Was tun, damit mein Kind wieder Anschluss findet?

Wenn Ihr Kind in der Schule den Anschluss verloren hat, gibt es rein fachlich gesehen eigentlich nur die Möglichkeit, im Schulstoff soweit zurückzugehen und nachzulernen, bis der Anschluss wiederhergestellt ist. Doch das ist oft leichter gesagt als getan. Erfahren Sie hier, warum pubertierende Schüler häufiger mit Lernschwierigkeiten zu kämpfen haben und was ihnen wieder auf die Beine helfen kann. 

Inhaltsverzeichnis

Selbstorganisation

Es gibt viele Ursachen dafür, warum ein Schüler in der Schule den Anschluss verlieren kann: Das Spektrum reicht von harmlosen Gründen wie „einfach zu lange in Mathe nicht aufgepasst“ bis hin zu ernsthaften psychischen oder körperlichen Erkrankungen. Vor allem während der Pubertät sind Schüler anfällig für Schulprobleme – aus folgenden Gründen:

Warum sich Schulprobleme oft in der Pubertät einstellen

Wissenschaftliche Tests zeigen, dass im Gehirn gerade in der Pubertät massive Neu- und Umstrukturierungen stattfinden. Nicht Ihr Kind spielt also verrückt, sondern neben den Hormonen nun auch noch seine „grauen Zellen“ .Diese „Baustelle“ im Gehirn macht Ihr Kind während dieser Zeit anfällig und besonders sensibel. Folgendes verändert sich: Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen im Gehirn wird neu organisiert. Stimmungsschwankungen, Rücksichtslosigkeit, Aufmüpfigkeit, aber auch Ängste oder psychische Krankheiten können die Folge sein. Das Dopaminsystem – verantwortlich für Glücksgefühle – entwickelt sich langsam weiter, dabei wird es zunächst um ca. 30 Prozent runtergefahren. Mancher Drogenmissbrauch von Jugendlichen oder das Suchen nach besonders risikoreichen Kicks lässt sich so erklären. Die Gefahr von schweren Unfällen ist daher in dieser Zeit so hoch wie nie. Der präfrontale Cortex – zuständig für die Steuerung von Impulsen – wird ebenfalls umgebaut. Statt Selbstkontrolle stehen nun unkontrollierte Schrei- oder Heulanfälle, lautstarkes Türknallen etc. auf dem „Pubertäts-Programm“. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Gehirn Ihres Kindes während der Pubertät meist so beschäftigt ist, dass es bei seinen Umbauarbeiten den täglichen Schulstoff nicht auch noch bewältigen kann.

Übrigens: Auch die chronische Müdigkeit mancher Jugendlicher am Morgen kann man ihnen nicht unbedingt zum Vorwurf machen. Mit dem Beginn der Pubertät schüttet die Zirbeldrüse das Hormon Melatonin nämlich täglich etwa zwei Stunden später aus, was dazu führt, dass Ihr Kind am Abend auch erst zwei Stunden später als sonst müde wird. Morgens in der Schule fehlt ihm dann logischerweise die „verpasste“ Schlafenszeit.

Mögliche weitere Ursachen für einen Leistungsrückgang

Leider sind es nicht immer „nur“ die Hormone oder die Baustellen im Gehirn, die Ihrem Kind zu schaffen machen. Manchmal können auch ernsthafte Probleme dahinterstecken

Körperliche Erkrankungen

Wenn Ihr Kind sich nicht wohl fühlt, kann es auch keine guten Leistungen in der Schule vollbringen. Fällt Ihnen auf, dass Ihr Kind z.B. unruhiger ist als sonst oder viel schläft, krank aussieht, keinen Appetit hat, über Schmerzen klagt etc., dann lassen Sie beim Arzt einen gründlichen Check vornehmen und mögliche schwerwiegende Erkrankungen ausschließen.

Psychische Probleme

Körperliche Symptome wie etwa Kopf- und/oder Bauchschmerzen können jedoch auch ein Indiz dafür sein, dass Ihr Kind psychische Problemen plagen. Bezogen auf die Schule könnten es z.B. Prüfungs- und Versagensängste sein. Aber auch von anderen Angsterkrankungen oder Depressionen, Essstörungen etc. kann Ihr Kind in der Pubertät bedrängt werden. Bei einem solchen Verdacht bietet sich als erste Anlaufstelle ein Schulpsychologe an.

