So vermitteln Sie Ihrem Kind Werte wie Toleranz und Verantwortung

Kleine Egoisten, die nur an sich selbst denken, sind out. Die meisten Eltern sind sich einig, dass Werte bereits für Kinder wichtig sind. Doch wie wachsen Kinder zu anständigen, ehrlichen, liebevollen und friedfertigen Menschen heran? Dieser Artikel hilft Ihnen, Ihrem Kind Werte richtig zu vermitteln. 

Inhaltsverzeichnis

Kindern Werte vermitteln

Umfragen der letzten Jahre zeigten immer wieder, dass uns Werte wie Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Treue, Toleranz, Verantwortung und Solidarität wichtig sind. Und sicher können Sie diese Werte-Auflistung um weitere Werte ergänzen, die für Sie persönlich sehr wichtig sind.

Kinder kommen als kleine „Egoisten“ auf die Welt, die anfangs nur ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen. Jüngere Kinder sind noch nicht in der Lage, zwischen „mein“ und „dein“ zu unterscheiden. Wenn ein Kleinkind versucht, die Welt kennen zu lernen, kann es das nur, indem es so tut, als sei alles seins. In den ersten Lebensjahren ist das, was seine Bedürfnisse befriedigt, ihm am meisten Spaß macht und was seinen Interessen entgegenkommt, das wichtigste Auswahlkriterium. Einem anderen Kind ein Spielzeug ausleihen, einen Keks abgeben oder Musik leiser hören, wenn Mama telefonieren will – warum?

Bis zum Alter von drei bis vier Jahren ist dieses Verhalten keine „böse Absicht“, sondern schlicht die einzige Möglichkeit, sich zu entscheiden. Erst danach, mit zunehmender sozialer Erfahrung, steigt auch die Fähigkeit des Kindes, bei persönlichen Entscheidungen die Interessen anderer Kinder und Erwachsener mit einzubeziehen. Erst im Vor- und Grundschulalter können Kinder also die moralische Dimension ihres Handelns erkennen. Kinder wollen wissen, woran sie sind und wie sie sich verhalten sollen. Sie müssen unterscheiden können zwischen richtig und falsch, zwischen gut und böse. Dabei müssen wir Eltern ihnen helfen. Kinder müssen erkennen können, worauf ihre Eltern „Wert“ legen!

Wertvorstellung: Ihr Vorbild zählt für Ihr Kind!

Kinder beobachten sehr genau, wie wir Erwachsenen uns verhalten. Predigen wir „Du darfst nicht lügen!“, lassen uns manchmal aber am Telefon verleugnen? Halten wir immer, was wir unserem Kind versprochen haben? Natürlich sind Eltern keine Heiligen, doch wenn Sie Ihrem Kind diejenigen Werte, die Ihnen wirklich wichtig sind, glaubhaft vermitteln wollen, müssen Sie ihm diese Werte vorleben. Erklärungen und Predigten sind ohne gutes Beispiel völlig nutz- und wirkungslos. Kinder mit ihrer oft entwaffnenden Ehrlichkeit werden reine Lippenbekenntnisse sehr schnell entlarven.

So vermitteln Sie Ihrem Kind Werte

  • Machen Sie Ihre Werte zu den Werten Ihres Kindes! Zeigen und erklären Sie ihm, wo die Vorteile für es selbst liegen. Wenn es ehrlich ist, wird es voraussichtlich dafür von seinen Freunden gemocht werden. Wenn es rücksichtsvoll ist, wird es ebensolche Freunde haben.
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, ein Individuum mit Werten sein zu wollen! Sprechen Sie mit Ihrem Kind (ab Vorschulalter) darüber, wie es von Menschen, die ihm wichtig sind, gesehen werden möchte, etwa: „Was würdest du dir wünschen, dass die Oma/dein bester Freund über dich erzählt?“ Damit regen Sie es an, nachzudenken wie es sich selbst gern sehen möchte und was es keinesfalls sein möchte. Daraus ergibt sich klarerweise, dass es sich entsprechend verhalten muss, damit niemand etwas Gegenteiliges erzählen kann! Vermitteln Sie Ihrem Kind, dabei so zu sein, wie es selbst zu sein wünscht.

Jede Familie muss ihre eigenen Werte finden

Früher wurden allgemeingültige Lebensregeln von außen durch Tradition und Gesellschaft vorgegeben. Heute muss jede Familie selbst solche verbindlichen Werte und Regeln festlegen. Das macht es für uns Eltern nicht eben leichter! Natürlich gibt es weiterhin „Standardwerke“ wie die Zehn Gebote, die den eigenen „Lebensregeln“ zu Grunde liegen können. Doch Werte sind etwas Subjektives – und was der einen Familie wichtig ist, muss für die andere nicht von Bedeutung sein (Beispiel: Rücksicht versus Durchsetzungsvermögen).

