Englisch im Kindergarten? Pro und Contra

In den ersten Lebensjahren lernen Kinder eine Fremdsprache mühelos und akzentfrei. Doch überfordert das die Kleinen nicht? Bedenken sind in vielen Fällen überflüssig, wie dieser Beitrag verrät. 

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Tipps zum Thema zweisprachiger Kindergarten

Die meisten Kinder kommen mit drei oder vier Jahren in den Kindergarten. Dann darf es auch eine zweisprachige Kita sein, in der nach dem Prinzip „eine Person-eine Sprache“ gearbeitet wird. Eine Erzieherin spricht nur Deutsch, die andere ausschließlich die Fremdsprache (native speaker, also Fremdsprache als Muttersprache). Dieses Konzept ist am günstigsten. Für Kinder unter drei Jahren ist es wichtiger, erst einmal die Muttersprache zu perfektionieren. Ansonsten kommt es zu einer gewissen Sprachverwirrung, bei der die Kleinen zunächst beide Sprachen durcheinander werfen. Doch auch in diesen Fällen entwickeln sich zwei korrekte und voneinander getrennte Sprachsysteme – wenn auch mit etwas Verzögerung.

Ein zweisprachiger Kindergarten bringt viele Vorteile für Ihr Kind

Das kindliche Gehirn ist in der Lage, zu bestimmten Zeiten bestimmte Dinge besonders gut zu lernen. Diese Phasen werden als „Zeitfenster“ bezeichnet. Ist dieses aber einmal geschlossen, wird das Lernen mühseliger. Das gilt vor allem für den Spracherwerb. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen: Wenn Kinder bis zum sechsten Lebensjahr eine Fremdsprache erlernen, wird diese in derselben Hirnregion abgespeichert wie die Muttersprache. In einem zweisprachigen Kindergarten kann die fremde Sprache direkt ins Alltagsleben eingebettet werden, und die Kleinen beschäftigen sich sehr viel intensiver als beispielsweise im Rahmen eines Sprachkurses damit. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass der Besuch einer zweisprachigen Kita und danach einer zweisprachigen Grundschule das erfolgreichste Modell für den frühen Spracherwerb ist. Kinder, die drei Jahre täglich möglichst bis in den Nachmittag hinein eine zweisprachige Kita besuchen, können Sätze in der Zweitsprache sprechen und altersgemäße Dialoge führen. Sie haben bereits am Ende des ersten Schuljahres ein sehr hohes Sprachniveau erreicht, wie es sonst nur Kinder aufweisen, die drei bis vier Jahre lang intensiven herkömmlichen Unterricht von täglich mindestens einer Stunde ab dem ersten Schuljahr gehabt haben. Mehrsprachige Kinder gelten langfristig als sprachlich wendiger, im Denken leistungsfähiger und fremden Kulturen gegenüber toleranter. Allerdings kann auch eine zweite oder dritte Fremdsprache aus einem lernschwachen kein superintelligentes Kind machen.

Für manche Kinder ist der zweisprachige Kindergarten trotzdem nicht ideal

Es gibt eine ganze Reihe anderer Fähigkeiten, die Ihr Kind im Kindergarten lernen sollte und die für seine spätere Schulfähigkeit mindestens ebenso wichtig sind wie eine Fremdsprache:

  • Förderung der deutschen Sprache, insbesondere für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist
  • Schulung der Sinne
  • vielfältige Bewegungsmöglichkeiten
  • Förderung der emotionalen Reife

Wenn Ihr Kind Sprachauffälligkeiten oder motorische Probleme zeigt, ist es wichtiger, diese Bereiche zu fördern. Das kann in einem heilpädagogischen Kindergarten geschehen, doch sind häufig auch andere Ansätze (etwa nach Montessori oder Waldorf ) Erfolg versprechend. Wenn bei Ihnen zu Hause ohnehin zwei Sprachen gesprochen werden (z. B. Spanisch und Deutsch), könnte eine dritte Fremdsprache im Kindergarten (z. B. Englisch) Ihr Kind schnell überfordern. Ein ausschließlich deutschsprachiger Kindergarten ist insbesondere in solchen Fällen wichtig, wenn sowohl Mutter als auch Vater eines Kindes nicht oder nur wenig Deutsch sprechen. Diese Kinder haben ansonsten später oft große Schwierigkeiten, dem deutschsprachigen Unterricht in der Schule zu folgen. Nicht zuletzt macht es wenig Sinn, Ihr Kind zweimal täglich durch die ganze Stadt zu kutschieren, weil es in Ihrer Nähe keinen zweisprachigen Kindergarten gibt. Oft hat Ihr Kind dann Schwierigkeiten, Freunde zu finden, weil in Frage kommende Kinder zu weit weg wohnen.

Mein Tipp
Auch wenn an Ihrem Wohnort nicht die Möglichkeit besteht, einen zweisprachigen Kindergarten zu besuchen, können Sie dort anregen, den Kindern ab und zu Fingerspiele oder Lieder in einer fremden Sprache anzubieten.

 Kosten: Ein zweisprachiger Kindergarten muss nicht mehr kosten als andere Kindergartenkonzepte, denn pro Gruppe sind wie bei anderen Modellen nur zwei Erzieherinnen nötig – eine deutschsprachige und eine fremdsprachige. Je nach Gruppengröße und sonstiger pädagogischer Konzeption sind jedoch auch höhere Kosten möglich.

Zum Weiterlesen: Unter www.fmks-online.de können Sie beim „Verein für frühe Mehrsprachigkeit“ (Tel. 0431/3 89 04 79) die Adressen zweisprachiger Kindergärten (bundesweit!), Buchempfehlungen sowie die Broschüre „Frühes (Fremd-) Sprachenlernen“ als pdf-Datei abrufen