Wie viel soll ich mein pubertierendes Kind beim Lernen kontrollieren?

Gerade bei schulischen Problemen des pubertierenden Nachwuchses ist man als Eltern schnell geneigt einzugreifen. Je mehr Sie das Lernen Ihres Kindes jedoch kontrollieren, umso größer ist die Gefahr, dass es sich bevormundet fühlt und völlig blockiert. Lesen Sie daher im Folgenden, was Sie beim Thema „Kontrolle“ bedenken sollten. 

Inhaltsverzeichnis

Motivation und Verhalten

Zum Erwachsenwerden gehört, dass Ihr Kind schrittweise lernt, dass es selbst verantwortlich für sein Handeln ist. Es sollte alltäglich erfahren, dass es im Negativen wie im Positiven die Konsequenzen seines Tuns selbst trägt und nicht andere dafür verantwortlich machen darf bzw. darauf wartet, dass andere seine Probleme lösen

Wichtiges Ziel: Selbst- statt Fremdsteuerung!

Je früher Ihr Kind dieses Prinzip versteht und je besser es ihm gelingt, es auch umzusetzen, umso selbstständiger und handlungsfähiger wird es in Zukunft auch in schwierigen Situationen sein. Vor allem wird es dann immer weniger Kontrolle von Ihrer Seite benötigen. Selbststeuerung statt Fremdsteuerung ist also das Ziel, das Sie schrittweise anstreben sollten.

Wichtiges Ziel: Zuspruch und Vertrauen statt Kontrolle!

Damit Ihr Kind diesen Weg in die Eigenverantwortlichkeit gehen kann, benötigt es von Ihnen anstelle von Kontrolle jedoch zunehmend Zuspruch und Vertrauen. Zuspruch, um nach einer Niederlage wieder „aufzustehen“, und Vertrauen, um an sich glauben zu können, es beim nächsten Mal besser zu machen.

Dass dies ein anstrengender Lernprozess ist, der auch noch vielen Erwachsenen schwerfällt, zeigen die beiden möglichen Verhaltensweisen, die wir Menschen bei Schwierigkeiten meistens an den Tag legen. Möglicherweise erkennen Sie diese Verhaltensweisen auch bei Ihrem Teenager:

Möglichkeit 1: Aufgeben, Verantwortung abgeben, die Opferrolle einnehmen

Die Schuld für das eigene Versagen wird schnell bei anderen Personen oder den äußeren Umständen gesucht. Schuld an der schlechten Mathe-Arbeit Ihres Kindes ist dann zum Beispiel der Lehrer, weil er Aufgaben gestellt hat, die so vorher noch nie besprochen wurden, Schuld ist auch der Lärm auf dem Schulhof während der Pause, der Kaugummi kauende Sitznachbar Ihres Kindes oder sogar Sie, weil Sie mit Ihrem Kind falsch gelernt haben. Es kann durchaus „verlockend“ sein, sich zum Opfer zu machen, denn als Opfer kann oder muss Ihr Kind ja nichts an seiner Situation ändern und wird vielleicht sogar noch bedauert. Doch mit dieser Haltung wird Ihr Kind seine schulischen Ziele nicht erreichen.

Möglichkeit 2: Aktiv werden, Verantwortung übernehmen und handeln

Diese zweite Möglichkeit ist zunächst unbequemer, weil sie bedeutet, dass Ihr Kind seine Fehler und Schwierigkeiten erst annehmen muss, um anschließend praktikable Lösungen finden zu können. Damit ihm das gelingt, sollte es frühzeitig lernen, Verantwortung für die eigenen Probleme zu übernehmen. Also nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern aktiv werden und überlegen, welche Maßnahmen helfen können, damit die nächste Mathe-Arbeit besser läuft, und dann diese Maßnahmen konsequent umsetzen.

2 Regeln, die das eigenverantwortliche Handeln Ihres Kindes fördern

Wenn Sie die folgenden zwei Regeln beherzigen, sind Sie Ihrem Kind eine große Hilfe auf seinem Weg zum eigenverantwortlichen Handeln. Außerdem vermeiden Sie Streit. Das Prinzip, auf dem diese beiden Regeln basieren, ist einfach und gilt nicht nur bei schulischen Problemen: Sie verringern Ihre Kontrolle umso mehr, je mehr Sie Ihrem Kind vertrauen können

Regel 1: Energie von außen = Kontrolle von außen

Solange der Antrieb, also die Motivation zum Lernen von Ihnen, den Eltern, ausgeht, so lange werden Sie auch Ihr Kind beim Lernen kontrollieren. Bereitet sich Ihr Kind zum Beispiel nur auf die bevorstehende Englischarbeit vor, weil Sie ihm dies mit Nachdruck sagen, dann werden Sie auch genauer kontrollieren, ob es tatsächlich alle Vokabeln gelernt und die Grammatik verstanden hat. Nicht Ihr Kind bringt Energie auf, um seine Situation zu verbessern, sondern auch Sie tun das. Die Energie und die Kontrolle: Beides kommt von außen, und Sie „steuern“ Ihr Kind.

Regel 2: Energie von innen = Kontrolle von innen

Selbststeuerung odereigenverantwortliches Handeln bedeutet, dass Ihr Kind nicht darauf wartet, dass Sie oder irgendjemand anderes seine Probleme löst, sondern dass es selbst aktiv wird. Ihr Kind ist dann in der Lage, genug eigene Energie oder Motivation aufzubringen, um zum Beispiel rechtzeitig mit dem Lernen für die kommende Französischarbeit zu beginnen, sich bei Fragen Hilfe zu holen, eine Vokabelkartei für schwierige Wörter anzulegen etc. Wenn Sie darauf vertrauen können, dass Ihr Kind sich in dieser Weise selbst kontrolliert, müssen Sie es immer weniger und bald gar nicht mehr kontrollieren. Ihr Kind hat es also selbst in der Hand: Je aktiver und verlässlicher es selbst wird, umso weniger müssen Sie es kontrollieren!