Gruppenzwang: Warum sich Teenager ihrer Peergroup anpassen

Menschen sind soziale Wesen und von daher aufeinander angewiesen. Das bedeutet, dass sie sich in Gruppen zusammenschließen, etwa Familien, Arbeitsteams, Cliquen etc. Für Jugendliche spielt die Peergroup jetzt eine besondere Rolle. Und um dazuzugehören, tun Jugendliche eine Menge. In diesem Beitrag lesen Sie, warum Menschen sich unter Gruppenzwang setzen lassen, warum Jugendliche sich in Peergroups zusammenschließen und was dabei die Chancen und Risiken sind.  

Inhaltsverzeichnis

Peergroups und der Gruppenzwang

Wie kommt es, dass ein normaler und völlig ausgeglichener Teenager in der Gruppe plötzlich etwas macht, was er allein nie tun würde? Die Antwort lautet: "Gruppenzwang".

Gruppenzwang: Das Konformitätsexperiment nach Asch

Bereits 1951 hat der Sozialpsychologe Solomon Asch eindrucksvoll in dem sogenannten Konformitätsexperiment demonstriert, wie Gruppenzwang entsteht. Für dieses Experiment versammelte er eine Gruppe in einem Raum. Eine Versuchsperson kam dazu, in der Annahme, es handele sich bei den anderen Personen ebenfalls um Versuchsteilnehmer. Tatsächlich waren die Anwesenden aber in das Experiment eingeweiht.

Die Versuchsperson wurde nun gebeten, sich verschiedene Bilder anzusehen. Links wurde eine Linie gezeigt, rechts daneben drei Linien unterschiedlicher Länge, von denen eine genau so lang war wie die linke. Die Versuchsperson und die anderen Teilnehmer wurden nun gebeten anzugeben, welche der drei rechten Linien gleich lang wie die links dargestellte Linie war.

Die eingeweihten Teilnehmer waren instruiert, einstimmig falsche Antworten zu geben. Diese falschen Urteile irritierten den Versuchsteilnehmer so stark, dass er sich der Meinung der anderen anschloss und wider besseren Wissens eine falsche Antwort gab: Immerhin 76 % der Testpersonen übernahmen mindestens einmal das falsche Urteil der Gruppe. Nur etwa ein Viertel der Probanden bestand auf der eigenen Einschätzung. Die Anpassung eines Einzelnen an die einheitliche Meinung einer Gruppe wird in Anlehnung an das Experiment auch Asch-Effekt genannt.

Peergroups: Dazugehören wollen ist mehr als "Teenie-Kram"

Obwohl das Experiment auch Kritik erntete und Fragen aufwarf, so zeigt es doch deutlich, dass das Verhalten der Gruppe starken Einfluss auf das Verhalten des Einzelnen nimmt. Der Einzelne wird deutlich unter Konformitätsdruck gesetzt. Viele der Testpersonen gaben der Gruppenmeinung nach, um den Gruppenfrieden nicht zu gefährden und sich selbst nicht ins Abseits zu manövrieren. Aber auch diejenigen, die trotzdem an Ihrer Wahrnehmung festhielten, zeigten Verunsicherung und Selbstzweifel. Nur die wenigsten riskierten selbstbewusst einen Dissens (Streit, Konflikt) mit der Gruppe.

Offensichtlich wird es vom Individuum als stark bedrohlich erlebt, sich von einer Gruppe ausgeschlossen oder abgetrennt zu erleben. Alle Menschen haben in einem gewissen Maß das Bedürfnis, zu einer Gruppe dazuzugehören – ob das jetzt die Familie, der Freundeskreis, ein Sportteam oder die Arbeitskollegen sind. Das ist evolutionsbiologisch bedingt, da der Mensch nur gemeinsam mit anderen Menschen überleben kann. So gibt es beispielsweise die traurige wissenschaftliche Erkenntnis, dass Kinder, die zwar ausreichend ernährt werden, ansonsten von anderen Menschen jedoch komplett isoliert werden, sterben. In einem gewissen Maß zu anderen Menschen Kontakt zu haben und zu einer Gruppe dazuzugehören, ist für Menschen also existenziell wichtig. Das gilt für Menschen jeden Alters, besonders aber für Kinder und Jugendliche.

Homies” und “Best friends”: 6 Gründe, warum die Peergroup jetzt so wichtig ist

  1. Die Peergroup ist eine wenig hierarchisch strukturierte Gemeinschaft, in der Jugendliche im besten Falle gleichwertig sind.

    Mein Rat: Achten Sie auch in der Familie darauf, dass nicht zu viel autoritärer Druck auf dem Teenager lastet. Dann wird er sich auch im häuslichen Umfeld wohl fühlen und nicht "flüchten" müssen.
  2. Die Clique ist ein wichtiges Lernumfeld für den Jugendlichen. Hier kann er Erfahrungen sammeln und sich ausprobieren, ohne bevormundet zu werden.

    Mein Rat: Trauen Sie Ihrem Jugendlichen zu, dass er Gefahren einschätzen kann. Wenn Sie Sorgen haben, sprechen Sie ihn direkt darauf an.
  3. In der Clique muten sich Jugendliche oft mehr zu, als sie sich alleine trauen würden. Das birgt große Chancen, allerdings auch Risiken, etwa dass der Jugendliche etwas tut, was er später bereut. Das kann etwas Kleinkriminelles sein oder beispielsweise zu ausgiebiger Alkoholkonsum.

    Mein Rat: Beobachten Sie Ihr Kind, und fragen Sie es, ob es sich in seiner Clique wohl fühlt oder ob es sich dort unter Druck gesetzt fühlt. In letzterem Fall sollten Sie mit Ihrem Kind überlegen, wie es selbstbewusst zu seiner Meinung stehen kann.