn Ihr Kind nicht mehr zum Essen sitzen bleiben will, war es von vornherein nicht hungrig genug oder aber ist es schon satt.
  • Verzichten Sie auf Ablenkung jeder Art. Ihr Kind muss weder „bespielt“ werden noch sollte nebenbei der Fernseher laufen oder Mama den Clown geben, wenn es den Mund nicht aufmachen mag. Falls Ihr Kind nur isst, sobald es das gar nicht mitbekommt, ist etwas faul an der Fütterei!
  • Bieten Sie nicht verschiedene Speisen hintereinander an, sobald Ihr Kind die erste abgelehnt hat. Erstens verwirrt das die Kleinen nur, weil sie sehen, dass offensichtlich auch die Eltern nicht wissen, was gut für sie ist. Und zweitens erziehen Sie sich so nur einen heiklen Esser, dem Sie bald vier oder gar fünf verschiedene Speisen vorsetzen müssen, bevor er geruht, ein paar Löffelchen davon zu nehmen.
  • Sprechen Sie bei Tisch nicht über das Essproblem – weder mit Ihrem Kind noch über Ihr Kind mit anderen Familiemitgliedern. Also kein anklagendes „Schau mal, heute hat sie schon wieder nicht gegessen!“ zu Papa und kein erpresserisches „Wenn du dein Gemüse nicht isst, gibt es keinen Nachtisch.“ zum Kind.

6 Tipps für mehr Freude am Essen

  1. Wenn Ihr Kind beim Essen hin- und herzappelt, ist es vielleicht zu unruhig im Raum. Sorgen Sie für eine entspannte Atmosphäre ohne Zeitdruck.
  2. Füttern Sie nicht nebenbei. Ihrem Kind schmeckt es am besten am gemeinsamen Familientisch.
  3. Servieren Sie kleine Portionen, denn ein übervoller Teller entmutigt die Kleinen. Kleine Portionen und kleine Bissen, möglichst ansprechend arrangiert, laden zum Zugreifen ein. Besonders anregend sehen bunte Gemüse in allen Farben aus, aus denen Sie z. B. Muster oder Gesichter legen können.
  4. Manche Kinder mögen keinen Brei. Schon als Babys essen sie lieber stückige Kost. Bieten Sie dann sehr weich gekochtes Gemüse und Kartoffeln in kleinen Stückchen an.
  5. Lassen Sie Ihr Kind selbst löffeln, wenn es das möchte, auch wenn anfangs mehr daneben als im Mund landet. Das fördert die Lust am Essen.
  6. Akzeptieren Sie es, wenn Ihr Kind ein bestimmtes Lebensmittel ablehnt. Bieten Sie dieses einige Tage oder Wochen später, eventuell anders zubereitet, wieder an.