Hochbegabung erkennen und Ihr Kind optimal fördern

Rund 3 % der Bevölkerung gelten als hochbegabt, d.h., sie haben einen IQ von über 130. Hochbegabung kann ein Segen, aber auch ein Fluch sein – und längst nicht alle betroffenen Kinder werden rechtzeitig als hochbegabt erkannt. Lesen Sie hier, welche Merkmale hochbegabte Kinder zeigen, ob ein IQ Test für Kinder sinnvoll ist und wie sie angemessen gefördert werden können. 

Inhaltsverzeichnis

Ist Ihr Kind hochbegabt?

Statistisch betrachtet, müsste in jeder zweiten Grundschulklasse ein hochbegabtes Kind sitzen – doch wie kann man diese talentierten Schüler und Schülerinnen früh genug erkennen und die Hochbegabung sinnvoll fördern? Hochbegabung ist meist leider nicht auf den ersten Blick sichtbar und kann sich ganz unterschiedlich bemerkbar machen. Sie kann den logisch-mathematischen, den sprachlichen, den musikalischen, den bildnerisch-künstlerischen, den sportlichen oder den sozialen – manchmal auch mehrere dieser Bereiche gleichzeitig – betreffen. Manche Kinder zeigen von klein auf außerordentliche Fähigkeiten, sprechen früh und erregen mit ihren interessierten und neugierigen Fragen schnell die Aufmerksamkeit der Erwachsenen. Dies lässt leicht auf eine Hochbegabung schließen. Sie werden direkt gefördert, ihre Hochbegabung wird auch in der Schule unterstützt und sie können ihre Interessen durch ein vielseitiges Freizeitangebot ausleben. Die Schule durchlaufen sie meist spielend, nicht selten sogar verkürzt durch das Überspringen einer Klasse. Entsprechend ihren Neigungen ergreifen sie einen Beruf, in dem sie ihre Hochbegabung Erfolg bringend einsetzen können.

Es gibt aber immer noch viele Kinder, deren Hoch- oder Sonderbegabung (Ausnahmebegabung in einem Teilbereich) im Verborgenen bleibt. Statt positiv mit ihrer Hochbegabung zu punkten, fallen sie negativ auf. In Deutschland rechnet man mit rund 300.000 Kindern, die hochbegabt sind. Ein hoher Intelligenzquotient sagt allein jedoch noch nichts darüber aus, wie sich ein Kind entwickelt. Erst mit einer bedürfnisgerechten Förderung können hochbegabte Kinder, wie alle anderen Kinder auch, sich in Einklang mit ihren Fähigkeiten entwickeln.

Schlechte Noten und ein auffälliges Sozialverhalten müssen nicht zwangsläufig ein schwaches Leistungsvermögen bedeuten, sondern können auch die Folge von Unterforderung (Underachievment), Demotivation und tödlicher Langeweile aufgrund von Hochbegabung sein. Wenn ein Kind in der Klasse ständig unterfordert ist, schaltet es entweder völlig ab oder beginnt herumzukaspern. Die Folgen sind Wissenslücken und viel Ärger für sein schlechtes Arbeitsverhalten. Da sich das Kind an der Schule nun erst recht nicht mehr wohl fühlt, stellt es seine Bemühungen meist vollkommen ein. Es droht das Sitzenbleiben oder sogar ein Schulwechsel. Für viele betroffene Eltern ist es unverständlich, dass ihr aufgewecktes und neugieriges Kind seine Fähigkeiten in der Schule nicht zur Entfaltung bringt. Dabei sind Kinder, die hochbegabt sind, gar nicht so schwer zu erkennen (z.B. durch einen IQ Test für Kinder; näheres: Sie unten)

So erkennen Sie, ob Ihr Kind hochbegabt ist

Hochbegabte Kinder kommen nicht mit einem Stempel auf der Stirn zur Welt, doch ihr Verhalten in den ersten Lebensjahren kann auf ihre besonderen Fähigkeiten hinweisen.

