So entwickeln Sie langsam eine Beziehung auf Augenhöhe

Beim Prozess des Erwachsenwerdens geht es nicht darum, dass sich das Kind von den Eltern komplett ablöst. Vielmehr geht es um eine differenzierte Umgestaltung der Eltern-Kind-Beziehung: Das Ziel ist eine erwachsene Beziehung auf Augenhöhe, in der das Kind auf typisch kindliches und Eltern auf typisches elterliches Verhalten verzichten können. 

Inhaltsverzeichnis

Loslassen üben

Als typisches kindliches Verhalten könnte man etwa bezeichnen: sich bedienen lassen zu wollen, materiell versorgt werden zu wollen, zu erwarten, dass Mama und Papa das schon „richten“ werden (z. B. Probleme in der Schule etc.), rundum versorgt werden zu wollen („Ich habe Hunger!“, soll heißen: „Koch mal was!“), keine eigene Meinung zu haben oder immer „contra“ zu geben etc.

Manchmal legen Teenager solche Verhaltensweisen wieder verstärkt an den Tag, nachdem sie vorher eigentlich schon recht eigenständig waren. Das kann ein Zeichen von entwicklungsbedingter Verunsicherung, manchmal aber auch einfach von Bequemlichkeit sein. Bedienen Sie diese kindlichen Verhaltensweisen und Forderungen immer unkritisch, tun Sie Ihrem Kind und sich selbst allerdings keinen Gefallen. Schrauben Sie die Dosis „mütterliches Rundum-Versorgungsprogramm“ dann bewusst langsam herunter!

Typisch elterliches Verhalten könnte etwa sein: Kontrolle haben zu wollen („Ich muss wissen, was du machst!“), Macht ausüben zu wollen („Ich sag dir, was du machen musst!“), das Gefühl zu haben, den jungen Menschen versorgen zu müssen („Ich muss mich um dich kümmern!“), Überlegenheitsgefühle zu zeigen („Ich weiß es besser als du!“) usw.

Beim Loslassen geht es also auch darum

langsam und wohldosiert aus der Rolle der versorgenden, sich immer kümmernden und kontrollierenden Mutter bzw. des Vaters herauszuwachsen. Das bedeutet immer auch, die eigenen elterlichen Verhaltensweisen zu beobachten und zu prüfen, ob sie noch angemessen sind. Oft spiegeln uns Teenager deutlich wider, wie sie unser Verhalten finden. Nehmen Sie Bemerkungen à la „Ich bin doch kein Baby mehr!“ nicht nur ernst, sondern unbedingt auch zum Anlass zu der Überlegung, an welcher Stelle Sie Ihr Verhalten verändern und an das Alter Ihres Kindes anpassen sollten.

Loslassen üben:

Was Sie schon können, und was Sie noch lernen sollten Die Phase der Pubertät ist für Eltern nicht nur deshalb eine Herausforderung, weil es so viele Spannungen mit den Jugendlichen gibt, sondern weil sie auch gezwungen sind, sich mit sich selbst, ihrer Erziehungshaltung und ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Damit das Kind erwachsen werden kann, müssen Mutter und Vater bereit sein, sich aus ihrer Elternrolle langsam und angemessen zurückzuziehen. Je mehr sich Eltern diesem Prozess widersetzen, desto stärker wird das Kind rebellieren oder sich resignativ zurückziehen. Sich selbst in seiner Funktion als Elternteil sukzessive „überflüssig“ zu machen, ist nicht immer leicht. Besonders wenn Mütter und Väter aus dieser Rolle viel Bestätigung bezogen haben, fällt es ihnen manchmal schwer, sie aufzugeben. Deshalb ist es wichtig, sich selbst und seine innere Haltung hin und wieder liebevoll, aber kritisch zu überprüfen.

Mein Tipp: Blicken Sie doch einmal in Ihre eigene Pubertät zurück. Welches Verhalten Ihrer Eltern hat Ihnen das Gefühl vermittelt, ernst genommen zu werden? Was hat Ihnen daran gefallen? Woran merkt Ihr Kind, dass Sie ihm immer mehr Eigenverantwortung überlassen? Und woran merkt es, dass Sie ihm immer mehr zutrauen? Wenn Sie das nicht beantworten können, fragen Sie Ihr Kind doch einfach mal.