Super-Food oder nur Super-Nepp?

Der große Super-Food-Guide: Welche Trend- und Super-Foods auch für Kinder wirklich gesund sind – und auf welche Sie getrost verzichten können. Sie sind prallvoll mit Vitaminen und Mineralstoffen, liefern eine geballte Ladung Bioaktivstoffe und kommen gerne vom anderen Ende der Welt. Die Rede ist von sogenannten Super-Foods, die den Körper vor Krankheiten schützen, Zellen verjüngen und ungesunde Ernährungsgewohnheiten ausgleichen sollen. Doch sind das alles nur Verkaufsargumente der oft teuren Produkte, oder halten Chia-Samen, Goji-Beeren & Co. tatsächlich, was ihre Anbieter versprechen? Und noch viel wichtiger: Sind sie überhaupt für Kinder geeignet? Ich habe für Sie die wichtigsten Super-Foods unter die Lupe genommen und erkläre Ihnen, welche wirklich nützen und ob auch heimische Lebensmittel über „Superkräfte“ verfügen. 

Inhaltsverzeichnis

Für Sie aufgedeckt!

Der Komet am Super-Food-Himmel wächst in Brasilien an Palmen und wird dort frisch oder als Saft verzehrt. Bei uns findet man die tiefrot glänzende Anti-Aging Beere als getrocknete oder pürierte Zutat beispielsweise in Müsli, Schokolade, Joghurt, Saft oder Smoothie. Gesundheitlicher Nutzen für Kinder: Tatsächlich enthält die Acai-Beere große Mengen an Anthocyanen. Dieser Pflanzenfarbstoff besitzt eine antioxidative Wirkung und schützt die Körperzellen vor dem Angriff freier Radikale. Acaienthält für eine Frucht übrigens sehr viel Kalzium, ein Mineralstoff, der sonst vor allem in Milchprodukten vorkommt und sowohl die Knochen als auch die Zähnestärkt. Doch ich muss Ihnen sagen: Auch unsere heimischen Heidelbeeren, Sauerkirschen, Holunder und schwarze Johannisbeeren stehen der exotischen Wunderbeere in nichts nach – zumindest was den Gehalt an Vitaminen und Antioxidantien betrifft. Bitte beachten Sie: Auffallend hoch ist auch der Mangan-Gehalt der Acai: 5 mg in 100 ml AcaiPüree. Warum ich Ihnen diesen Wert so genau nenne? Laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sollen Kinder nicht mehr als 2 bis maximal 3 Milligramm Mangan pro Tag zu sich nehmen. Deutlich mehr kann sich möglicherweise negativ auf die Aufnahme von Eisen auswirken, also dessen Aufnahme blockieren.

Mein Tipp Die von Herstellern angepriesene Anti Aging- oder Schlank-Wirkung von AcaiBeeren ist wissenschaftlich nicht belegt und macht für Kinder ohnehin keinen Sinn. Um deren Immunsystem zu stärken, genügtes vollkommen, wenn sie jeden Tag ein Glas tiefroten Fruchtsaft aus heimischen Früchten (siehe Seite 1) trinken und zwischendurch immer mal wieder Beeren naschen.

2. Goji-Beeren

Sie gelten aufgrund ihres hohen Antioxidantien-Gehalts als Jungbrunnen und werden in China traditionell bei Bluthochdruck eingesetzt. Doch Goji-Beeren sollen auch Schlafproblemelindern, das Immunsystem stärken und das Herz gesund halten. Sieschmecken ähnlich wie Rosinen (nur etwas bitterer) und können ins Müsli gerührt, pur genascht oder im Kuchenteig „versenkt“ werden

Gesundheitlicher Nutzen für Kinder: Mit dem für Trockenfrüchte recht hohen Vitamin-C-Gehalt sind die chinesischen Wunderbeeren (100 g) vergleichbar mit 100 Gramm frischen Erdbeeren oder 75 Gramm Kohlrabi. Betrachtet man den Vitamingehalt jedoch im Verhältnis zur Energiemenge(349 kcal/100 g für getrocknete Goji gegenüber 32 kcal/100 g Erdbeeren bzw. 18 kcal/75 g Kohlrabi), geht der Vergleich klar zugunsten der frischen Lebensmittel aus. Beachtlich ist auch hier der Kalzium-Gehalt: mit 120 mg/100 g ister 1,5-mal höher als der von Milch.

