Klettern, toben, rennen: Wie Ihr Kind von Bewegung profitiert

Regelmäßige Bewegung ist lebensnotwendig für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes, denn dadurch werden nicht nur Muskeln und Knochen gestärkt. „Bewegte“ Kinder sind ausgeglichener und oft sogar schlauer! 

Inhaltsverzeichnis

Sport für Kinder

Stillhalten – und sei es nur zum Wickeln – ist gar nicht nach ihrem Geschmack. Doch je älter Kinder werden, umso mehr Zeit verbringen sie im Sitzen. Schottische Forscher ermittelten, dass Dreijährige nur 2 Prozent der Zeit, die sie wach sind, mit intensiver Bewegung verbringen, 79 Prozent aber sitzend. Fünfjährige bewegen sich immerhin 4 Prozent ihrer wachen Zeit intensiv und verbringen 76 Prozent im Sitzen.

Experten fordern, dass Kinder sich 60 Minuten täglich bewegen sollten. Leider sieht die Realität anders aus: Bewegung findet nur 20 Minuten pro Tag statt. So verwundert es nicht, dass Kinder einerseits immer dicker und andrerseits auch immer ungeschickter werden.

Bewegung fördert die Gesundheit und Entwicklung bei Kindern

Kinder unter drei Jahren können kaum zwischen Denken, Fühlen und Bewegen unterscheiden. Alles zusammen bildet eine relativ übergangslose Einheit. Aus diesem Grund reagieren bereits Babys auf vielfältige  Bewegungs- und Berührungsreize wie Babymassage, Tragen im Tragetuch oder Babyschwimmen so positiv.

Doch Bewegung ist auch später ein wahres Wundermittel. Sie

  • trainiert Herz und Kreislauf,
  • regt den Stoffwechsel an,
  • steigert die Atemleistung,
  • verbessert die Ausdauer,
  • kräftigt die Muskeln,
  • verbessert die Haltung,
  • stärkt die Knochen,
  • regt das Gleichgewichtssystem an,
  • fördert Bewegungskoordination und Geschicklichkeit,
  • steigert die Reaktionsfähigkeit,
  • schult die Wahrnehmung,
  • fördert die Entwicklung der Sinnesorgane durch mehr Anregung.

Bewegung an der frischen Luft stärkt die Abwehrkräfte

Findet die Bewegung im Freien statt, stärkt sie eindeutig das Immunsystem. Es gilt als erwiesen, dass Kinder, die sich täglich im Freien bewegen, seltener krank sind. Das weiß man z. B. aus zahlreichen Untersuchungen, die im Umfeld der so genannten Waldkindergärten angestellt wurden.

Gehen Sie deswegen täglich mit Ihrem Kind an die frische Luft. Wenn es zu einem Spaziergang keine Lust hat, kann es bestimmt ein Spielplatzbesuch locken. Und vergessen Sie nicht den bekannten Spruch: Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur die falsche Kleidung! Natürlich werden Sie z. B. im Winter bei strengen Minusgraden nur 20 Minuten draußen bleiben statt einer ganzen Stunde und im Sommer bei großer Hitze die Mittagsstunden lieber im Haus verbringen.

Hüpfen, Rennen und Toben: Viel Bewegung macht Kinder schlau

Würden deutsche Kinder sich mehr bewegen, wären sie klüger und hätten in der PISA-Studie besser abgeschnitten. Davon ist so mancher Sportmediziner felsenfest überzeugt. Bewegung steigert die Leistungs- und Lernfähigkeit von Kindern.

Je mehr Reize aus dem Bewegungsapparat im Gehirn ankommen, umso besser kann sich dieses entwickeln. Das anfangs noch nicht voll ausgereifte Gehirn eines Kindes braucht in den ersten Lebensjahren vielfältige Anregungen, damit sich Nervenverbindungen aufbauen und vernetzen. In einer bewegungsarmen Umgebung würden sich wichtige Nervenverbindungen gar nicht erst ausbilden. Das zeigt sich auch in der sprachlichen Entwicklung.

Motorische und sprachliche Entwicklung hängen voneinander ab und bedingen sich gegenseitig. Deswegen verbessert viel Bewegung die Sprachentwicklung Ihres Kindes. Da das Sprachzentrum im Gehirn mit der Steuerungszentrale für die Feinmotorik (und damit auch die Fingerfertigkeit) verzahnt ist, kann Ihr Kind z. B. erst dann sprechen lernen, wenn es eine gewisse Fingerfertigkeit erworben hat.

Kinder, die über Körperbeherrschung und motorische Geschicklichkeit verfügen, bewegen sich nicht nur in realen Räumen sicher. Wer sich im Raum sicher orientieren und bewegen kann, hat auch im Zahlenraum keine Schwierigkeiten. So haben Kinder, die gut rückwärts laufen können, häufig weniger Probleme im Rechenunterricht beim Subtrahieren.

Kinder begreifen ihre Umwelt aus der Bewegung heraus. Gleichgewicht oder Beschleunigung sind sowohl körperliche als auch physikalische Grunderfahrungen, die sich nur über Bewegung erfahren lassen. Kinder, die sich nicht genügend bewegen, tun sich schwer damit, ein Gefühl dafür zu  entwickeln, was wirklich ist. Sie haben Probleme, wichtige Dinge in ihrer Umgebung richtig einzuschätzen. Kinder, die sich ausreichend bewegen, sind konzentrierter, aufnahmefähiger und wacher.