Wie wichtig Ihnen z. B. Ordnung oder Pünktlichkeit sind, bestimmen nur Sie selbst. Ein geregelter Tagesablauf ist allerdings eine große Hilfe, diese Werte auch Ihrem Kind überzeugend zu vermitteln. Wenn Sie Ihr Kind zu Leistungsbereitschaft und Verantwortung erziehen wollen, sollten Sie keinesfalls Druck ausüben (dadurch wird nur das Gegenteil erreicht!), sondern Ihrem Kind von klein auf Aufgaben übertragen, die es eigenverantwortlich durchführen kann. So kann ein dreijähriges Kind z. B. schon alleine den Tisch decken oder abräumen. Versuchen Sie nicht, Ihrem Kind so viele Schwierigkeiten und Probleme wie möglich aus dem Weg zu räumen, sondern helfen Sie ihm, diese anzupacken und zu lösen. 

Checkliste: Welche Werte sind Ihnen wichtig?

Die Beantwortung der folgenden Fragen hilft Ihnen zu erkennen,

welche Werte und Ansichten für Ihre Familie bedeutsam sind:
1.Bei welchen Gelegenheiten feiern Sie ein Fest?
2.Bei welchen Anlässen sind Sie „explodiert“, weil jemand etwas getan hat, das Ihr persönliches Wertesystem verletzt hat?
3.Bei welchen Vereinen und/oder Organisationen sind Sie aktives bzw. zahlendes Mitglied?
4.Wo engagieren Sie sich darüber hinaus noch?
5.Wofür geben Sie Geld aus, das nicht dem Lebensunterhalt dient?
6.Wofür spenden Sie?

Verteidigen Sie Ihre Werte!

Wenn Ihr Kind immer wieder gegen „Lebensregeln“ verstößt, die Ihnen wichtig sind, sollte das für Ihr Kind auch Konsequenzen haben. Andernfalls würde es Ihnen gar nicht abnehmen, dass Ihnen diese Regeln wirklich am Herzen liegen. Sie können ihm dann z. B. sagen, dass Sie von einem bestimmten Verhalten in einer bestimmten Situation enttäuscht waren (bitte nur das Verhalten, nicht das Kind kritisieren!). Dann dürfen Sie auch ruhig dazu stehen, dass Sie persönlich eben das eine oder andere höher werten, und Ihrem Kind die Beweggründe dafür erklären. Um Ihrem Kind zu vermitteln, wie sich die Missachtung bestimmter Werte wie Hilfsbereitschaft oder Rücksicht anfühlt, können Sie ihm eine passende Geschichte oder ein Beispiel erzählen und es dann fragen, wie es sich wohl in dieser Situation gefühlt hätte. Auch Rollenspiele bieten dazu eine gute Möglichkeit.

Sie können Ihr Kind anhalten, sich für sein Verhalten beim Betroffenen zu entschuldigen bzw. das mit Ihrem Kind zusammen tun. Oder Sie lassen logische Folgen wirken. Etwa wenn Ihr Kind sich nicht an den Tagesablauf der Familie halten will und gerade zu den Essenszeiten „dringend“ spielen muss, um zehn Minuten nach der Mahlzeit nach einem Butterbrot zu quengeln. Dann sollten Sie Ihr Kind jeweils einmal(!) zu den Mahlzeiten zu Tisch rufen. Kommt es nicht, hat es wohl offensichtlich keinen Hunger, und sein Gedeck wird am Ende der Mahlzeit abgeräumt. Bis zur nächsten Mahlzeit sind dann jedoch Knabbereien, Süßigkeiten und kleine Imbisse tabu.

Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Kind

In einer Welt, in der niemand mehr Zeit zu haben scheint, wird Zeit füreinander immer wichtiger. 

