Leistungsabfall während der Pubertät: So gehen Sie richtig damit um!

Fast jeder Mensch hat während seiner Schulzeit irgendwann mal keine Lust mehr auf Schule. Meistens kommt dieses Motivationsloch während der Pubertät, und meistens wirkt es sich auch unmittelbar negativ auf die schulische Leistungsbereitschaft aus. 

Inhaltsverzeichnis

Motivation in der Pubertät

Jungen wie Mädchen erleben während der Pubertät oft genau in dieser Zeit ihre erste größere Schulkrise. Manche können sich nach einiger Zeit gut selbst wieder daraus befreien, für andere beginnt nun ein längerer, oft zäher Kampf gegen die schlechten Noten und die mangelnde schulische Motivation. Nicht nur die Hormone und Gefühle bringen Ihren Nachwuchs während der Pubertät ins Ungleichgewicht. Auch im Gehirn findet nun eine Umstrukturierung statt, die Ihrem Kind das Leben manchmal schwer macht.

Während der Pubertät finden im Gehirn große Umbauarbeiten statt

Bis vor einigen Jahren ging man davon aus, dass das menschliche Gehirn mit etwa zwölf Jahren ausgereift sei. In wissenschaftlichen Tests zeigt sich aber, dass es gerade in der Pubertät massive Neu- und Umstrukturierungen vornimmt. Nicht Ihr Kind spielt also verrückt, sondern seine „kleinen grauen Zellen“. Diese groß angelegten Umbauarbeiten führen u. a. dazu, dass sich die intellektuell-sprachlichen Fähigkeiten Ihres Kindes in dieser Zeit meist massiv steigern. Die Lust mancher Jugendlicher zum Diskutieren, Streiten und/oder Philosophieren nimmt dann oft zu – auch weil sie ihre Gefühle und Gedanken nun besser in Worte fassen können.

Die „Baustelle“ im Gehirn macht Jugendliche anfällig

Gleichzeitig ist Ihr Kind während der Pubertät jedoch auch besonders sensibel und anfällig:

  • Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen im Gehirn verändert sich. Stimmungsschwankungen, Rücksichtslosigkeit, Aufmüpfigkeit, aber auch Ängste oder psychische Krankheiten können die Folge sein.
  • Das Dopaminsystem – verantwortlich für Glücksgefühle
  • entwickelt sich langsam weiter, dabei wird es zunächst um ca. 30 Prozent runtergefahren. Mancher Drogenmissbrauch von Jugendlichen oder das Suchen nach besonders risikoreichen Kicks lässt sich so erklären. Die Gefahr von schweren Unfällen ist daher in dieser Zeit so hoch wie nie.
  • Der präfrontale Cortex – zuständig für die Steuerungen von Impulsen – wird ebenfalls umgebaut. Statt Selbstkontrolle stehen nun also unkontrollierte Schrei- oder Heulanfälle, lautstarkes Türknallen etc. auf dem „Pubertäts-Programm“. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Gehirn Ihres Kindes während der Pubertät häufig so beschäftigt ist, dass es bei seinen Umbauarbeiten den täglichen Schulstoff nicht auch noch „berücksichtigen“ kann.

Übrigens: Müdigkeit in der Pubertät ist völlig normal!

Auch die chronische Müdigkeit mancher Jugendlicher am Morgen kann man den Pubertierenden nicht unbedingt zum Vorwurf machen. Mit dem Beginn der Pubertät schüttet die Zirbeldrüse das Hormon Melatonin nämlich täglich etwa zwei Stunden später aus, was den Schlaf in der Pubertät nachhaltig verändert. Es führt dazu, dass Ihr Kind am Abend auch erst zwei Stunden später als sonst müde wird. Morgens in der Schule fehlt ihm dann logischerweise diese Schlafenszeit.

Suchen Sie nach den Ursachen des Leistungsabfalls!

