Stürmische Zeiten: Diese Phasen der Pubertät durchläuft Ihr Kind

Vielleicht steckt Ihr Kind schon mitten in der Pubertät, und Sie „kämpfen“ mit dem alltäglichen Wahnsinn und den schwankenden Launen Ihres Nachwuchses. Womöglich steht Ihr Kind aber auch erst am Anfang dieses Weges zum Erwachsenwerden, und Sie fragen sich, was da wohl in den nächsten Jahren auf Sie zukommen wird. In dem folgenden Beitrag erfahren Sie, welche Pubertätsphasen es gibt, was Sie in welcher Phase von Ihrem Kind vermutlich zu erwarten haben und wie Sie als Eltern die Pubertät Ihres Kindes am besten „überstehen“ können. 

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Zum Leid vieler Eltern ist die Pubertät lang und oft sehr anstrengend für alle beteiligten Familienmitglieder. Typisch für die Pubertät ist die ständige Wechselwirkung von körperlichen, geistigen, gefühlsmäßigen und sozialen Veränderungen. Dabei unterscheide ich drei Phasen. Die folgende Einteilung ist idealtypisch. Die Phasen können sich zeitlich sowohl nach vorn als auch nach hinten verschieben:

Die Vorpubertät (erste Phase)

Mit dem Eintritt in die Vorpubertät hat Ihr Kind einschneidende körperliche Veränderung zu verdauen, denn in dieser ersten Phase der Pubertät bilden sich die sekundären Geschlechtsmerkmale heraus. Genau genommen spricht man dann von Vorpubertät, wenn sich die ersten Entwicklungen der Geschlechtsmerkmale andeuten. Der Körper Ihres Kindes nimmt nun deutlich weibliche oder männliche Züge an. Bei manchen Jugendlichen löst diese körperliche Wandlung eine große Verunsicherung aus. Wie Ihr Kind sich mit diesem neuen Körper vertraut macht, kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen. Manche Jugendliche inszenieren ihren neuen Körper durch schrille Kleidung und Frisuren, andere fordern und „bilden“ ihren Körper durch Sport, wieder andere leiden still, kleiden sich betont unauffällig oder malträtieren ihren Körper durch zu viel oder zu wenig Nahrung. Mit der ersten Regelblutung bei den Mädchen und dem ersten Samenerguss bei den Jungen endet die Zeit der Vorpubertät. So lässt sich der Zeitraum der Vorpubertät normalerweise zwischen dem 11. und 14. Lebensjahr festlegen. Individuell kann der Eintritt in die Vorpubertät allerdings auch früher oder später stattfinden. Mädchen starten oft bis zu zwei Jahre früher in diese erste Phase der Pubertät.

Die «eigentliche» Pubertät (zweite Phase)

Die zweite Pubertätsphase lässt sich etwa zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr verorten. Diese „eigentliche“ Pubertät ist geprägt von der Suche nach dem eigenen Ich. Ihr Kind streift in dieser Zeit seine Kindheit ab und beginnt, eine eigene Identität zu entwickeln. Ausgelöst durch die körperliche Entwicklung und hormonelle Einflüsse, verändert sich nun verstärkt auch das Denken Ihres Kindes. Für Sie als Eltern, für Ihre Familie, vor allem aber für Ihr heranwachsendes Kind beginnt eine spannende und zugleich spannungsgeladene Zeit. Ihr Kind muss viele verschiedene Ablöseprozesse bewerkstelligen, was einerseits mit Trauer, Unsicherheit und Ängsten verbunden ist. Andererseits fühlt sich Ihr Kind aber auch voller Tatendrang, versinkt manchmal im Größenwahn und hängt vielleicht so absurden Fantasien nach, dass Familie, Nachbarn und Lehrer nur noch mit dem Kopf schütteln. Das Bedürfnis, das kleine, beschützte Kind zu bleiben, aber zugleich der Wunsch, erwachsen, selbstständig und frei zu werden, kann Ihr Kind manchmal nur schwer miteinander vereinen. Das Loslösen von den Eltern und das Streben nach Autonomie sind vor allem innere Konflikte, die Ihr Kind aber oft nicht ohne offenen Streit und Reibung bewältigen kann. In dieser zweiten Phase der Pubertät macht Ihr Kind also insbesondere weit greifende psychische, emotionale und soziale Veränderungen durch. Es befindet sich auf der Suche nach seiner Identität, nach seiner Persönlichkeit, und dabei „experimentiert“ es möglicherweise mit Meinungen, Wertvorstellungen, Verhaltensweisen, die gerade nicht die Ihren sind.

