6 Antworten auf Fragen rund ums Zeugnis
Wie setzen sich die Noten Ihres Kindes zusammen?
Kurz vor Schuljahresende beginnt in vielen Familien die Rechnerei: Schnell wird der Durchschnitt aller Klassenarbeiten in einem Fach berechnet und daraus die zu erwartende Zeugnisnote ermittelt. Diese Rechnung geht allerdings in den seltensten Fällen auf, da sich die Note aus verschiedenen Teilen zusammensetzt:
Mein Tipp |
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Um eine böse Überraschung am Zeugnistag zu verhindern, notieren Sie sich die Noten aller Klassenarbeiten, die Ihr Kind im Laufe eines Schuljahres geschrieben hat. Außerdem sollten Sie bei Elterngesprächen gezielt nach anderen schriftlichen Leistungen (z. B. Referate, Heftnoten) und der mündlichen Mitarbeit fragen. Somit haben Sie einen realistischen Überblick über die erbrachten Leistungen Ihres Kindes und können im Vorfeld schon ziemlich genau einschätzen, mit welchen Noten Ihr Kind rechnen kann. |
- schriftliche Leistungen: Klassenarbeiten, Tests, Hausaufgabenüberprüfungen
- praktische Leistungen: Referate, Teilnahme an einem Theaterstück, gemalte oder gebastelte Werke usw.
- mündliche Mitarbeit im Unterricht
- regelmäßige Erledigung der Hausaufgaben
- gegebenenfalls benotete Hausaufgaben (nur in einem Teil der Bundesländer dürfen die Hausaufgaben in die Zeugnisnote einfließen)
- Ordnung und Fleiß (z.B. Heftnoten)
Die schriftlichen Leistungen zählen in Deutsch und Mathematik mehr als die anderen Leistungen (sie stehen meist im Verhältnis 70:30 bzw. 60:40). Das ist gerechtfertigt wegen der hohen Anzahl Klassenarbeiten und Tests in den Hauptfächern. In den anderen Fächern (z. B. Religion) werden schriftliche und mündliche Leistungen oft gleichrangig (Verhältnis 50:50) gewertet, weil dort normalerweise weniger Klassenarbeiten geschrieben werden und die praktischen Leistungen oft eine große Bedeutung haben (z. B. Projekte im Sachunterricht).
Was können Sie gegen ungerechte oder nicht nachvollziehbare Noten Ihres Kindes tun?
Zeugnisnoten sind Verwaltungsakte, gegen die Widerspruch eingelegt werden kann. Unternehmen Sie folgende Schritte, wenn Ihnen eine Note ungerecht erscheint:
- Nehmen Sie am besten noch vor oder gleich zu Beginn der Sommerferien Kontakt zu dem Lehrer Ihres Kindes auf. Falls er schon im Urlaub ist, kümmern Sie sich gleich zu Beginn des neuen Schuljahres darum.
- Fragen Sie nach seinen Bewertungskriterien und lassen Sie sich Auskunft über alle erbrachten Leistungen geben, die zur erlangten Zeugnisnote geführt haben.
- Erscheinen Ihnen die Erklärungen des Lehrers nicht ausreichend, richten Sie Ihren Widerspruch innerhalb von vier Wochen schriftlich an die Schulleitung.
- Haben Sie mit Ihrem Widerspruch bei der Schule keinen Erfolg, können Sie das zuständige Schulamt einschalten. Dieses wird Kontakt mit der Schulleitung aufnehmen und über Ihren Fall beraten.
- Bei schullaufbahnentscheidenden Noten (z. B. Schulwechsel nach Klasse 4) besteht die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht zu klagen. Lassen Sie sich hierzu die Begründungen der Lehrkraft für die Noten sowie die Erklärungen der Schulleitung schriftlich geben und holen Sie sich auf jeden Fall juristischen Beistand.
- Bitte bedenken Sie, dass verschiedene Gerichtsurteile dem Lehrer bei der Notengebung einen „Beurteilungsspielraum“ gewähren. Lediglich nachweisbare „Verfahrens- und Sachfehler“ ermöglichen die Anfechtung einer Note (wenn z. B. weniger Klassenarbeiten als die verlangten geschrieben wurden oder wenn in die Note nur die Leistungen des zweiten Halbjahres eingegangen sind).
- Unterschreiben Sie das Zeugnis Ihres Kindes nicht, solange noch Klärungsbedarf besteht. Suchen Sie am besten noch am Zeugnistag das Gespräch mit dem Lehrer. In Nordrhein-Westfalen haben die Lehrer an diesem Tag Anwesenheitspflicht in der Schule bis 13 Uhr.
Wie sind die Zeugnisformulierungen zu verstehen?
„Daniel bemühte sich stets, sich an die Klassenregeln zu halten.“ Dieser Satz aus dem Zeugnis ihres Sohnes führt bei Daniels Eltern zu Uneinigkeit. Daniels Mutter versteht ihn im negativen Sinne: Daniel hat wohl versucht, die Regeln einzuhalten, schafft es aber meist nicht. Daniels Vater dagegen sieht es ganz anders: Er freut sich, weil sein Sohn sich anstrengt, ein regelkonformes Verhalten zu zeigen. Angeregt diskutieren die beiden miteinander.
Wer hat Recht? Die Antwort ist ganz einfach: Im Gegensatz zu Arbeitszeugnissen sind Schulzeugnisse wörtlich zu nehmen. Der Lehrer beschreibt aus seiner Sicht, wie sich Ihr Kind entwickelt, welche Arbeitshaltung es zeigt, wie es sich in der Klassengemeinschaft verhält und wie seine Leistungen in den Fächern einzustufen sind. Die in Arbeitszeugnissen berüchtigte und eindeutig negativ besetzte Redewendung „bemühte sich stets“ ist in einem Schulzeugnis wie im Beispiel oben also durchaus positiv zu verstehen (so wie Daniels Vater es auch tut). Kritikpunkte sind in Zeugnissen allerdings meist positiv verpackt, weil Zeugnisse motivierend sein sollen und keine negativen Bewertungen enthalten dürfen (so steht es etwa im Schulgesetz von NRW).