Klasse wiederholen – Sitzenbleiben als Chance nutzen

In drei Bundesländern soll es mittelfristig keine Sitzenbleiber mehr geben. Doch noch gibt es jährlich hunderttausend Schülerinnen und Schüler, die bundesweit eine Ehrenrunde drehen. Ist Sitzenbleiben wirklich so tragisch wie manche behaupten, oder liegt gar eine Chance in einer solchen Ehrenrunde? 

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Schlechte Noten in der Schule

Nach einer aktuellen Befragung des Meinungsumfrageinstituts Allensbach bejahen 85 Prozent der Jugendlichen das Sitzenbleiben, nur vierzehn Prozent sind für die Abschaffung der Ehrenrunde. Auch wenn viele Fachleute das Wiederholen einer Klasse inzwischen als längst überholt betrachten, sehen offensichtlich im Gegensatz dazu die Schülerinnen und Schüler im Sitzenbleiben eine Chance.

Sitzenbleiben als Chance erkennen

Da die Betroffenen selbst für eine mögliche Wiederholung der Jahrgangsstufe plädieren, haben sie auf jeden Fall erkannt, dass eine Ehrenrunde nichts „ehrenrühriges“ an sich hat, sondern letztlich eine gute Möglichkeit bedeutet, um die entstandenen Lücken zu schließen. Wenn früher der Lehrer mit dem Sitzenbleiben drohte, hatte er damit auch ein Druckmittel im Sinn mit dem er den „faulen“ und „unaufmerksamen“ Schüler bestrafen wollte. Wenn dann der „blaue Brief“ zu Hause ankam, bedeutete das für den  „faulen“ Schüler richtig Ärger. Doch heute wissen die Eltern, welcher Druck an den Schulen herrscht. Sie fungieren selten als Zuchtmeister, sondern stattdessen als verständnisvolle Begleiter. Deshalb müssen Sitzenbleiber nicht mehr mit drakonischen Strafen im elterlichen Umfeld rechnen, sondern können darauf zählen, dass sie von den Eltern in ihrer schulischen Laufbahn unterstützt und in ihrem schulischen Versagen  aufgefangen werden.

Sitzenbleiben und Lücken aufarbeiten

Wenn Ihr Kind sein Zeugnis erhält, mit dem ihm das Sitzenbleiben bescheinigt wird, hat Ihr Sohn, oder Ihre Tochter jetzt ein Jahr lang Luft. Bleiben Sie gelassen und sehen Sie die zusätzliche Zeit, die Ihrem Kind damit geschenkt wurde. Es kann sich ein Jahr länger Zeit lassen, erwachsen zu werden. Natürlich ist es keine Zeit, die vertrödelt werden darf. Deshalb sollten Sie sich mit Ihrem Kind zusammensetzen und einen Plan entwerfen, wie es seine Leistungen verbessern kann. Machen Sie einen Lernplan, mit dem es seine Lücken schließen kann. Eine gute Hilfe, eigene Schwachpunkte zu erkennen, ist es auch, jüngeren Kindern den Stoff zu erklären. Wenn Ihre Tochter beispielsweise Probleme in Mathematik hat und gezwungen ist, dem kleinen Bruder bei den Mathematikaufgaben zu helfen, wird die große Schwester den Stoff einerseits besser verinnerlichen und andererseits die eigenen Lücken erkennen.  Für andere den Nachhilfelehrer zu spielen, ist oft wirksamer als selbst Nachhilfe zu erhalten. Denn in dieser Rolle ist es wichtig, sich die ganze Zeit über auf den Stoff zu konzentrieren.

Sitzenbleiber neu motivieren

Wenn Ihr Kind die Klasse nicht geschafft hat, ist es möglicherweise frustriert und mutlos. Setzen Sie gemeinsam kleine Ziele und verbinden Sie die Erreichung mit einer Belohnung.  Wenn diese Meilensteine erzielt worden sind, erhält Ihr Kind einen kleinen Ausflug, ein Buch, oder einen Kinobesuch.  Planen Sie eine kleine Überraschung, über die sich Ihr Kind freut und zeigen Sie ihm, dass Sie sich über seine Erfolge freuen.  Kontrollieren Sie die Arbeitstechniken Ihres Kindes und überlegen Sie gemeinsam mit ihm, wie es am besten und effektivsten lernt.

Sitzenbleiben und die Zeit gut nutzen

In diesem zusätzlichen Jahr kann Ihr Kind eventuelle Entwicklungsrückstände aufholen. Nicht immer ist es ein Fehler mit jüngeren Kindern in derselben Klasse zu sitzen. Manch einer stellt fest, dass die Kinder in der neuen Klasse keinen Kopf größer mehr sind. Endlich ist man nicht mehr der Zwerg. Viele Sitzenbleiber kommen in der neuen Klassengemeinschaft gut zurecht, oder aber sie halten weiterhin guten Kontakt zum ehemaligen Freundeskreis. Es gibt Freundschaften weit über die Schulzeit hinaus, obwohl die Schulkameraden getrennte Klassen besuchen.

Der Sitzenbleiber sollte die Zeit aufkaufen, denn er hat jetzt den Vorteil, dass er ja nur wegen zwei, oder drei Fächern die Ehrenrunde dreht und in den anderen Fächern schon solides Grundwissen mitbringt. Diesen Vorteil kann er nutzen, in dem er dieses Wissen vertieft und in einigen Fächern wesentlich bessere Noten schreibt und er kann ihn dafür verwenden, dass er auf frühere Hausaufgaben zurückgreifen kann und weniger Zeit für manche Fächer benötigt. Diese Zeit kann Ihr Kind für die Fächer investieren, in denen die Probleme bestehen.

Sitzenbleiber sind in guter Gesellschaft

Sitzenbleiber sind keineswegs Loser.  Denn es gibt einige bekannte Persönlichkeiten, die ebenfalls eine Klasse wiederholen mussten. Winston Churchill blieb gleich mehrfach sitzen. Doch es gibt noch mehr, wie der Ex-Rennfahrer Niki Lauda, der auch zweimal sitzenblieb, oder Iris Berben, die es so toll trieb, dass sie kein Internat mehr aufnehmen wollte und die deshalb keinen Abschluss hat. Aber auch Edmund Stoiber drehte eine Ehrenrunde und sogar Otto von Bismarck.