Die Nachpubertät (dritte Phase)

Mit dem Eintritt Ihres Kindes in die Nachpubertät setzt sich die Suche nach der eigenen Persönlichkeit weiter fort. Allerdings geschieht das nun oft nicht mehr über die Abgrenzung von den Eltern. Die heftigste Zeit der Pubertät haben Sie und Ihr Kind nun also überwunden. Zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr, mitunter auch bis zum 24. Lebensjahr dauert die Nachpubertät. In dieser Zeit geht es vor allem um die Umgestaltung der Beziehung zu den Eltern und ein allmähliches Hineinwachsen in die Gesellschaft. Der Heranwachsende zieht aus, lebt seinen eigenen Alltag. Aus der schroffen Ablehnung der Eltern in der (Vor ) Pubertät entsteht eine allmähliche Wiederannäherung. Die Erziehungsbeziehung, die so prägend für die Kindheit ist, verändert sich hin zu einer partnerschaftlichen, gleichwertigen Beziehung. Sicher wird auch dann die Beziehung zu Ihrem Kind nicht immer konflikt- und reibungsfrei sein. Doch Auseinandersetzungen basieren jetzt weniger auf genereller Ablehnung der Eltern oder hormonell bedingten Launen, sondern auf unterschiedlichen Ansichten zwischen Ihnen und Ihrem mittlerweile erwachsenen Kind. Wie heftig Ihr Kind pubertiert, lässt sich nicht voraussagen und auch nur selten steuern. Manche Jugendliche erinnern an ständig brodelnde Vulkane, andere werden fast „nebenbei“ erwachsen. Doch wie sehr Sie als Eltern leiden, hat viel damit zu tun, wie souverän und mitfühlend Sie Ihrem Kind in dieser Zeit begegnen. Die folgenden Gedanken sollen Sie dabei unterstützen.

7 Anregungen, wie Sie als Eltern die Pubertät Ihres Kindes unbeschadet überstehen können

1. Stellen Sie sich den Konflikten – bleiben Sie in Beziehung

Manche Eltern meinen bzw. manch ein Jugendlicher wünscht sich, dass die Erziehung mit der Pubertät ein Ende hat. Weit gefehlt, denn Erziehung hat mit Beziehung zu tun, mit beharrlicher, nicht immer harmonischer Beziehungsarbeit. Wenn Sie sich aus der Erziehung zurückziehen, ziehen Sie sich aus der Beziehung zurück und lassen Ihr Kind allein. Zerstörerische Aktivitäten von Pubertierenden sind nicht selten Hinweise darauf, dass Heranwachsende um Hilfe, nach Zuwendung, nach Annahme schreien.

Mein Rat: Weichen Sie nicht aus, überlassen Sie Ihr Kind nicht sich selbst, sondern geben Sie ihm Halt und Orientierung, in – dem Sie es ernst nehmen, ihm aber auch deutlich sagen und zeigen, was Sie für richtig und falsch halten. Konfliktbewältigung in diesem Sinne ist positive Beziehungsarbeit.

2. Haben Sie Mitgefühl

Damit ist nicht gemeint, dass Sie Mitleid mit Ihrem pubertierenden Nachwuchs haben sollen. Gemeint ist vielmehr, dass Sie versuchen sollten, sich gedanklich und emotional in Ihr Kind hineinzuversetzen. Fragen Sie sich, was Ihr Kind gerade beschäftigt, welche Ängste oder Wünsche seine Gedanken und Gefühle bestimmen. Vielleicht hilft Ihnen dabei ja auch eine persönliche Rückschau. 7

Mein Rat: Versetzen Sie sich in Ihre eigene Zeit der Pubertät und überlegen Sie, welche Emotionen, Ideen oder Zweifel Sie in dieser Zeit geprägt haben. Wenn Sie und Ihr Kind offen dafür sind, erzählen Sie ihm davon – zum Beispiel wie Sie Ihren ersten Liebeskummer verdaut haben, wie Sie in der Schule in ein Motivationsloch gefallen sind, welche Vorstellungen von Ihrem Leben Sie damals und heute (noch) haben etc.

3. Seien Sie konsequent

Wenn Jugendliche Grenzen verletzen, tun Sie das auch, um die Stärke und Verlässlichkeit ihrer Eltern zu testen. Die Pubertät ist eine Zeit, in der sich Ihr Kind manchmal seiner selbst nicht mehr sicher ist. Umso mehr benötigt es daher als verbindlichen Wegweiser Ihre liebevolle, aber bestimmte Konsequenz.

Mein Rat: Um Ihrem Kind Halt und Orientierung geben zu können, muss es sich auf Sie verlassen können und immer wissen, woran es ist. Dazu gehört es, dass gemeinsam verbindliche Regeln, z. B. Ausgehzeiten, Mithilfe im Haushalt, Lernen für die Schule etc. festgelegt werden. Ebenso sollten Sie vorab mit Ihrem Kind besprechen, welche Konsequenzen es zu erwarten hat, wenn es sich nicht an die Regeln hält.