Jugendsprache von Pubertierenden

"Wie bitte? Was hast du da gerade gesagt?" Irgendwann erleben alle Eltern bei ihren pubertierenden Kindern den Moment, an dem Wörter aus dem Mund des Nachwuchses sprudeln, deren Bedeutung man entweder nicht versteht oder die spontan für Schamesröte sorgen. Klar: Keine Generation ohne eigene Jugendsprache. Das war schon immer so.  

Inhaltsverzeichnis

Akzeptanz und Grenzen von Jugendsprache

Und während wir uns heute nostalgisch an eigene Redewendungen aus unserer Pubertät erinnern ("Ist ja eine Wolke" oder "Das fetzt!"), steigt der Blutdruck angesichts moderner Kraftausdrücke, allen voran die derben F-Wörter. Was ist normal? Und was müssen Eltern erlauben? 

Jugendsprache ist nicht nur Spielerei. Jugendsprache erfüllt in der Pubertät eine wichtige Funktion: Sie verbindet! Freche Wörter schweißen Pubertierende zusammen, sorgen unter Jugendlichen für das schöne Gefühl, dazuzugehören. Nicht immer haben die Wörter dabei die Bedeutung, die wir Erwachsene ihnen geben. Denn viele erhalten ihren Sinn aus Zusammenhängen, die nur den Jugendlichen selbst bekannt sind, zum Beispiel aus der Musikszene oder dem Internet.

Jugendsprache ist nichts für Erwachsene

Viele Wörter aus der Jugendsprache haben längst den Sprachalltag Erwachsener erreicht. Es ist normal etwas "cool" oder auch "richtig geil" zu finden. Diese Eingewöhnung gilt aber nur für Wörter, die ihren Höhepunkt schon lange überschritten haben. Verwenden Mama oder Papa aktuelle Jugendwörter, finden die Kids in der Pubertät das "total megamonsterpeinlich". Ein Beispiel? Sagen Sie mal als Mutter "Voll supercool, ich treff gleich meine BFF in der City." Kein Jugendlicher  wird jetzt antworten: "Na logen, Mama. Viel Spaß und grüß schön!"  Ihr Kind wird Sie wahrscheinlich nur mitleidig anschauen und dabei ziemlich albern finden.

(Zur Erklärung: BFF = Best friend forever, Synonym für Beste Freundin)

Jugendsprache ist besser als ihr Ruf – Vieles ist witzig

Jugendsprache hat in vielerlei Hinsicht zu Unrecht einen schlechten Ruf. Viele Wörter sind sehr kreativ und witzig, bringen Zusammenhänge auf den Punkt und belegen, dass Jugendliche die Welt wach, inspiriert und aktiv wahrnehmen. So wird zum Beispiel aktuell ein Mensch, der ungelenk und grobmotorisch ist, als Körperklaus bezeichnet. Der Name "Klaus"  – ein beliebter Vornahme aus den 60er Jahren – steht für den Prototypen des langweiligen Vorstadtspießers, steif und schüchtern. Und so ist man heute eben ein Körperklaus, wenn man nicht so lässig tanzen kann wie die anderen und bestimmte "Moves" nicht "drauf" hat. Auch schön: Das Wort "Guttenbergen". Nach dem Doktortitel-Skandal des ehemaligen Wirtschaftsministers Karl Theodor zu Guttenberg ist der Nachname zum Jugendsynonym für Spiekzettelaktionen geworden. Jugendsprache ist also auch ein Spiegel unserer Zeit und kann von Eltern daher auch durchaus positiv aufgenommen werden.

Grenzen setzen bei der Jugendsprache

Die meisten Jugendlichen wissen sehr genau, wann welche Wörter angemessen sind. Während zum Beispiel unter Freunden ein "Alter, reich mal die Cola rüber" oder "Ey du Witzpille, das schmeckt ja total asi" normal ist, ist es selbstverständlich diese Ansprache am Mittagstisch mit den Eltern nicht zu verwenden. Passiert es doch, müssen Eltern reagieren und Grenzen setzen.  Schritt 1 ist es dabei, deutlich zu machen, dass man nicht in der gleichen Form angesprochen werden möchte, wie die Freunde. Eltern können sich hier positionieren und sagen: "Wie du mit deinen Leuten sprichst, ist deine Sache, hier bei uns ist dieser Umgang nicht erwünscht." Was erlaubt ist und was nicht, muss jede Familie für sich klären, denn nicht jedes Wort ist in jedem Zusammenhang automatisch schlimm. Es macht zum Beispiel keinen Sinn, generell Kraftausdrücke zu vermeiden, wenn die Eltern in bestimmten Lebenslagen selber zum Fluchen neigen. Zudem spielen Jugendliche auch sehr unterschiedlich mit der Sprache. Während der eine komplett im Jugendjargon versinkt, kann der andere sehr wohl zwischen saloppem und normalem Ton unterscheiden. Diese Grundregeln können für Klarheit sorgen:
  1. Es werden keine Ausdrücke verwendet, die verletzen oder kränken
  2. Wir achten auf einen respektvollen, höflichen Umgangston
  3. Wir benutzen nur Wörter, deren Bedeutung wir auch kennen

Punkt 3 ist besonders bei jüngeren Kindern zu beachten, denn diese neigen häufig dazu, Wörter, die sie bei größeren Kindern aufgeschnappt haben, selbst anzuwenden – ohne zu wissen, was sie da eigentlich von sich geben. Wenn ein 10jähriger ein F-Wort benutzt, vom "chillen" oder "abspacken" redet, sollten Eltern direkt mal nachfragen, was das Wort bedeutet. Oft ist der Schreck dann ziemlich groß, weil die Kids die Bedeutung komplett unterschätzt haben.

Offen sein und nachfragen

Das Gespräch suchen sollten Eltern auch, wenn sie selbst Wörter nicht verstehen. "Was meinst du damit?" oder "Du redest ganz neu, woher kommt das?" – solche Fragen signalisieren Interesse und klären Zusammenhänge auf. So manches Wort sorgt dann vielleicht zukünftig auch bei den Eltern für ein Lächeln. Bei anderen Ausdrücken, die man ablehnt, ist es wichtig, diese Haltung zu zeigen: "Ich finde es nicht gut, wenn du so redest!" Auch wenn es ein Balanceakt ist und die Jugendlichen sich zunächst dagegen sperren: Eine klare Position der Eltern gegenüber bestimmten Ausdrucksweisen kann ein wichtiger Wegweiser für die Kinder sein. Erklären Sie, warum Sie ein Wort ablehnen oder es für gefährlich halten, bleiben Sie offen für den Dialog mit Ihrem Kind. Und ganz wichtig: Seien Sie Vorbild! Eltern, die selbst einen höflichen und gewählten Umgangston pflegen, geben automatisch ganz viel davon an ihre Kinder weiter. Die Jugendsprache ist dann nur eine Phase, die irgendwann auch wieder vorübergeht.

Dies ist ein Gast-Beitrag von Bettina Levecke