Hilfe, mein Kind ist zu dick! So gelingt die Ernährungsumstellung

Die Zahlen sind alarmierend: Laut einer Statistik gibt es nicht nur immer mehr übergewichtige Erwachsene (jeder Zweite), auch jedes sechste Kind soll zu dick sein! In meiner Praxis befasse ich mich vor allem mit Stoffwechselerkrankungen, deren Ursache Übergewicht ist. Ich möchte in diesem Beitrag meine Erfahrungen mit Ihnen teilen und Ihnen einen einfachen, aber sinnvollen Weg aufzeigen, wie Sie die Ernährung der ganzen Familie überdenken und in eine andere Richtung lenken können. 

Inhaltsverzeichnis

Hilfe bei Fettleibigkeit

Ab wann ist ein Kind zu dick? Das Augenmaß allein genügt nicht, um einzuschätzen, ob Ihr Kind tatsächlich übergewichtig ist. Allgemeine Richtgröße zur Bestimmung von Übergewicht ist der Body-Mass-Index (BMI). Der BMI errechnet sich so: Körpergewicht in kg Größe (in m) x Größe (in m) Die Bestimmung des BMI reicht bei Kindern allerdings nicht aus: Denn Wachstum und Entwicklung beeinflussen die Bewertung des BMI. Aus diesem Grund sollten Sie den Wert, den Sie errechnet haben, in sogenannte Wachstumskurven eintragen und vergleichen.

Gehen Sie so vor:

  • Wiegen Sie Ihr Kind (unbekleidet), und notieren Sie das Körpergewicht (z. B. 40 Kilogramm).
  • Messen Sie die Körpergröße Ihres Kindes mit Metermaß oder Zollstock (z. B. 1,40 Meter).
  • Multiplizieren Sie dann Körpergröße mal Körpergröße (z. B. 1,40 x 1,40 = 1,96).
  • Teilen Sie das Körpergewicht durch den errechneten Wert: (40 : 1,96 = 20,4 = BMI).
  • Vergleichen Sie den errechneten BMI-Wert, bezogen auf Geschlecht und das Alter Ihres Kindes, mit den Wachstumskurven oder den Werten in den BMI-Tabellen.

Da vor allem eine Zunahme der Fettzellen des Bauchfetts das Gesundheitsrisiko steigen lässt, ist es sinnvoll, auch den Bauchumfang zu messen. Oft verringert sich beim Abnehmen zunächst der Bauchumfang, bevor sich das Gewicht reduziert.

Ernährung: Was ist schief gelaufen?

Säuglinge wurden früher im ersten Lebensjahr ausschließlich gestillt. Hierdurch bekommen sie die beste Nahrung: Muttermilch. Im ersten Lebensjahr kann ein gestilltes Baby die Darmflora und dadurch sein Immun system aufbauen sowie durch die innige Nähe zur Mutter Sicherheit für sein weiteres Leben entwickeln. Der Darm eines Säuglings ist noch nicht „reif“, sich mit Gläschen- Brei, Getreide, Zusatzstoffen, Zucker und Ähnlichem auseinanderzusetzen. Bereits Kleinkinder sind daran gewöhnt, immer etwas Essbares im Mund zu haben: sei es die Reiswaffel, der Keks oder das Fläschchen mit Saft. Schon in diesem Alter wird ständiges Essen zwischendurch zur Angewohnheit, die sich über die Kindheit bis ins Erwachsenenalter fortsetzt. In früheren Zeiten gab es drei Mahlzeiten am Tag: Frühstück, Mittagessen und Abendbrot. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: „Fünfmal am Tag“ bedeutet: mehrere kleine Mahlzeiten am Tag statt drei Großer. Das ist mittlerweile von einigen Ernährungsmedizinern widerlegt: Viele kleine Mahlzeiten über den Tag (auch Obst) lassen den Blut – zuckerspiegel immer wieder in die Höhe schießen, lösen starke Insulinausschüttungen aus und führen – wenn der Insulinspiegel wieder sinkt – wiederum zu Heißhunger … dieser Kreislauf ist manchmal schwer zu durchbrechen.