Lassen die Leistungen Ihres pubertierenden Nachwuchses in der Schule nach, ist es wichtig, hier zunächst nach den möglichen Ursachen zu suchen. Nicht immer sind es „nur“ die Hormone oder Baustellen im Gehirn, die Ihrem Kind zu schaffen machen.

1. Körperliche Erkrankungen

Wenn sich Ihr Kind nicht wohl fühlt, kann es auch keine guten Leistungen in der Schule erbringen. Fällt Ihnen auf, dass Ihr Kind z. B. unruhiger ist als sonst oder viel schläft, krank aussieht, keinen Appetit hat, über Schmerzen klagt etc., dann lassen Sie beim Arzt einen  gründlichen Check vornehmen und mögliche schwerwiegende Erkrankungen ausschließen.

2. Psychische Probleme

Nicht immer müssen körperliche Symptome, wie z. B. Kopfschmerzen und Bauchschmerzen, gleich auf ernst zu nehmende Erkrankungen hinweisen. Sie können auch ein Indiz dafür sein, dass Ihr Kind psychische Probleme plagen. Bezogen auf die Schule, können das z. B. Prüfungs- und Versagensängste sein. Aber auch von anderen Angsterkrankungen kann Ihr Kind in der Pubertät bedrängt werden. Depressionen, Essstörungen etc. können in der Pubertät ebenfalls vorkommen. Bei einem solchen Verdacht bietet sich als erste Anlaufstelle ein Schulpsychologe an, um psychische Probleme als Grund für den Leistungsabfall auszuschließen.

3. Über- oder Unterforderung

Der Leistungsabfall Ihres Kindes kann auch mit einer dauerhaften Überforderung zu tun haben. Wenn sich Ihr Kind schon oft quälen musste, um in der Schule mithalten zu können, dann kommt oft während der Pubertät der Punkt, an dem auch mit erhöhtem Lernaufwand der Anschluss nicht mehr gelingt. Betrifft der Leistungsabfall nur ein oder zwei Fächer, dann kann hier eventuell eine intensive Nachhilfe sinnvoll sein. Ziehen sich die schlechten Noten schon seit längerer Zeit durch alle Fächer, mit zusätzlich negativer Tendenz, dann sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Kind über einen Schulwechsel nachdenken. In einigen Fällen kann ein Abfall der schulischen Motivation und der schulischen Leistungen auch auf eine Unterforderung hindeuten. Hier sollten Sie das Gespräch mit einem Schulpsychologen und den Lehrern Ihres Kindes suchen, um gemeinsam nach geeigneten Fördermöglichkeiten zu suchen.

4. Soziale Probleme

Nicht zuletzt sind es während der Pubertät oft die zwischenmenschlichen Probleme, die die gesamte Aufmerksamkeit Ihres Kindes fordern. Liebeskummer, Streit mit der besten Freundin, Zoff mit den Kumpels etc., all das kommt in der Pubertät entweder neu hinzu oder bekommt nun eine größere Bedeutung, weil mit der Ablösung von den Eltern solche Freundschaften viel wichtiger geworden sind. Aber auch Streit unter den Eltern oder Ärger mit einem Lehrer können Ihr Kind so belasten, dass es sich nur schlecht auf seine schulischen Aufgaben konzentrieren kann. Je nach Lage des Problems können Sie als Eltern Ihrem Kind entweder „nur“ zuhören und ihm signalisieren, dass sie für es da sind, oder sie müssen selbst aktiv werden, indem Sie Ihrem Kind z. B. einen zuverlässigen häuslichen Rahmen schaffen.

So reagieren Sie als Eltern richtig

Zunächst einmal ist ein schulischer Leistungsabfall in der Regel kein „Drama“, das die meisten Schüler rückblickend ohne größere Schäden überstanden haben. Für Eltern und ihre Kinder, die gerade mittendrin in diesem Drama stecken, ist das jedoch oft kein Trost. Gleichzeitig ist ein Leistungsabfall aber immer auch ein ernst zu nehmendes Warnsignal dafür, dass gerade für Ihr Kind irgendetwas „nicht rund läuft“. Und wie in jeder Krise, steckt auch in der Schulkrise die Chance, die Situation verbessern zu können, z. B. durch ein gezieltes Motivationstraining für Jugendliche.

