Denkblockaden: Wie sie entstehen und was Ihr Kind in der Pubertät dagegen tun kann!

Sicher erinnern Sie sich selbst noch an das ungute Gefühl in der Magengegend, mit dem auch heute viele Schüler vor einer Klassenarbeit, einer mündlichen Abfrage oder einer anderen Prüfung zu kämpfen haben. Entwickelt sich daraus jedoch echte Panik, die zu Denkblockaden und Blackouts führt, benötigt Ihr Kind Unterstützung um seine Konzentration zu aktivieren. Wie diese Hilfe aussieht, erfahren Sie hier. 

Inhaltsverzeichnis

Konzentration bei Jugendlichen fördern

Schon beim Durchlesen der Aufgaben ist Anna klar: „Diese Arbeit schaffe ich nicht!“ Vielleicht hatte sie sich bei der Vorbereitung zu sicher gefühlt und den Lernstoff nicht gründlich genug wiederholt? Schade, denn eigentlich mag Anna Mathe ganz gerne. Zehn Minuten später – jetzt lässt sich leider auch die Denkblockade nicht mehr vermeiden. Nichts geht mehr, und Anna gibt ihre Arbeit frustriert ab. Die erste 5 in Mathe nagt ziemlich an ihrem Selbstbewusstsein. Lust zum Lernen hat sie nun auch nicht mehr. „Die nächste Arbeit geht sowieso wieder daneben!“ Wie ein Mantra gräbt sich dieser Satz in Annas Kopf ein. Entsprechend mäßig fällt ihre Vorbereitung für die nächste Mathe-Arbeit aus. Das schlechte Gewissen und Selbstzweifel verhindern, dass Anna in der Nacht gut schlafen kann. Am nächsten Morgen quält sie sich müde in die Schule. Bereits beim Durchlesen der ersten Aufgabe machen sich sofort wieder Angst und Panik breit …

Wie die Geschichte weitergeht, können Sie sich bestimmt denken. Wenn auch Ihr Teenager sich in einem solchen „Teufelskreis der Angst“ befindet, gilt es, ihn schnell zu durchbrechen, bevor er sich immer enger und fester schnürt. Manchen Schülern hilft es schon etwas, wenn sie wissen, wozu ihre Angst eigentlich „gut“ ist, und sie so ihre unwohlen Gefühle besser einordnen können.

Wozu ist Angst da?

Alle Menschen haben Angst: manche etwas mehr, andere etwasweniger. Angst ist eine ganz natürliche und biologisch wichtige Reaktion. Was die Angst oft zusätzlich unangenehm macht, sind die körperlichen Reaktionen. Doch sie sind wichtig, denn sie versetzen den Körper in die Lage, zum Beispiel schneller wegzulaufen oder in einer gefährlichen Situation sofort zu reagieren. Bei Gefahr

  • beschleunigt sich die Atmung, sodass die Muskeln mit mehr Sauerstoff versorgt werden,
  • wird das Blut dickflüssiger, sodass es bei einer Verletzung schneller gerinnen kann,
  • steigt die Körpertemperatur, und man beginnt zu schwitzen, weil mehr Energie zum Flüchten oder Kämpfen freigesetzt wird,
  • spannen sich die Muskeln an, sodass man schneller laufen oder sich wehren kann,
  • muss man auf die Toilette, um Ballast abzuwerfen, damit man schneller rennen kann, und
  • wird das Denken vorübergehend ausgeschaltet, damit es sofortige (manchmal rettende) Reaktionen nicht verhindert.

Geben Sie Ihrem Kind Sicherheit und stärken Sie sein Selbstvertrauen und somit die Konzentration!

Es gibt Situationen, in denen es wichtig ist, dass spontan reagiert wird. Rast Ihnen zum Beispiel auf dem Bürgersteig ein Fahrradfahrer entgegen, spannen sich Ihre Muskeln an und Sie springen schnell zur Seite. Würden Sie stattdessen erst über mögliche Handlungsalternativen nachdenken, wäre es vermutlich zu spät. Je größer die Angst in einem solchen Moment ist, umso stärker wird auch das Denken blockiert. Verantwortlich dafür ist das Hormon Adrenalin. In Stress-Situationen produziert der Körper das Hormon und schickt es ins Gehirn. Dort blockiert es die Verbindungen zwischen den Nervenzellen und verhindert so das Denken. Diese körperliche Reaktion ist bei Prüfungen natürlich besonders lästig, denn eine Prüfung ist zwar keine lebensbedrohliche Gefahr, wohl aber eine Situation, in der Ihr Kind einen klaren Kopf braucht.