Bitte beachten Sie: Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Stuttgart haben gezeigt, dass aus China importierte Goji-Beeren zu den Obstsorten mit höherer Pestizidbelastung zählen. Erschreckendes Fazit der Wissenschaftler: Alle(!) Proben wurden wegen Überschreitung der Höchstmenge des Insektizids Acetamiprid beanstandet. Jedoch wurde bei keiner Probe die sogenannte akute Referenzdosis (sprich: als gesundheitlich bedenklich einzustufen) überschritten. Dennoch sind Sie meiner Meinung nach für Kinder nicht empfehlenswert. Außerdem gibt es eine aktuelle Warnung des Bundesinstituts für Risikobewertung: Es kann zu Wechselwirkungen mit blutverdünnenden (gerinnungshemmenden) Medikamenten (z. B.Aspirin) kommen. GojiBeeren scheinen den Abbau dieser Medikamente im Körper zu blockieren, sodass es zu einer gefährlichen Wirkstoffanreicherung und verstärkter Blutungsneigung kommt.

Mein Tipp Bei uns verkaufte Goji-Beeren stammen in der Regel aus China. Leider ist auf den Hinweis „bio“ oder „unbehandelt“ kein Verlass. Wer sichergehen will, sollte Goji-Beeren im eigenen Garten anbauen und die Beeren anschließend im Ofen trocknen oder zu Konfitüre verarbeiten. Die frostresistenten Bocksdorn-Sträucher gedeihen bei uns gut und sind im Fachhandel zu bekommen.

3. Chia-Samen

Chia-Samen sind wegen ihrer angeblich schlank machenden Effekte geradesehr angesagt und sollen obendrein auch die Konzentrationsfähigkeit von Schulkindern verbessern. Sie können roh oder getrocknet verzehrt und Getränken beigemischt werden. Wegen ihrer hohen Quellfähigkeit (sie binden die 25-fache Menge Wasser) dienen sie auch als Grundlage für veganen Pudding oder dickflüssige Smoothies und können sogar als veganer Ei- oder Fettersatz beim Backen verwendet werden.

Gesundheitlicher Nutzen für Kinder: Die südamerikanischen Samen sind besonders kalziumreich, liefern viele Ballaststoffe sowie wertvolle Omega-3-Fettsäuren und Aminosäuren. Durch diesen Wirkstoffkomplex sind sie angeblich in der Lage, die Verdauung zu fördern, den Blutzucker zu regulieren sowie Gelenkschmerzen und Sodbrennen zu lindern. Doch auch hier muss ich Ihnen sagen: Es gibt klassische Samen wie Sesam oder heimische Leinsamen, die eine vergleichbare Nährstoffdichte besitzen, dabei aber viel kostengünstiger sind.

Bitte beachten Sie: Erwachsene sollten laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nicht mehr als 15 Gramm Chia-Samen pro Tag essen – Kinder eher weniger (je nach Alter etwa die Hälfte). Dieser Hinweis muss übrigens auch so auf Lebensmittelverpackungen stehen. Diese Menge gilt als gesundheitlich unbedenklich. Langzeituntersuchungen, beispielsweise zu möglichen allergischen Reaktionen, fehlen bisher noch.

Mein Tipp Wenn Sie Ihrem Kind Chia-Samen geben, sollten Sie unbedingt darauf achten, dass es reichlich dazu trinkt. Sonst kann es unter Umständen zu einer gefährlichen Verstopfung kommen. Reichlich Ballaststoffe und Omega-3- Fettsäuren stecken übrigens auch in heimischen Nüssen und Leinsamen. Sie eignen sich darüber hinaus prima, um die Denkleistung des kindlichen Gehirns zu verbessern.

Fazit:

Super-Foods gehören zu einer modernen Ernährungsweise zweifelsohne dazu und können den Speiseplan durchaus bereichern. Siesollten aber, insbesondere für Kinder, mit Bedacht ausgewählt und dosiert werden. Gegenüber heimischen Obst- und Gemüsesorten haben sie keinen großen Vorteil. Deshalb empfehle ich Ihnen, besser auf „local Super-Foods“ zu setzen. Die sind kostengünstiger und sicherlich auch weniger mit Pestiziden belastet.