Ist mein Kind ein Eigenbrötler?

Der Spruch „Kinder sind grausam!“ trifft ins Schwarze, wie unsere Co-Autorin und Grundschullehrerin Annette Holl aus Ihrer Unterrichtspraxis weiß. Immer wieder kommt es vor, dass einzelne Kinder von anderen ausgegrenzt werden, weil sie eher der Typ "Eigenbrötler" sind. 

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Wenn Kinder zum Außenseiter werden

Nicht jedes Kind oder Teenager in der Pubertät, das selten andere Kinder zum Spielen einlädt, ist ein Außenseiter. Manche Kinder gehen schon von klein auf für sich allein in ihrem Spiel auf. Sie fühlen sich als Eigenbrötler in ihrer Haut wohl. Andere sind mit einem einzelnen Freund glücklich.

Sie sollten aber aufmerksam werden, wenn Ihr Kind sich in letzter Zeit merklich zurückzieht und traurig wirkt. Erzählt es Ihnen wenig bis gar nichts von der Schule? Spätestens wenn seine Noten abfallen und es morgens nicht in die Schule oder nachmittags nicht mehr in den Sportverein gehen möchte, sollten bei Ihnen alle Alarmglocken läuten. Ihr Kind zeigt sehr deutlich, dass es ihm nicht gut geht und es Gruppensituationen zu vermeiden versucht.

Suchen Sie Unterstützung

Wenn Ihr Kind von anderen gemieden wird und eine Rolle als Außenseiter einnimmt, ist es wichtig, sein Gruppenverhalten zu beobachten. Sprechen Sie deshalb mit dem Lehrer Ihres Kindes. Fragen Sie gezielt nach seinem Verhalten und dem seiner Mitschüler ihm gegenüber. Vielleicht benimmt es sich in der Schule ungeschickt, aggressiv oder angeberisch? Möglicherweise gibt es Anführer in der Klasse, für die Ihr schüchternes Kind ein leichtes Opfer ist? Bestätigt der Lehrer Ihnen das Außenseiterdasein Ihres Kindes, so bitten Sie um seine Unterstützung. Bestimmt möchte er, dass seine Schüler in einem gesunden Klassenklima angstfrei lernen können.

Wenn Eigenbrötler zu Außenseitern werden: Das kann der Lehrer tun!

  • „Streithammel“ auseinandersetzen, um die Konfliktgefahr zu stoppen.
  • In Gesprächen über Fairness an das soziale Gewissen seiner Klasse appellieren.
  • In Rollenspielen die Kinder das Ausgegrenzt werden am eigenen Leib erfahren lassen.
  • Gemeinsam ein Buch zum Thema lesen.
  • Die Kinder über einen längeren Zeitraum in festen Gruppen zusammenarbeiten lassen (z. B. ein Plakat zu einem Thema erstellen, ein Theaterstück erfinden).

Bei allem Engagement von Seiten des Lehrers ist es wichtig, dass seine Hilfe nicht zu offensichtlich ausfällt. Die Klassenkameraden sollen keine Rückschlüsse ziehen, um wen es speziell geht. Möglicherweise wird Ihr Eigenbrötler sonst noch mehr ausgelacht und gegängelt („Der hat so große Angst, dass er seine Mama zu Hilfe holt!“). Wichtig: Anders sieht es bei Mobbing aus. Hier müssen die Verursacher genannt und zur Verantwortung gezogen werden. Falls Sie das Gefühl haben, dass Ihre Sorgen zur Außenseiterrolle Ihres Kindes nicht ernst genommen werden, können Sie pädagogische oder psychologische Fachkräfte einschalten (z. B. schulpsychologischer Dienst oder Erziehungsberatungsstellen).

Helfen Sie Ihrem Kind aus der Rolle als Außenseiter!

Nicht zuletzt sollten Sie z. B. in Internetforen Rat bei Eltern suchen, die dasselbe durchgemacht haben. Es beruhigt zu erfahren, dass man nicht allein dasteht. Sicherlich bekommen Sie hier noch weitere Tipps. Nebenbei leben Sie Ihrem Kind vor, wie Sie selbstbewusst Kontakt mit anderen Menschen aufnehmen und Experten zu Rate ziehen. So kann Ihr Kind auch die Rolle als Eigenbrötler ablegen.

Helfen Sie Ihrem Kind aus der Rolle als Außenseiter!

Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie vorbehaltlos hinter ihm stehen. Erklären Sie es aber nicht zum wehrlosen Eigenbrötler, und wettern Sie nicht gegen die „bösen anderen Kinder“. Machen Sie es auf seine Schwächen aufmerksam, indem Sie das vom Lehrer geschilderte Verhalten seinen Klassenkameraden gegenüber in einem Rollenspiel spiegeln (z. B. „spielt es den Klassenclown, um seine schlechten Noten zu überspielen“). Ihr Kind übernimmt die Rolle eines anderen und erfährt so, wie es auf andere wirkt. Anschließend kann es an Ihnen neue Verhaltensweisen ausprobieren. So können Sie beispielsweise ein selbstbewussteres Auftreten Ihres Kindes einüben.

Wappnen Sie Ihren Eigenbrötler gezielt gegen Hänseleien:

„Hast du deine Klamotten aus der Mülltonne?“

Man muss nicht jeden Klamotten-Trend mitmachen. Aber lassen Sie Ihr Kind in einem für Sie akzeptablen finanziellen Rahmen bei der Kleiderwahl mitreden.

„Erlaubt Mami ihrem Baby kein Handy?“

Haben Sie sich aus Überzeugung gegen ein Handy für Ihr Kind entschieden? Wenn Ihr Kind deswegen jedoch zum Eigenbrötler oder Außenseiter wird, sollten Sie eventuell über eine Lockerung Ihrer Regeln nachdenken (z. B. ein spezielles Kinder-Handy, auf dem nur ausgewählte Nummern wählbar sind und auf dem Sie regelmäßig Spiele und Apps kontrollieren).

„Weiter so, dann kommst du sicher auf die Dummenschule!“

Vielleicht hat Ihr Kind eine Lernschwäche oder arbeitet sehr langsam. Die anderen bewerten das als Faulheit oder gar als mangelnde Intelligenz. Fragen Sie den Lehrer, wie Ihr Kind gezielt gefördert werden kann. Denken Sie auch über entsprechende Therapien nach. Bitten Sie den Lehrer außerdem, mit den Verursachern über Ihr nicht tolerierbares Verhalten zu sprechen.

Mein Tipp: Ein Schulwechsel als letzter Schritt!
Schrecken Sie nicht vor einem Klassen- oder Schulwechsel (gegebenenfalls in eine spezielle Integrationsklasse) zurück, wenn Ihr Kind sich in seiner Klasse so gar nicht wohl fühlt und auch nach sämtlichen Bemühungen keine wesentliche Verbesserung der Situation eintritt. Manchmal sind die Fronten zu verhärtet, und nur ein Neustart kann Ihrem Kind helfen, aus der Eigenbrötlerrolle auszubrechen.