Tipp: Körperreaktionen bewusst wahrnehmen

Der Körper signalisiert Ihrem Kind in Prüfungssituationen Angst. Damit die Angst nicht schlimmer wird und die damit verbundenen körperlichen Reaktionen nicht heftiger werden, sollte Ihr Kind diese Stressreaktionen nicht ignorieren. Besser ist es, wenn es die Bauchschmerzen vor der Englischarbeit bewusst wahrnimmt und einfach akzeptiert. Dabei kann Ihr Kind sich entspannt auf seinem Stuhl zurücklehnen, ruhig ein und ausatmen sowie seinen Körper von oben nach unten durchchecken. Wie fühlt sich mein Kopf, mein Nacken, mein Bauch, meine Knie etc. an? Dadurch, dass Ihr Kind die unangenehmen Gefühle nicht verdrängt, werden sie zumindest nicht stärker. Meist verschwinden sie auch bald ganz wieder.

Geben Sie Ihrem Kind Sicherheit und stärken Sie sein Selbstvertrauen und somit die Konzentration!

Wenn die Angst kommt, fehlt meist beides: die Gewissheit, die bevorstehende Prüfung sicher meistern zu können, und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sofern Ihr Sprössling kooperationsbereit ist, können Sie es nun aber gut unterstützen: einerseits, indem Sie es dabei unterstützen, fachlich sicher zu werden, und andererseits, indem Sie es immer wieder ermutigen und ihm seine Stärken aufzeigen. So können Sie helfen:

  • Rechtzeitig beginnen. Besprechen Sie mit Ihrem Kind, wann es frühzeitig mit dem Lernen beginnen sollte. Machen Sie hier am besten keine strengen Vorgaben, sondern lassen Sie Ihr Kind entscheiden.
  • Überblick verschaffen. Welche Themen und Inhalte muss ich für die Arbeit lernen? Welche weiteren Grundlagen dafür sollte ich noch einmal zusätzlich wiederholen? Welche Materialien, Arbeitsblätter etc. fehlen mir noch? Diese Fragen sollte Ihr Kind unbedingt beantworten können, damit es sicher ist, nichts vergessen zu haben.
  • Inhaltliche Fragen klären. Ebenfalls rechtzeitig vor der Arbeit sollte Ihr Kind auch sagen können, was es inhaltlich noch nicht verstanden hat. Oft lernen Schüler bis zum Schluss das, was sie schon können, und vermeiden es, sich mit den komplizierteren Inhalten zu beschäftigen. Um eine spätere Panik zu vermeiden, sollte Ihr Kind den umgekehrten Weg gehen.
  • Üben und wiederholen. Vor allem den anfänglich unsicheren Lernstoff sollte Ihr Kind ausreichend oft trainieren. Häufiges Üben und ständiges Wiederholen vertiefen und festigen das Wissen und erhöhen das Arbeitstempo. Beides gibt Ihrem Kind Sicherheit.
Tipp: Befristete Nachhilfe

Zeigt sich Ihr pubertierender Nachwuchs nur wenig kooperationsbereit, und jedes Hilfsangebot Ihrerseits endet erfolglos im Streit, sollten Sie darüber nachdenken, Ihrem Kind eine zeitlich befristete Nachhilfe vorzuschlagen – aus zwei Gründen:

1. Inhaltliche Lücken schließen: Ihr Kind kann nur stress- und damit panikfrei Klassenarbeiten oder andere Prüfungen bewältigen, wenn es die jeweiligen fachlichen Inhalte absolut sicher beherrscht. Da das bei Blackout-Kandidaten oft nicht der Fall ist, sollte Ihr Kind, wenn es alleine nicht klar kommt, seine fachlichen Lücken mit einer Nachhilfe schließen.

2. Verantwortung nicht abschieben. Die Nachhilfe sollte nur so lange andauern, bis Ihr Kind inhaltlich wieder ohne sie zurechtkommt. Wird sie zur Dauereinrichtung, besteht die Gefahr, dass Ihr Kind bald meint, allein, ohne Nachhilfe nicht erfolgreich lernen zu können. Für das Selbstbewusstsein Ihres Kindes, auch stressige Prüfungen meistern zu können, ist eine solche „Abhängigkeit“ eher ungeeignet.

  • Ermutigung Sie Ihr Kind! Misserfolge und Angst verhindern in der Regel jede Freude am Lernen. Nun ist es an Ihnen, mit einem Lob zur richtigen Zeit („Na super, du hast ja schon mit dem Lernen angefangen“) und ausreichend Anerkennung für die Schufterei („Heute hast du aber viel gearbeitet, toll! Wie wär’s: Lust auf Kino zum Entspannen?“) Ihrem Kind wieder Mut zu machen und damit sein Durchhaltevermögen anzustacheln.
  • Betonen Sie seine Stärken! Sicherheit und Selbstvertrauen bekommt Ihr Kind nicht, wenn es ausschließlich seine Schwächen und Fehler vorgehalten bekommt. Natürlich soll es daran arbeiten, aber Ihr Kind muss auch sehen, dass sich seine Mühen lohnen. Helfen Sie daher Ihrem Kind, auch kleine Verbesserungen und Erfolge wahrzunehmen. Vor allem direkt vor einer Prüfung sollten Sie nicht die Defizite, sondern die Stärken Ihres Kindes betonen.
  • Zeigen Sie Vertrauen! Wenn Sie Ihrem Kind etwas zutrauen, traut es sich selbst auch mehr zu. Ihr Kind fühlt sich dann sicherer und wird auch in Stress-Situationen gelassener. Sagen Sie ihm immer wieder, dass Sie Vertrauen haben in seine Fähigkeiten – auch, wenn der Erfolg vielleicht noch etwas auf sich warten lässt.

Konzentration: Rituale geben Sicherheit

Rituale helfen, schwierige Situationen zu meistern. Einschlafrituale, wie zum Beispiel ein Lied singen, vorlesen etc. erleichtern kleinen Kindern, die nötige Ruhe vor der Nacht zu finden. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem heranwachsenden Kind, welche Rituale ihm Sicherheit für eine bevorstehende Prüfung geben können. So könnte Ihr Kind zum Beispiel am Abend vor der Prüfung immer ein Entspannungsbad nehmen, am Morgen seinen Lieblingspulli anziehen und das immer gleiche Power-Müsli essen. Auch das Verhalten vor und während einer Prüfung kann Ihr Kind ritualisieren. So wäre es zum Beispiel gut, wenn es unmittelbar vor einer Klassenarbeit nicht mehr mit Klassenkameraden über deren Inhalte redet und sich stattdessen in der Pause an einem geeigneten Ort entspannt. Während der Arbeit sollte Ihr Kind regelmäßig ein oder zwei Pausen einlegen, in denen es vielleicht immer einen Apfel isst oder jedes Mal eine Saftschorle trinkt. Solche oder ähnliche Ritual geben Ihrem Kind Sicherheit, weil es dann genau weiß, wie es sich in kritischen Momenten verhalten kann.

Positive Gedanken stärken das Selbstbewusstsein

Zusätzlich kann sich Ihr Kind beruhigen, indem es die Panik auslösenden negativen Gedanken durch stärkende positive Gedanken ersetzt. Das setzt etwas Übung und Vorbereitung voraus. Ihr Kind sollte sich bereits längere Zeit vor der Prüfung überlegen, wann und wo es schöne und gute Erfahrungen gemacht hat, an die es sich gerne erinnert, zum Beispiel beim Sport, mit der Musikband und natürlich auch in der Schule. Diese Erfahrungen, aber auch die Erinnerung daran, tragen dazu bei, dass sich Ihr Kind gut fühlt, und stärken so sein Selbstbewusstsein. Gerade weil schlechte Erfahrungen sich oft fester in das Gedächtnis graben als gute, ist es wichtig, dass Ihr Kind sich möglichst oft an diese positiven Erlebnisse erinnert. Damit Ihr Kind diese positiven Gedanken nun in Stress-Situationen abrufen kann, sollte es sich zunächst in entspanntem Zustand (z. B. in einem gemütlichen Sessel) möglichst genau an eine solche ausgewählte Situation erinnern. Ihr Kind sollte versuchen, in seiner Vorstellung alles so echt wie möglich wiederzuerleben, sich also genau in sein Gedächtnis rufen, was es in dieser Situation gehört, gesehen und wie es sich gefühlt hat. Ihr Kind kann diesen positiven Erfahrungen ein Geheimwort geben. Mit etwas Übung befindet sich Ihr Kind dann wieder mitten in dieser angenehmen Erfahrung, wenn es sich bewusst an das Geheimwort erinnert. Unmittelbar vor oder bei aufkommender Panik während einer Klassenarbeit kann das eine Hilfe sein.

Tipp: Der Mutmacher-Satz

Auch ein persönlicher Mutmacher-Satz kann Ihrem Kind helfen, negative Gedanken beiseite zu schieben und durch positive zu ersetzen. Dazu sollte es zunächst einen solchen Mutmacher-Satz selbst formulieren und auf eine Karte schreiben. Wichtig ist, dass Ihr Kind dabei richtig formuliert, also das aufschreibt, was es möchte, und auf keinen Fall das, was es nicht möchte, zum Beispiel:

„Ich bin locker und entspannt und kann mich in der Klassenarbeit gut konzentrieren!“

Vor der Arbeit sollte sich Ihr Kind diesen Satz mehrmals laut oder leise vorlesen – das gibt ihm Ruhe und Kraft, die bevorstehende Herausforderung zu meistern.