Wann Ihr Teenager selbstständig werden muss

In der Grundschulzeit ist es für viele Eltern noch ganz selbstverständlich, dass sie ihre Tochter oder ihren Sohn beim Packen der Schultasche, bei den Hausaufgaben und beim Lernen für Klassenarbeiten unterstützen. Auch der Wechsel auf eine weiterführende Schule wird von den Eltern oft noch mitbegleitet. Doch dann kommt irgendwann der Punkt, an dem sich Eltern fragen, ab wann der nun schon pubertierende Nachwuchs seine schulischen Aufgaben endlich allein im Griff haben sollte. Die folgenden Gedanken sollen Ihnen helfen, auf diese Frage eine Antwort zu finden. 

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Erwachsenwerden

Kein Vater, keine Mutter hat Lust, ein zweites Mal das Abitur oder irgendeinen anderen Schulabschluss zu machen – geschweige denn die Zeit bis dahin als Nachhilfelehrer für Mathe, Englisch, Deutsch, Chemie oder Geschichte zu verbringen. Auch die wenigsten Kinder haben Spaß daran, wenn Mama oder Papa nach der Schule den Ersatzlehrer „spielen“ – und so münden gemeinsame Lernversuche in vielen Familien mit Teenagern schnell in Streitereien.

Ihr Teenager will selbstständig werden

Mit dem Eintritt in die Pubertät macht Ihr Kind sich auf den Weg, erwachsen – selbstständig und autonom – zu werden. Es begibt sich auf die Suche nach seiner eigenen Identität. Vielen Jugendlichen gelingt das nur, indem sie sich gerade an den Personen reiben, zu denen sie das engste Verhältnis haben – also an Ihnen, den Eltern. Vielleicht braucht es den Streit und die Verletzung, um die nötige Distanz zu Vater und Mutter aufbauen zu können. Ihr Kind will Ihnen in dieser Zeit vermehrt zeigen, dass es nicht mehr auf Sie angewiesen ist, dass es schon allein zurechtkommt. Gelingt ihm das in schulischer Hinsicht eher weniger gut, ist der Frust meist vorprogrammiert. Ihr Teenager will seine schulischen Aufgaben allein erledigen, merkt aber, dass es das (noch) nicht schafft. Das Letzte, was sich Ihr Kind in dieser Situation wünscht ist, sich von Ihnen helfen oder gar kontrollieren zu lassen.

Ihr Teenager will kompetent sein

An keinem Schüler gehen schlechte Noten spurlos vorüber. Negative Zensuren werden von den meisten Schülern immer auch als eine persönliche Niederlage empfunden und kratzen damit am Selbstwert bzw. Selbstbewusstsein Ihres Kindes. Spürt Ihr Teenager hingegen, dass es den schulischen Herausforderungen gewachsen ist, dass es richtige und kluge Beiträge zum Unterricht beisteuern kann und von Schuljahr zu Schuljahr besser Englisch spricht oder kompliziertere Zusammenhänge in Chemie und Physik versteht, stärkt das sein Vertrauen in das eigene Können und die Lust auf mehr Wissen ungemein.

Ihr Teenager will Ihr ehrliches Interesse

Eltern, die sich gar nicht für die schulischen Belange ihrer Kinder interessieren, können auch nicht damit rechnen, dass ihr Kind der Schule eine wichtige Bedeutung beimisst. Eltern, deren schulisches Interesse sich vorwiegend auf das Erreichen guter Noten richtet, müssen damit rechnen, dass ihr Teenager diesen Weg irgendwann nicht mehr mitgeht. Es ist also richtig und wichtig, dass Sie als Eltern bestimmte Leistungserwartungen an Ihr Kind richten. Die sollten allerdings realistisch, also für Ihr Kind gut erreichbar und vor allem unabhängig von der persönlichen Beziehung zu Ihrem Teenager, sein! Ihr Teenager möchte, dass Sie sich für sein schulisches Leben interessieren – und nicht nur für die Ergebnisse, die es mit nach Hause bringt. Es braucht Ihre Förderung und Ihre Unterstützung, also Ihr ehrliches Interesse an seinem Vorankommen – nicht wegen der guten Noten, sondern für sich selbst.

Was Ihr Teenager auf seinem Weg zum Erwachsenwerden möchte, sind letztlich die drei wichtigen Dinge, die es auch benötigt, um in der Schule erfolgreich voranzukommen: ?

  • Autonomie (Selbstständigkeit im Handeln, Festigen des Selbstbewusstseins), ?
  • Kompetenz (Lernfähigkeit, Zunahme von Wissen)
  • persönliche Bindung (Interesse, leistungsunabhängige Zuneigung)

Ihr Teenager braucht „Hilfe zur Selbsthilfe“

Wenn Sie sich diese drei Voraussetzungen für erfolgreiches Lernen (und Zurechtkommen im Leben!) anschauen, wird deutlich, dass es gar nicht um die Frage nach der Dauer, sondern tatsächlich um die Frage nach der Art und Weise der Unterstützung geht.

Konkret heißt das, dass Sie von der Rolle des „Nachhilfelehrers“ in die Rolle eines „Coaches“ schlüpfen, Ihrem Teenager am besten so früh wie möglich Verantwortung übertragen und ihm zeigen, ?

  • wie es selbst rechtzeitig für seine Klassenarbeiten üben kann (Klassenarbeitsplan), ?
  • wie es seine Arbeitszeiten selbstständig einteilen kann (Wochenplan), ?
  • wie es seinen inneren Schweinehund in den Griff bekommt (persönliche Ziele stecken, passende Maßnahmen ergreifen, sich selbst belohnen etc.), ?
  • wie überhaupt gehirngerechtes Lernen funktioniert (strukturieren, wiederholen, mit allen Sinnen, Pausen machen etc.), ?
  • wie es mit Verständnisschwierigkeiten umgehen und sich Hilfe holen kann (bei Lehrern, in Büchern, im Internet, von Ihnen), ?
  • wie es seine Konzentration verbessern kann (Konzentrationskiller erkennen und beseitigen) etc.

Beginnen sollten Sie mit dieser Art der Unterstützung am besten gleich am ersten Schultag. Wie lange sie dauert, ist ungewiss. Vielleicht braucht Ihr Teenager gerade während der Pubertät dieses „Coaching“ zur Selbstständigkeit sogar ganz besonders!