Fehldiagnose AD(H)S: Warum hier oft falsche Diagnosen gestellt werden!

AD(H)S gehört zu den am häufigsten diagnostizierten Störungen im Kindesalter. Doch wie kommt es dazu, dass heute viel mehr Kinder daran erkranken als früher? Kann es sein, dass nicht jede Diagnose richtig gestellt wird? 

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Häufige Fehldiagnose

Hinter einigen Diagnosen von AD(H)S, inzwischen der häufigsten Störung im Kinder- und Jugendalter, steckt möglicherweise eine andere Ursache. Wenn Kinder zu wenig schlafen, nachts häufig aufwachen und dann tagsüber übermüdet sind, verhalten sie sich ähnlich wie ihre Altersgenossen mit einer AD(H)S-Störung. Sie können sich nicht konzentrieren, sind unaufmerksam, träumen viel und reagieren unangemessen. In der Schule verpassen sie wichtigen Lernstoff, und ihre Noten werden schlechter. Ursache für ihr Verhalten ist dann allerdings der Schlafmangel – und nicht AD(H)S.

Dänischer Kinderpsychiater warnt vor falscher ADHS-Diagnose

Zu diesen Erkenntnissen kommt eine dänische Übersichtsstudie. Der Kinderpsychiater Allan Hvolby warnt daher:

  • Vor einer Verschreibung von Ritalin oder Methylphenidat müsse unbedingt abgeklärt werden, ob das betroffene Kind gut schläft. Da die Symptome sich ähneln, seien Fehldiagnosen nicht ausgeschlossen.

Schon 2010 warnten US-Forscher vor Fehldiagnosen bei ADHS

Die Wissenschaftler der Michigan State University hatten Daten einer US-Stichprobe mit 12.000 ehemaligen Kindergarten-Kindern untersucht. In den USA sind Kindergärten fast immer Grundschulen angegliedert. In der sogenannten Klassenstufe „K“ werden dabei Grundfertigkeiten etwa im Lesen und Rechnen vermittelt. Verhaltensauffälligkeiten wie Unaufmerksamkeit oder Nicht-still-sitzen-Können seien bei den jungen Kindern aber wahrscheinlich nicht einer Erkrankung geschuldet, sondern dem jungen Lebensalter, so die US-Forscher.

In der Vorschule waren in der Gruppe der Jüngeren 60 Prozent mehr ADHS-Diagnosen gestellt worden als in der Gruppe der Älteren. Ähnlich verhielt es sich bei den Kindern, die die fünfte und achte Klasse erreicht hatten. Hier waren die ADHS-Therapien bei den Jüngsten etwa doppelt so häufig wie bei den Ältesten.

Wird bei einem Fünftel der amerikanischen Kinder also fälschlicherweise ADHS diagnostiziert? Insgesamt schätzen die Forscher aus ihren Daten, dass bei etwa einem Fünftel der 4,5 Millionen Kinder mit ADHS in den USA die Diagnose falsch gestellt sein könnte. In einer Studie an der North Carolina State University ist man zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen.