Sprachentwicklung mit Geheimsprachen fördern

Letztens unterhielt sich mein Sohn in der Löffelsprache mit seinem Freund, und ich konnte jedes Wort verstehen, obwohl ich seit meiner Schulzeit nicht mehr so kommuniziert hatte. Es ist doch erstaunlich, wie tief sich die Geheimsprachen der Kindheit im Gehirn einprägen, so dass sie noch Jahrzehnte später abrufbar sind. Ein tolles Training fürs Gedächtnis und das kindliche Sprachgefühl. Lesen Sie, welche Geheimsprachen und Geheimschriften zurzeit im Umlauf sind und warum Sie sich freuen sollten, wenn Ihr Kind sie beherrscht. 

Inhaltsverzeichnis

Geheimsprachen bieten viele positive Nebeneffekte

Versuchen Sie mal, als Erwachsener eine der kniffligen Geheimsprachen zu lernen, bei der jeder Silbe eines Wortes etwas angehängt wird. Schnell schaffen Sie das nur, wenn Sie es bereits in der Schulzeit einmal beherrscht haben. Falls nicht, brauchen Sie viel Übung und Zeit, um jeden Satz in Windeseile umzustellen. Bei der Löffelsprache wird beispielsweise an jeden Vokal „llew“ sowie der Vokal und Wortrest angehängt. Also, das Wort da wird zu dallewa, das Wort ich zu illewich oder das Wort doof zu dollewoof. Eine ganz schöne Gehirnakrobatik, das flüssig hinzukriegen und keinen Unsinn zu reden. Ein gutes Zeichen, wenn Ihrem Kind das mühelos gelingt.

Sprachgefühl des Kindes fördert sich selbst

Das menschliche Gehirn ist ein wandlungsfähiges Organ, das sich den verschiedensten Gegebenheiten flexibel anpassen kann. Gerade im schulpflichtigen Alter ist es begierig auf neue Informationen, die dann mit dem bereits bekannten Wissen zu neuen Erkenntnissen verknüpft werden. Je mehr „lustvollen“ Input es bekommt, desto höher fallen die Leistungen aus. So gelingt es also, hoch motivierten Schülerinnen und Schülern nahezu mühelos, neben einer Fremdsprache noch spielerisch eine Geheimsprache oder -schrift zu erlernen. Im Gehirn ist dafür nicht nur genug Kapazität vorhanden, sondern es wird sogar durch die Freude am Gebrauch noch stärker für andere Sprachen sensibilisiert. So kann es gut sein, dass Ihr Kind durch die Fremdsprache Englisch oder Französisch, eine Geheimsprache und eine Geheimschrift noch Neugier am Erlernen weiterer Sprachen entwickelt.

Kinder lieben Geheimsprachen

 Geheimsprachen entstehen, wenn Kinder vor Erwachsenen etwas verbergen wollen, weil sie mit ihren Freunden eine eigene Kommunikationswelt schaffen wollen oder einfach nur aus Spaß an Neuem. Zentral für das Entstehen einer geheimen Kommunikation ist jedoch der Kontakt zu anderen, denn wer Tag für Tag alleine vor dem Computer oder Fernseher sitzt, braucht keine Geheimsprache, weil er niemanden hat, mit dem er sie benutzen könnte. Für viele Erwachsene ist auch der SMS-Austausch unter Jugendlichen eine Geheimsprache, denn es gibt inzwischen zahlreiche Symbole und Zeichenkombinationen, die nur noch Eingeweihte verstehen. 

Welche Geheimsprachen werden häufig benutzt?

Mein Tipp
Rufen Sie doch eine Woche der Geheimsprachen aus und stellen Sie Ihrer Familie jeden Morgen eine andere Variante vor. Ihr Kind soll versuchen, bis zum gemeinsamen Abendessen einen kurzen Satz oder ein zu erratendes Wort in der vorgestellten Sprache zu sprechen. 

Häufig bringen Kinder eine Geheimsprache aus der Schule mit, wo es enormen Spaß macht, sich zu unterhalten (natürlich auch im Unterricht), ohne dass der Lehrer oder die Mitschüler etwas mitbekommen. Dabei werden u.a. die folgenden Geheimsprachen gerne benutzt: Das Fingeralphabet oder die Fingersprache ist schon alt und noch immer sehr beliebt. Dabei werden alle Buchstaben, auch die Umlaute ä, ö und ü, mit den Fingern angezeigt. Manche Kinder können damit in einem rasanten Tempo Wörter und ganze Sätze übermitteln, ohne dass Außenstehende eine Chance haben, die Informationen zu übersetzen. Eine Variation der Fingersprache finden Sie auf www.zzzebra.de.  

Leichter zu verstehen ist das „Geheim-Latein“, bei dem an jedes Wort einfach die Silbe -us angehängt wird. „Ichus findus dichus blödus!“ bedeutet also: „Ich finde dich blöd!“

Die Räubersprache, die übrigens aus den Kalle-Blomquist-Büchern von Astrid Lindgren stammt, ist auch eher schwierig zu verstehen. Dabei wird jeder Konsonant verdoppelt und ein „o“ dazwischengesetzt. Die einzelnen Wörter werden dadurch sehr lang und ganze Sätze zu sprechen für die Kinder recht schwierig. „Ich gehe heute alleine zum Training!“ wird dann zu „Icochoh gogehohe hoheutote zozumom Totrorainoninongog!“ Früher eine beliebte Form der Unterhaltung, doch bei den Kindern von heute kaum noch zu hören.

Das Vertauschen der Anfangsbuchstaben gelingt Kindern hingegen recht leicht und stiftet bei den Zuhörern zumindest anfangs Verwirrung. Das Prinzip ist jedoch einfach und wird schnell durchschaut. „Ich gehe heute alleine zum Training!“ könnte dann: „Tich zehe teute galleine tum Zaining!“ lauten. 

Versuchen Sie doch auch mal die „Betonungs-Sprache“. Dabei werden in jedem Wort die falschen Silben betont und die langen Vokale kurz bzw. die kurzen Vokale lang gesprochen, so dass ein verwirrendes Klangbild entsteht. Dieses Kauderwelsch erfordert viel Übung, und es kommen zum Teil recht lustige Wortgebilde heraus.