Wutanfällen richtig begegnen: Mit diesen Methoden beruhigen Sie Ihr Kind

Kindliche Wutanfälle können nicht nur für Sie, Ihre Familie und das betroffene Umfeld sehr anstrengend sein, sondern natürlich in erster Linie für Ihr Kind selbst. Haben Sie momentan mit einem kleinen oder auch bereits größeren „Wüterich“ zu kämpfen? Dann finden Sie in diesem Beitrag wertvolle Tipps, um auch in spannungsgeladenen Situationen kindgerecht zu reagieren. 

Inhaltsverzeichnis

Sanfte Hilfe für die Kinderseele

Wut hat durchaus auch positive Aspekte: Ihr Kind ist in der Lage, seine Emotionen zu zeigen und sie auszuleben, und übt sich darin, Konflikte zu lösen. Es kann viel schwerwiegender sein, wenn Kinder ihre Wut unterdrücken, sozusagen „die Faust in der Tasche ballen“. Sie fühlen sich dann ungerecht behandelt oder ungeliebt, äußern das aber nicht. Das führt möglicherweise zu Erkrankungen wie ungeklärten Kopf- oder Bauchschmerzen, nächtlichem Einnässen, Depressionen etc. Im schlimmsten Fall richten solche Kinder ihre Aggressionen gegen sich selbst. Behalten Sie Ihr Kind daher auch in Bezug auf unausgesprochene Wut im Auge.

Welcher Aggressionstyp ist Ihr Kind?

Grundsätzlich finden wir in jedem Kindesalter unterschiedlichste Ausprägungen von Wutanfällen vor. Es ist eine Frage der Persönlichkeit, ob Ihr Kind mit zornigem Weinen reagiert, sich auf den Boden wirft oder tätlich gegen andere wird. Das Aggressions-Bewältigungs-Programm (AbPro) ist ein Ratgeber für Eltern, Lehrer und Therapeuten, den der Diplom-Psychologe Dr. Andreas Dutschmann entwickelt hat. Er beschreibt, wie aggressives oder ähnlich störendes Verhalten von Kindern bzw. Jugendlichen gesteuert und beeinflusst werden kann. Dabei unterscheidet das Programm drei unterschiedliche Aggressionstypen. Diese Unterscheidung kann Ihnen helfen, mit dem richtigen Verhalten auf Ihr wütendes Kind zu reagieren:

A-Typ: Der coole Typ

Das Kind ist emotional relativ unbeteiligt und möchte mit seinem Verhalten etwas Bestimmtes erreichen. Es provoziert bewusst. Ein typisches Beispiel: Ihr Kind weigert sich aufzuräumen und wirft noch dazu Dinge umher. Ë Hier gilt es, die Kontrolle zu behalten und sich nicht aufzuregen. Sie kommen mit ehrlich gezeigtem Gefühl und Dialogbereitschaft weiter.

B-Typ: Der Emotionstyp

Ihr Kind kommt beispielsweise mit einer schlechten Note nach Hause, schreit und ist völlig verzweifelt. Ë In dieser Situation sollten Sie beruhigend auf es einwirken. Wenn es zur Ruhe gekommen ist, können Sie gemeinsam nach einer Problemlösung suchen.

C-Typ: Der Erregungstyp

Das Kind ist nicht mehr Herr seiner selbst und verliert die Kontrolle über seine Gefühle. In solchen Fällen beobachten wir aggressives Verhalten, das in Gewalt umschlagen kann. Ë Dieser Typ ist eher selten vertreten, erfordert aber professionelle Unterstützung. Erste Ansprechpartner können beispielsweise der Kinder- und Jugendarzt oder ein Psychologe sein.

So reagieren Sie richtig bei Wutanfällen Ihres Kindes

1. So sollten Sie erzieherisch reagieren

Es ist wichtig, Ihrem Kind die Wut nicht zu verbieten, sondern ihm zu zeigen, wie es damit umgehen kann. Je reifer Ihr Nachwuchs wird, desto besser können Sie mit ihm üben, Konflikte auch verbal zu lösen. Rollenspiele sind hierzu gut geeignet.

2. Methoden für den Akutfall

(grundsätzlich ab Kindergartenalter geeignet)

a. Auspowern (für Typ A, B und C geeignet)

Rennen, schaukeln, Trampolinspringen: Jede Form von Bewegung kann helfen, Druck abzubauen. Bei einem Geschwisterstreit ist auch mal eine kurze Kissenschlacht unter elterlicher Aufsicht erlaubt.

b. Wutkissen/Boxsack (für Typ A, B und C geeignet, bereits ab 2 Jahren einsetzbar)

Geben Sie Ihrem Kind ein Kissen, an dem es seine Wut ablassen kann, oder basteln Sie gemeinsam einen Boxsack: Füllen Sie hierzu einen Kopfkissenbezug mit zerknüllten Zeitungspapierbällen, und hängen Sie diesen an einem Seil in einer Zimmerecke auf.

c. Festhalte-Therapie nach Jirina Prekop (tschechische Psychologin, für Typ A und insbesondere für Typ B geeignet)

Wenn die Wut des Kindes gegen Sie gerichtet ist, es aber nicht die richtigen Worte dafür findet, darf es seinen Zorn in Ihrem Arm herausschreien. Dazu soll es die Hände auf seinen Bauch legen, um in Kontakt mit den eigenen Gefühlen zu sein und seine Fäuste zu kontrollieren. Erlaubt sind kurze emotionale Mitteilungen in der „Ich-Form“, z. B. „Ich habe Wut auf dich“. Die Loslösung aus dem Arm findet erst nach der Versöhnung statt.

d. Körperübungen (für Typ A, B und C geeignet)

Besonders das Kinderyoga bietet viele wutlösende Körperübungen.

Ein Beispiel:

Wut tut mir nicht gut,                          ->    mit den Händen in die Luft boxen

doch in mir kocht das Blut.                   ->    mit den Händen auf die Brust trommeln

Ganz plötzlich fällt mir ein,                   ->   Stirn ausstreichen

das muss gar nicht so sein.                  ->   Arme nach oben strecken

Ich sammle Mut vom starken Baum,    ->   Baumstellung* auf dem linken Standbein

das gibt mir Kraft und Selbstvertrauen ->    Baumstellung* auf dem rechten Standbein

Ich kann plötzlich wie ein Vogel fliegen ->    Vogelstellung**

so lässt sich die Wut besiegen.             ->     Fäuste bilden und Arme nach oben strecken

* Baumstellung: auf einem Bein, Hände über dem Kopf aneinander gelegt, Fingerspitzen zeigen nach oben.

** Vogelstellung: ein Bein nach hinten strecken, Arme ausbreiten und Oberkörper nach vorne beugen.