Diese gesundheitlichen Auswirkungen kann Übergewicht bei Kindern haben

Auswirkung von Übergewicht      Folgen
Erhöhung des Blutdrucks (Hypertonie) frühzeitige Gefäßverkalkung, Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt im Erwachsenenalter, neuerdings auch schon bei Jugendlichen! Risiko für Nierenschäden, Notwendigkeit Medikamenten-Einnahme
Erhöhung der Blutfettwerte (Hyperlipidämie)Stoffwechselerkrankungen, Metabolisches Syndrom, Fettleber, Gallensteine
Erhöhung der Blutzuckerwerte (Diabetes mellitus)Insulinspritzen, Einnahme von Medikamenten, Schwäche der Bauchspeicheldrüse, Insulinresistenz, frühzeitige Arterienverkalkung
Zunahme des Bauchfetts (dicker Bauch): in Bauchfettzellen Produktion von schädlichen Gewebshormonen und Entzündungsfaktoren Hormonschwankungen, vorzeitige Pubertät, häufige Entzündungen im Körper, Steigerung des Appetits und Hungergefühls
hohe Belastung der Knochen und Gelenke Gelenkschmerzen, vorzeitiger Gelenkverschleiß, Wirbelsäulenbeschwerden, Rückenschmerzen, Fehlstellung der Gelenke (X-Beine, Spreizfüße)
Übersäuerung: Säure-Basen-Haushalt im Ungleichgewichtgestörter Zellstoffwechsel, reduzierte Aufnahmefähigkeit der Zellen von Nährstoffen und Sauerstoff
Atemstörungennächtliches Schnarchen, Atemaussetzer, nächtliche Luftnot, Verschlimmerung von Asthma
BewegungsmangelMuskelschwäche, Haltungsschwäche, mangelnde körperliche Fitness, Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Mobbing und Hänseleien durch andere Menschengroße psychische Belastung für Kinder, Minderung des Selbstwertgefühls, mangelndes Selbstvertrauen, Verhaltensauffälligkeiten

Sinnvolle Ernährung von Anfang an

Wir leben in einem Schlaraffenland, in dem es alles gibt, und doch sind viele Menschen fehlernährt. Viele Produkte enthalten Geschmacks- und Aroma – stoffe, die dem Körper nur suggerieren, dass er etwas „Gesundes“ bekommt.

Ernährungsumstellung: Machen Sie kein Thema daraus

Stellen Sie die Ernährung der ganzen Familie um. Ihr Kind sollte nicht das Gefühl haben, „nicht richtig zu sein“. Häufig neigt ja auch nicht nur ein Familienmitglied zu Übergewicht. Und von der Ernährungsumstellung profitieren alle! Seien Sie kreativ, und bereiten Sie Ihrem Kind zu Hause ein „gesundes Fastfood“ mit Lebensmitteln aus den hier genannten Empfehlungen zu. Auf diese Weise fällt es Ihrem Kind leichter, sich umzugewöhnen. Zum Beispiel mit Pizza aus Vollkornteig, üppig belegt mit dem Lieblings-Gemüse und Käse, oder mit einem selbst gemachten Burger aus hochwertigen Zutaten wie einem Dinkel- Vollkornbrötchen, Salat, Tomate, Gurke und einem Bratling aus Tofu, Getreide oder hochwertigem Bio-Hack. Obst und Gemüse als Fingerfood sind bei Kindern sehr beliebt!

Mein Tipp für gesunde Ernährung
Achten Sie beim Einkauf darauf, nur naturbelassene Lebensmittel ohne Zusatz von Konservierungsstoffen etc. zu nehmen. Eine sinnvolle Ernährung für Kinder (auch für Erwachsene) sollte aus einer ausgewogenen Mischung zwischen gutem Fett, hochwertigem Eiweiß und guten Kohlenhydraten bestehen, die aus natürlichen „Lebens“-Mitteln stammen.

Ernährungsumstellung

Für Säuglinge

  • Säuglinge bis zum 6. Monat (wenn möglich) ausschließlich stillen.
  • Ab 6. Monat langsam Beikost zu füttern, am besten gedünstetes Gemüse und/oder Kartoffeln oder Obst pürieren.
  • Nach und nach an feste Nahrung gewöhnen.
  • Im Fläschchen zum Trinken stilles Wasser ohne Kohlensäure, keine Säfte oder Kuhmilch.
  • Kräuter-Tees besser nur bei Be – schwerden wie z. B. Bauchweh geben.

Für Kinder ab 1 Jahr:

  • Täglich drei Mahlzeiten: Frühstück, Mittagessen und Abendbrot.
  • Wenn Zwischenmahlzeiten, lieber nur Rohkost oder Nüsse.
  • Das Obst nicht zwischendurch, lieber als Dessert oder zu den Mahlzeiten dazu. 
  • Zwischen den Mahlzeiten Wasser oder Ingwertee (warmes Wasser mit Ingwerscheibchen) trinken. Um dem Wasser etwas Geschmack zu geben, können Sie auch einige Spritzer Zitrone zugeben.
  • Abends nach 21 Uhr nichts mehr essen, nur noch trinken – über Nacht werden die meisten Fettzellen verbrannt!
  • „Schädliche“ Lebensmittel vom Speiseplan nehmen.
  • Lebensmittel mit Zusatzstoffen und Ähnlichem ganz meiden.
  • Jeden Tag einen Apfel essen („An Apple a day keeps the doctor away“).

Lebenselixier Wasser

Die Wichtigkeit des Wassertrinkens wird unterschätzt: Wasser spielt für den Stoffwechsel im Körper eine überaus große Rolle. Es reinigt den Körper, indem es Abfallprodukte des Stoffwechsels aufnimmt und ausscheidet. So etwas kann Saft oder Tee nicht, deshalb sollte über den Tag immer wieder ein Glas stilles Wasser (ohne Kohlensäure) getrunken werden. Gewöhnen Sie Ihr Kind deshalb von klein auf ans Wassertrinken.