Sport verbessert die sozialen Fähigkeiten von Kindern

Speziell beim Turnen mit anderen oder auch bei Mannschaftsspielen lernen Kinder fürs Leben. Damit ein Spiel gelingen kann, sind Spielregeln notwendig. Fairness steht hoch im Kurs. In der Gruppe üben Kinder, Regeln einzuhalten und Rücksicht auf andere zu nehmen. Sie müssen z. B. warten, bis sie an der Reihe sind, einander im Spiel ausweichen und Bewegungen aufeinander abstimmen,  damit ein gutes Team entsteht. Sie lernen, gemeinschaftlich für etwas verantwortlich zu sein, und verbessern ihre Kooperationsbereitschaft. Auch das Durchhaltevermögen wird gestärkt. Doch selbst pure Bewegung nützt Ihrem Kind: So lernt es beispielsweise durch das Toben, seine Aggressionen abzubauen, es wird mutiger und traut sich mehr zu.

Bewegung sorgt für gute Laune

Schon Kindergartenkinder sind oft lustlos, ängstlich, schüchtern oder hilflos. Nicht selten klagen sie bereits über Kopf- oder Bauchschmerzen. Hätten Sie gedacht, dass der Grund dafür ein Mangel an Bewegung sein kann?

Schon zehn Minuten Bewegung pro Tag heben die Stimmung. Laune und Befindlichkeit bessern sich proportional zum Ausmaß an Bewegung, denn dabei werden körpereigene Botenstoffe, so genannte Neurotransmitter, freigesetzt:

  • Serotonin macht gute Laune und reduziert Angstgefühle.
  • Noradrenalin stärkt das Selbstbewusstsein und kontrolliert den Erregungszustand.
  • Dopamin fungiert als körpereigenes Belohnungssystem und verursacht Glücksgefühle.

Ein gemütlicher Spaziergang reicht aus, um die Hirndurchblutung um 20 Prozent zu steigern, die Sauerstoffversorgung zu verbessern und Dopamin, den „Glücksbotenstoff“, auszuschütten. Außerdem werden schädliche Stresshormone abgebaut.

Seien Sie selbst ein gutes Vorbild

Sportliche Eltern haben meist auch sportliche Kinder. Und daran sind beileibe nicht nur die Gene schuld. Wenn Kinder immer wieder zur Bewegung angeregt werden und sich schon früh in verschiedenen Sportarten versuchen können, entwickeln sie ganz selbstverständlich eine gute Körperbeherrschung. Angesichts der Tatsache, dass bereits 50 Prozent der Schulkinder Haltungsfehler aufweisen, ist das gute Vorbild der Eltern besonders wichtig. Kleinkinder bewegen und halten sich meist intuitiv richtig. Leider orientieren sie sich aber stark an unserem Vorbild und ahmen so auch unsere Haltungsfehler nach.

  • Mein Tipp: Achten Sie darauf, dass Sie zum Anheben von Lasten nicht den Rücken beugen, sondern mit gestrecktem Rücken in die Hocke gehen, um etwas aufzuheben. Verteilen Sie beim Tragen das Gewicht möglichst gleichmäßig auf beide Arme, ohne sich dabei zurückzubeugen und ins Hohlkreuz zu gehen. Sehr schwere Lasten sollten am besten auf der Schulter oder auf dem Rücken getragen werden.

So klappt es mit mehr Bewegung im Alltag

Wo können Kinder heute noch ungestört auf einer Wiese oder in einem Innenhof toben und spielen? Weil die Spielräume für den Nachwuchs immer knapper werden, sollten Sie bei Ihrem Kind gezielt auf Bewegung achten.

  • Erledigen Sie kürzere Wege zu Fußund nicht mit dem Auto. Es müssen keine Gewaltmärsche sein, doch sollten Sie versuchen, kleine Bewegungsmuffel auf Trab zu bringen.
  • Gehen Sie jeden Tag mit Ihrem Nachwuchs an die frische Luft – notfalls regendicht verpackt mit Gummistiefeln und „Friesennerz“. Ideal ist natürlich ein Spielplatzbesuch, jedoch wegen Rutschgefahr nicht bei Regen oder Schnee!
  • Richten Sie zu Hause eine Tobe-Ecke ein. Das geht auch in einer kleinen Wohnung, etwa mit mehreren preiswerten Schaumstoff-Matratzen oder einem Trampolin.
  • Gehen Sie mit einem Kleinkind regelmäßig zum Eltern-Kind-Turnen oder überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kindergartenkind, welche Sportart ihm gefallen könnte, und melden Sie es im Sportverein an.
  • Bremsen Sie den Bewegungsdrang Ihres Kindes nicht durch ständige Ermahnungen. Falls Sie in  gefährlichen Situationen einschreiten müssen, klingt z. B. ein „Vorsicht, hier wird es rutschig!“ viel besser als ein „Fall nicht hin!“ So hat Ihr Kind nicht das Gefühl, dass Sie ihm nichts zutrauen.