Falls Ihr Kind die folgenden Merkmale zeigt, ist es möglicherweise hochbegabt:
Ist Ihr Kind gegenüber Gleichaltrigen weit entwickelt?
Ist es schon lange vor seinem ersten Geburtstag gelaufen, hat es mit zwei Jahren bereits viel gesprochen oder zeigt es ungewöhnliche Fähigkeiten?
Hat Ihr Kind einen außergewöhnlich großen Wortschatz für sein Alter?
Kann es Sachverhalte sehr genau und detailliert schildern?
Ist Ihr Kind sehr wissbegierig, stellt es viele Fragen, die teilweise fast philosophisch sind ?
Braucht Ihr Kind ständige Beschäftigung, weil es sich schnell langweilt? Erledigt es Aufgaben schnell?
Setzt Ihr Kind an sich selbst sehr hohe Maßstäbe an, möchte es mehr können? Bekommt es Wutanfälle, wenn ihm Dinge nicht gelingen? Ist es ungeduldig mit sich selbst?
Liest Ihr Kind viel, häufig auch Bücher für ältere?
Schläft Ihr Kind vielleicht weniger als andere, hat es ein starkes Durchhaltevermögen und wird es oft als anstrengend empfunden?
Hat Ihr Kind eine sehr genaue Beobachtungsgabe?
Ist Ihr Kind in Gruppen vielleicht sehr dominant, weil es alles besser weiß und schneller macht? Übernimmt es entweder die Führungsposition oder wird es als Außenseiter ausgegrenzt?
Wirkt Ihr Kind oft wie ein kleiner Erwachsener?
Macht Ihr Kind manchmal absichtlich Fehler, um gegenüber Gleichaltrigen „normal“ zu erscheinen?
Ist Ihr Kind sensibel und manchmal sehr lärmempfindlich?
Zieht Ihr Kind es vor, mit Älteren zu spielen, denen es sich geistig nicht überlegen fühlt?
Ist Ihr Kind sehr interessiert an allem, was um es herum vorgeht?
Wurden Sie von Freunden und Bekannten schon öfter darauf angesprochen, dass Ihr Kind Außergewöhnliches geleistet hat?

Falls Sie mehr als 2/3 dieser Fragen mit Ja beantworten, ist es wahrscheinlich, dass Ihr Kind hochbegabt ist.

Obwohl die Sensibilität für hochbegabte Kinder in den Schulen langsam steigt, gibt es immer noch einen hohen Prozentsatz von unerkannten Talenten. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass eine gewisse Unsicherheit und ein Informationsmangel gegenüber Hochbegabung bestehen. Nicht nur die Eltern, sondern auch die Lehrer und die Mitschüler fragen sich, wie ein hochbegabtes Kind am sinnvollsten in die Klasse integriert werden kann. Der oft unstillbare Wissensdurst und die ungebremste Energie bei Hochbegabung sind anstrengend, und häufig sind hochbegabte Kinder sogar unbeliebt bei ihren Klassenkameraden.

So kann die Schule hochbegabte Kinder fördern

Damit ein hochbegabtes Kind seine Anlagen nutzen kann, braucht es sowohl von der Familie und seiner Umwelt als auch von der Schule Unterstützung. Im schulischen Bereich gibt es dafür zwei Möglichkeiten, deren Umsetzung immer auf das jeweilige Kind abgestimmt werden muss.

1. Die Akzeleration (Beschleunigung)

Darunter versteht man das beschleunigte Durchlaufen der gesamten Schulzeit, z. B. durch

  • vorzeitige Einschulung,
  • Überspringen einer Klasse,
  • vorzeitigen Übergang auf weiterführende Schulen oder andere Institutionen.

2. Das Enrichment (Bereicherung)

Mit dem Enrichment verbleibt das Kind in seiner Altersgruppe und wird im Unterricht differenziert gefördert. Das erfordert großes Engagement der Lehrkräfte und ist von den Möglichkeiten der einzelnen Schulen abhängig. Ein projektorientierter oder offener Unterricht ist gut dafür geeignet, auf die individuellen Fähigkeiten eines Kindes einzugehen. Es gibt viele Möglichkeiten, hochbegabte Kinder individuell zu fördern, zum Beispiel mit

  • differenzierten Aufgabenstellungen,
  • Gruppenprojekten auf unterschiedlichem Niveau,
  • Bildung von Interessengemeinschaften,
  • zusätzlichen Wahlfächern (z. B. einer Sprache),
  • stundenweisem Unterricht (in den besonderen Neigungsfächern) in höheren Klassen,
  • bilingualem Unterricht (Fachunterricht in einer Fremdsprache).

In vielen Bundesländern wird zurzeit die flexible Eingangsstufe erprobt. Das ist für hochbegabte Kinder ein Segen. Alle Schüler können die ersten zwei Schuljahre in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen. Interessierte und weit entwickelte Kinder können somit die ersten beiden Schuljahre innerhalb eines Jahres durchlaufen und im Anschluss daran direkt in die dritte Klasse kommen. Weiterhin gibt es vor allem für ältere Kinder immer mehr Schulen, die Hochbegabte besonders fördern. Nach der 10. Klasse besteht manchmal die Möglichkeit, als Schülerstudent bestimmte Seminare an der Universität zu besuchen. Diese Scheine werden später angerechnet.

Wie kann die Familie hochbegabte Kinder unterstützen?