Über- oder Unterforderung

Der Leistungsabfall Ihres Kindes kann auch mit einer dauerhaften Überforderung zu tun haben. Wenn sich Ihr Kind schon oft quälen musste, um in der Schule mithalten zu können, dann kommt irgendwann während der Pubertät der Punkt, an dem auch miterhöhtem Lernaufwand der Anschluss nicht mehr gelingt. In einigen Fällen kann ein Abfall der schulischen Leistungen auch auf eine Unterforderung hindeuten. Ist das der Fall, sollten Sie das Gespräch mit einem Schulpsychologen und den Lehrern Ihres Kindes suchen, um gemeinsam nach geeigneten Fördermöglichkeiten zu suchen.

Soziale Probleme

Nicht zuletzt sind es während der Pubertät oft die zwischenmenschlichen Probleme, die die gesamte Aufmerksamkeit Ihres Kindes in Anspruch nehmen. Liebeskummer oder Streit mit der besten Freundin – all das bekommt nun eine größere Bedeutung, weil mit der Ablösung von den Eltern die Freundschaften mit Gleichaltrigen wichtiger werden. Aber auch Streit zwischen den Eltern oder Ärger mit einem Lehrer können Ihr Kind so belasten, dass es sich nur schlecht auf seine schulischen Aufgaben konzentrieren kann.

So reagieren Sie als Eltern richtig

Wenn Ihr Kind in der Schule den Anschluss verloren hat, steckt es in einer Krise. Vielleicht versucht es mit übermäßiger Coolness oder einer zur Schau getragenen „Scheißegal-Haltung“ sein angeknackstes Selbstbewusstsein zu übertünchen, tatsächlich leidet es aber und benötigt Hilfe. Folgendermaßen können Sie es als Eltern unterstützen:

Bleiben Sie gelassen: Kinder und Jugendliche dürfen versagen

Machen Sie sich zunächst klar, dass nicht Sie selbst, sondern Ihr Kind in Mathe oder Englisch den „Zug verpasst“ hat. Und wenn keine ernsteren Gründe dafür verantwortlich sind, ist das zwar unangenehm, aber kein Grund zur Panik. Kinder und Jugendliche dürfen versagen, und Eltern sollten das aushalten können. Es kann sogar wichtig sein, dass Ihr Kind eine solche Misserfolgserfahrung und Krise erlebt, denn unmittelbarer spürt es kaum die Folgen seines Handelns bzw. Nichthandelns.

Stärken Sie die Beziehung zu Ihrem Kind!

Gerade wenn es in der Schule nicht läuft, benötigt Ihr Kind einen sicheren Halt: Eltern, auf die es zählen kann und die ihm Orientierung bieten. Statt die Beziehung zu Ihrem Kind durch allzu viel Streit zu belasten, sollten Sie gerade jetzt auch Dinge tun, die Ihrer Beziehung guttun, z.B. Kochen, Kino, Sport etc. Ebenso wichtig ist aber das Signal, dass Sie immer ein offenes Ohr für Ihr Kind haben. Hat Ihr Kind eine gute Beziehung zu Ihnen, ist es auch offener für Ihre Kritik.

Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, den fachlichen Anschluss wiederherzustellen

Betrifft der Leistungsabfall nur ein oder zwei Fächer, überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was es dagegen tun kann. Möglichkeiten gibt es viele: ein Gespräch mit dem Lehrer und ein zusätzlicher Förderplan regelmäßige zusätzliche Lernzeiten, eventuell mit Ihrer Unterstützung oder zusammen mit einem Freund oder einer Freundin eine zeitlich befristete intensive Nachhilfe, bis Ihr Kind inhaltlich wieder den Anschluss gefunden hat Ziehen sich die schlechten Noten jedoch schon seit längerer Zeit durch viele oder sogar alle Fächer, sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Kind beraten, ob das Wiederholen des Schuljahres oder ein Schulwechsel nicht die bessere Lösung ist, um wieder Anschluss zu finden.

Unser Rat: Lassen Sie Ihr Kind entscheiden,

welche Maßnahmen es ergreifen möchte! Wichtig ist, dass nicht Sie für Ihr Kind entscheiden, was zu tun ist, sondern dass Ihr Kind nun selbst ins Denken und Handeln kommt und so die Verantwortung für die eigene Situation übernimmt. Angebote und Vorschläge können Sie machen, aber „retten“ sollten Sie Ihren pubertierenden Nachwuchs ab sofort nicht mehr allzu oft.