Hilfe, Pubertät! Mein Kind ist plötzlich so unausgeglichen

Gerade noch haben Sie mit Ihrem Kind gemütlich auf dem Sofa gekuschelt, und nun verlässt es auf einmal wutschnaubend und laut türenknallend den Raum. Was ist passiert? Wenn Sie das oder Ähnliches bei Ihrem etwa 9- bis 15-jährigen Kind in letzter Zeit häufiger erleben, ist es wahrscheinlich so weit: Die Pubertät naht. Viele Eltern fürchten diese Zeit, in der aus ihrem eben noch so fröhlichen Kind plötzlich ein überempfindlicher, mauliger Teenager wird. Doch auch für die Jugendlichen selbst ist diese Phase des Heranwachsens eine schwierige Zeit. Erfahren Sie hier, wie Sie Ihrem Kind in diesen stürmischen Zeiten helfen und wie auch Sie selbst den Kopf über Wasser halten können. 

Inhaltsverzeichnis

Was Sie tun können

Pubertät ist bekanntlich, wenn die Eltern schwierig werden. Doch keine Angst: Wenn Sie Ihr Kind neuerdings nicht mehr vor der Schule absetzen dürfen, sondern möglichst unerkannt in einer Seitenstraße halten sollen, heißt das nicht, dass Ihr Kind Sie nicht mehr liebt. Es zeigt lediglich, dass es sich nun langsam vom Kind zum Erwachsenen entwickelt. Bei Mädchen beginnt die Pubertät in der Regel zwischen dem 8. und 14. Lebensjahr, bei Jungen zwischen dem 10. und 16. Geburtstag. Im Normalfall dauert es drei bis vier Jahre, bis sich die Wogen allmählich wieder glätten.

Hormone! Was im Körper Ihres Kindes passiert

Mit dem Ende der Grundschulzeit ist es bei vielen Kindern so weit: Sie machen einen Schuss in die Höhe, die Haare werden fettig, und die ersten kleinen Pickel sprießen. Nach dem Sport muss dringend eine Dusche her, und auch psychisch bemerken Sie erste deutliche Veränderungen: Die Stimmung Ihres Kindes schwankt zwischen total verschmust und obercool, es gibt patzige Widerworte und verzieht sich schmollend in sein Zimmer. Diese erste Phase der Pubertät, die sogenannte „Vorpubertät“, ist der Vorbote der eigentlichen Pubertät. Sie gibt Eltern und Kind schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die Veränderungen der nächsten Jahre. Eingeläutet wird die Pubertät durch Hormone, die die Bildung der Geschlechtshormone Östrogen (beim Mädchen) und Testosteron (beim Jungen) in Gang setzen. Das führt auch im Körper Ihres Kindes zu großen Veränderungen.

Bei Mädchen …

  • beginnt die Brust zu wachsen: Von der ersten „Brustknospung“ bis zur ausgewachsenen Brust dauert es fünf bis sechs Jahre,
  • sprießen die ersten Schamhaare, später auch die Haare unter den Achselhöhlen, und werden allmählich dichter,
  • wachsen die inneren Geschlechtsorgane (Gebärmutter, Scheide),
  • reifen die ersten Eizellen heran,
  • setzt die erste Regelblutung (Menstruation) ein,
  • nehmen Körpergröße und Gewicht zu. Die Hüften werden breiter, Bauch und Beine rundlicher.

Bei Jungen …

  • werden die ersten Schamhaare sichtbar – später werden diese dichter, Achselhaar- und Bartwuchs kommen hinzu,
  • wachsen Hoden und Penis,
  • verändert sich die Stimme; der Stimmbruch wird durch den wachsenden Kehlkopf verursacht,
  • kommt es zum ersten Samenerguss,
  • nehmen Körpergröße und Muskelmasse deutlich zu. Schultern und Brust werden breiter, die Hüfte bleibt schmal. Auch die Gesichtszüge werden männlicher.

Achtung, Baustelle! Das Gehirn Ihres Kindes ist im Umbau

Bis vor einigen Jahren machte man ausschließlich die Hormone für das merkwürdige Verhalten Jugendlicher verantwortlich. Doch dann entdeckten Wissenschaftler, dass sich das Gehirn eines Jugendlichen in einem gigantischen Umbauprozess befindet. Millionen neuer Nervenverbindungen werden neu geknüpft, andere wiederum verschwinden. Viele Fachleute gehen davon aus, dass das Gehirn in diesen

Wachstumsphasen besonders lern- und aufnahmefähig, aber auch besonders anfällig ist, etwa für die Entwicklung von Sucht- oder anderen psychischen Erkrankungen. Die Umbauarbeiten im Gehirn sind wahrscheinlich auch der Hintergrund für die folgenden typischen Probleme in der Pubertät:

  • Statt umsichtig, vorausschauend oder einigermaßen „vernünftig“ verhält sich Ihr Kind oft „kopflos“ und irrational.
  • Wegen eines Mangels an körpereigenem Dopamin fühlt es sich oft müde und antriebsschwach. Es braucht einfach mehr „Thrill“, um Glücksgefühle erleben zu können. Das könnte erklären, warum Teenager manchmal zu hochriskantem Verhalten neigen, Alkohol und Drogen nehmen sowie aufregende Computerspiele lieben.
  • Ihr Kind geht spät ins Bett und schläft bis mittags. Grund ist das Schlafhormon Melatonin, das bei Jugendlichen mit ein bis zwei Stunden Verspätung ausgeschüttet wird.

Wer bin ich? Seelische Entwicklungsaufgaben für Ihr Kind

Nicht nur körperlich, auch seelisch hat Ihr Kind in der Pubertät jede Menge Aufgaben zu bewältigen. Dabei verfolgt es im Wesentlichen ein Ziel: sich von den Eltern zu lösen, erwachsen zu werden und eine eigene Identität zu entwickeln. Um das zu erreichen, muss es

  • sich aus seiner Kinderrolle herausentwickeln,
  • Freundschaften zu Gleichaltrigen aufbauen und vertiefen,
  • immer mehr Verantwortung tragen,
  • die Helden seiner Kindheit (Mama und Papa) vom Thron stürzen,
  • sich mit den körperlichen Veränderungen arrangieren,
  • sich mit seiner Sexualität und dem anderen Geschlecht auseinandersetzen,
  • Klarheit über sich selbst gewinnen,
  • ein eigenes Wertesystem entwickeln,
  • seine Ziele abstecken und sich um eine (erste) berufliche Perspektive bemühen.