Kinder mit besonderen Begabungen fordern ihre Eltern meist sehr. Sie sind ständig in Bewegung und brauchen Herausforderungen für ihr Können. Damit sie ihren Klassenkameraden nicht meilenweit davonlaufen, sollten Sie im Freizeitbereich ungewöhnliche Hobbys wählen, die nicht zum Unterrichtsstoff gehören. Mit einer exotischen Fremdsprache oder beim Schachspielen können sie ihre Begabung ausprobieren und weiterentwickeln. Wichtig ist auch, dass hochbegabte Kinder den Kontakt zu Gleichaltrigen nicht verlieren. Obwohl sie mehr wissen und schneller denken, sind sie emotional, sozial und körperlich noch nicht ausgewachsen und brauchen für ihre Entwicklung die Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen. Sinnvolle Hobbys für Hochbegabte sind je nach Begabung u. a.:

  • Kurse an Kinder-Universitäten
  • spezielle Ferien-Camps (Informationen unter www.dghk.de)
  • ausgefallene Sprachen wie Japanisch oder Chinesisch
  • Astrologiekurse
  • spezielle Sportarten
  • Lego-Konstruktions-Wettbewerbe
  • Jugend forscht
  • Erlernen eines Musikinstruments

IQ Test – ja oder nein?

Meistens sind es die Eltern, die ihren Verdacht durch einen Intelligenztest bestätigen lassen möchten. Hat ein Kind weder in der Schule noch im Freundes- oder Familienkreis Schwierigkeiten, kann es sich gut integrieren und glänzt mit guten Noten, ist ein Intelligenztest sicherlich nicht nötig. Zeigen sich aber in einem oder mehreren Bereichen Probleme, kann ein Test verdeutlichen, worin diese begründet sind. Ein IQ-Test macht sichtbar, wie stark die Begabungen sind und in welchen Bereichen sie besonders deutlich hervortreten. Denn Hochbegabung ist nicht gleich Hochbegabung, und nicht jedes Kind kann mit seinen besonderen Fähigkeiten ohne Unterstützung auch wirklich etwas anfangen. 2 der am häufigsten verwendeten Intelligenztests sind:

  • Der HAWIK (Hamburger Wechsler Intelligenztests für Kinder) testet über verschiedene Untertests, wie beispielsweise Bildergänzungen, Allgemeinwissen, rechnerisches Denken usw., die praktische, verbale und allgemeine Intelligenz.
  • Der CFT (Culture Fair Intelligence Test) misst die individuelle Fähigkeit eines Kindes zur Erkennung von Regeln und zur Identifikation bestimmter Merkmale. Er misst darüber hinaus, in welchem Maße das Kind zur nonverbalen Problemerfassung und -lösung fähig ist. Insgesamt besteht der Test aus fünf verschiedenen Untertests.

Intelligenztests (ab 6 Jahren) werden in Erziehungsberatungsstellen, beim schulpsychologischen Dienst, bei Psychologen oder Pädagogen und manchmal auch bei Kinderärzten mit einer entsprechenden Zusatzausbildung durchgeführt.

Auf der Sonnenseite des Lebens?

Zu den wenigen hochbegabten Menschen zu zählen, ist sicherlich ein Privileg. Diese Kinder und Erwachsenen verfügen über ein großes Leistungspotenzial, dass sie jedoch ohne die entsprechenden Aufgaben, Methoden und Techniken häufig nicht einsetzen können. Wird ein hochbegabtes Kind nicht ausreichend gefördert, sondern ständig unterfordert, kann es seine gute Anlage als Behinderung empfinden. Manche hochbegabte Kinder verlieren sogar ihr Selbstbewusstsein, trauen sich nichts mehr zu oder flüchten sich in psychosomatische Krankheiten. Sie fühlen sich nutzlos, isoliert und unverstanden, können depressiv und selbstmordgefährdet werden. So weit darf es nicht kommen.

Hochbegabung im Internet

Informieren Sie sich über spezielle Programme und Einrichtungen beispielsweise bei diesen drei umfassenden Internetseiten:

  • Die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) ist ein bundesweit tätiger gemeinnütziger Verein, in dem sich betroffene Eltern, Pädagogen, Psychologen sowie andere Interessierte ehrenamtlich für die Förderung hochbegabter Kinder einsetzen (www.dghk.de).
  • Die Karg-Stiftung verfügt über eine Datenbank, die bundesweit Adressen von Einrichtungen für Hochbegabte sammelt (www.karg-stiftung.de).
  • Mensa ist ein weltweiter Verein für hochbegabte Menschen jeden Alters mit derzeit etwa 100.000 Mitgliedern, davon über 5.000 in Deutschland. Mensa hat zum Ziel, hochintelligente Menschen zusammenzubringen – über lokale, überregionale und internationale Treffen, Interessen- und Diskussionsgruppen (www.mensa.de).

Mein Tipp: Auf der Internetseite www.mensa.de können Sie und Ihr Kind einen 20-minütigen Intelligenztest aus Spaß selber ausfüllen. Die Ergebnisse sind natürlich nicht wissenschaftlich überprüft, geben jedoch einen ersten Hinweis auf Hochbegabung. Aber Achtung: Nicht frustrieren lassen, die Aufgaben sind echt kniffelig!