  • Zeit ist ein Ausdruck von Liebe. Kinder brauchen viel Liebe – und darum ist die Zeit, die Sie sich für Ihr Kind nehmen, auch ein wichtiger Schritt bei der Vermittlung von Werten. 
  • Gestalten Sie die Freizeit zusammen mit Ihrem Kind. Beim gemeinsamen Spielen, Wandern, Toben oder bei Unternehmungen verschiedenster Art kann Ihr Kind eine positive Beziehung und Bindung zu Ihnen aufbauen. So ganz nebenher werden Werte gelernt, vermittelt und aufgenommen, z. B. beim Spielen Regeln einzuhalten oder beim Wandern trotz Müdigkeit und Durst durchzuhalten und ein Ziel zu erreichen. 
  • Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche. Kleinkinder können unendlich viele Fragen stellen, manchmal mit philosophischem oder religiösem Inhalt wie etwa: Kommen Hunde auch in den Himmel? Oder: Warum ist der liebe Gott keine Frau? Dann haben wir Eltern oft große Schwierigkeiten, komplizierte Dinge möglichst einfach zu erklären. Jedoch sind Kinder bis zum Schulalter meist mit einer aus unserer Sicht völlig unzureichenden Antwort zufrieden. Erklären Sie deshalb nicht zu viel auf einmal und warten Sie lieber ab, bis Ihr Kind das Gehörte „verdaut“ hat und eventuell weiter fragt. Sprechen Sie nur so viel und so lange mit Ihrem Kind darüber, wie es das selbst wünscht. Die einzelnen Fragen müssen nicht umfassend beantwortet werden. Sie können Ihr Gespräch auch ein anderes Mal fortsetzen .Manche Fragen werden Sie vielleicht gar nicht beantworten können. Auch das ist nicht schlimm. Im Gegenteil: Ihr Kind lernt dabei, dass auch Sie als Eltern nur ein begrenztes Wissen haben und auf viele Fragen keine Antwort wissen.
  • Vermitteln Sie Werte in der „Ich-Form“. Sagen Sie z. B. statt „Das macht man nicht!“ lieber „Ich möchte nicht, dass du … machst, weil …“. Oder statt „Du musst …“ besser „Ich möchte, dass du …, weil …“ 

Märchen und Geschichten vermitteln Werte

Märchen mit ihrer strikten Trennung zwischen gut und böse, dem sicheren Sieg des Guten und einem Helden, mit dem sich das Kind identifizieren kann, sind eine wunderbare Möglichkeit, Ihrem Kind Werte wie Hilfsbereitschaft, Freundschaft, Treue oder Geduld näher zu bringen. In einer glaubensnahen Erziehung dürfen natürlich auch kindgerecht aufbereitete Stellen aus der Bibel nicht fehlen. Am besten kaufen Sie eine ansprechend bebilderte Kinderbibel. Kinder im Kindergartenalter finden insbesondere Geschichten aus dem alten Testament sehr interessant. 

Geschichten und Begebenheiten, die Sie selbst erlebt haben, sind für Ihr Kind besonders ansprechend und interessant. Wenn Sie aus Ihrer eigenen Kindheit erzählen – wie Sie damals gehandelt bzw. gefühlt haben und was sich daraus ergeben hat –, können Sie sicher sein, dass Ihr Kind gut zuhört. Sie können Ihr Kind zusätzlich fragen, wie es selbst gehandelt hätte oder was es empfindet, und schon haben Sie den Einstieg in ein wirklich „wertvolles“ Gespräch. 

Helden, die Werte vermitteln, finden Sie in vielen Bilderbüchern (siehe unten), aber auch im Fernsehen oder in anderen Medien. Der immer freundliche und hilfsbereite Benjamin Blümchen kommt z. B. bei Kindern ab drei Jahren gut an. Der ebenfalls sehr hilfsbereite und tolerante Drache Tabaluga ist hingegen erst für etwas ältere Kinder ab vier bis fünf wirklich verständlich.

Kinderbücher, die Werte vermitteln (geeignet ab ca. 3 Jahren)

Die folgende Auflistung stellt eine persönliche Auswahl aus vielen geeigneten Büchern, die mehr oder minder offensichtlich Werte vermitteln, dar. Mein Favorit ist „Irgendwie Anders“.

Thema Toleranz, Anderssein, Diskriminierung, Freundschaft:

  • „Irgendwie Anders“ von K. Cave und Ch. Riddell

    (Oetinger Verlag 1994; 28 Seiten)
  • „Das Vier-Farben-Land“ von G. Ruck-Pauquet und U. Baier

    (OZ Verlag 2001; 28 Seiten)
  • „Huch! Wir kriegen Besuch!“ von M. Sodtke

    (Lappan Verlag 1996; 72 Seiten)
  • „Der Rabe, der anders war“ von E. Schreiber-Wicke und C. Holland

    (Thienemann Verlag 2000; 36 Seiten; Broschiert)

Thema Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Zufriedenheit:

  • „Gibt es eigentlich Brummer, die nach Möhren schmecken?“ von M. Sodtke

    (Lappan Verlag 1994; 72 Seiten)
  • „Für mich bist du der Beste!“ von A. Diem und S. Szesny

    (Albarello 2000; 32 Seiten), (mit Ausklappseiten und kleiner Plüschkatze)
  • „Hexe Pollonia macht das Rennen“ von A. Diem und S. Szesny

    (Albarello 2001; 32 Seiten), (mit Ausklappseiten und kleinem Plüschhund)
  • „Sankt Martin und der kleine Bär“ von A. Schneider und M. Dusikova

    (Nord-Süd Verlag 2000; 32 Seiten)

Thema Mut, Tapferkeit:

  • „Ich bin MäuseKatzenBärenStark“ von B. Bos und H. de Beer

    (Nord-Süd Verlag 2000; 32 Seiten)