Für viele Eltern verliert der schulische Leistungsabfall bereits dann an Brisanz, wenn sie ihre eigene Erwartungshaltung an den Nachwuchs einmal ehrlich reflektieren. Nicht selten ist sie sehr hoch. Im Zusammenhang damit übertragen Eltern oft ihre persönlichen Versagensängste auf das eigene Kind. Manche Eltern sind vor den Klassenarbeiten ihres Kindes aufgeregter als das Kind selbst oder schämen sich mehr für eine 4 in der Klassenarbeit als der Sohn oder die Tochter. Hier gilt es, sich zu entspannen sowie dem Nachwuchs seine Fehler und Pleiten zuzugestehen.

Undramatische Verschlechterungen aussitzen

In diesem Sinne ist es auch am besten, wenn Sie eine undramatische Leistungsverschlechterung, etwa wenn Ihr Kind statt Zweien plötzlich Dreien schreibt, nicht überbetonen, sondern aussitzen. Überzogene Strafen (z. B. das Streichen von Freizeitaktivitäten), heftiger Streit und übertriebene Kontrolle bewirken oft das Gegenteil von dem, was Sie damit erreichen wollen. Ihr Kind regiert dann vermutlich erst recht mit Trotz und Gegenwehr sowie mit noch weniger schulischem Engagement.

Beziehung stärken

Gerade wenn es in der Schule nicht läuft, benötigt Ihr Kind einen sicheren Halt und Eltern, auf die es zählen kann, die ihm Orientierung bieten. Statt die Beziehung zu Ihrem Kind durch allzu viel Streit zu belasten, sollten Sie Dinge tun, die Ihre Beziehung stärkt. Das können gemeinsame Aktivitäten, wie z. B. Kochen, Kino oder Sport, sein. Ebenso wichtig ist aber das Signal, dass Sie immer ein offenes Ohr für Ihr Kind haben. Hat es eine gute Beziehung zu ihnen, ist es auch offener für Ihre Kritik.

Ausgeglichener Erziehungsstil: Anerkennung, Anleitung und Anregung

Der bekannte Bildungsforscher Klaus Hurrelmann ist der Meinung, dass Eltern ihr pubertierendes Kind auch bei schulischen Problemen dann am besten unterstützen, wenn sie sich um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen drei Verhaltensweisen bei ihrer Erziehung bemühen:

  • Anerkennung meint, dass Eltern ihrem Kind grundsätzlich mit Liebe und Wärme begegnen, sich in es hineindenken und einfühlen, ohne es zu erdrücken.
  • Anleitung bedeutet, dass Eltern verbindliche Umgangsregeln und Sanktionen bei Verstößen vereinbaren sowie Konsequenz zeigen.
  • Anregung heißt, dass Eltern gewünschtes Verhalten, z. B. durch Lob, positiv verstärken, ihrem Kind keine Ratschläge erteilen, sondern es durch geeignete Impulse bei der Suche nach eigenen Lösungen unterstützen und es leistungsmäßig herausfordern, ohne von ihm übertriebenes Leistungsverhalten zu erwarten.
Unser Rat
Ihr Kind wird dann in seinem Leben auch weitere Leistungstiefs und Krisen überwinden können, wenn es weiß, dass es aus eigener Kraft und Anstrengung ein solches „Loch“ überwinden kann. Zu viel Kontrolle, Überbehütung und Streit sind dabei nicht hilfreich. Was hingegen hilft, das Selbstbewusstsein und die verloren gegangene  Motivation wiederzufinden, ist Ihr Vertrauen in die Fähigkeiten Ihres Kindes.