Was tun gegen die abendlichen Schreistunden bei kleinen Babys?

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Hallo liebe Frau Dr. Schmelz,

vor knapp acht Wochen kam unsere kleine Rosemarie zur Welt. Wir sind sehr glücklich über unser drittes Kind. Doch habe ich jetzt eine Frage. Können Sie mir ein Tipp geben, warum die Kleine immer abends, ca. um 17.00 Uhr, ihre Schreistunde bekommt? Sie trinkt Muttermilch, danach schläft sie kurz ein und weint dann ca. eine Stunde, manchmal auch drei Stunden. Ich bekomme die Kleine nur kurz zur Ruhe, dann geht es wieder los. Oft kann ich sie nur mit dem Nuckel beruhigen bzw. zum Einschlafen bringen. Ist Rosemarie nur müde und kommt nicht in den Schlaf? Am Tag schläft sie viel und in der Nacht schläft sie oft sechs bis sieben Stunden.

von Frau N.

Antwort von: Dr. med. Andrea Schmelz

Liebe Frau N.,

Die beschriebenen „Schreistunden“ am Spätnachmittag kommen recht häufig vor und werden oft als Dreimonatskoliken bezeichnet, weil sie in der 2. bis 3. Lebenswoche beginnen, ihr Maximum in der 6. bis 8. Lebenswoche haben und nach 12 Wochen meist aufhören. Doch nicht bei allen Kindern stecken wirklich Blähungen und Bauchschmerzen dahinter.

Oft sind diese Schreistunden eher Ausdruck einer im Laufe des Tages angesammelten Überreizung. Mit drei Kindern geht es bei Ihnen sicher öfter turbulent zu und abends kommt dann vermutlich auch noch der Papa heim – das kann den Kleinen schon mal zu viel werden. Um Spannungen abzubauen, brüllen sie dann. Dabei schlucken sie oft viel Luft, was schließlich wirklich zu Blähungen und Bauchschmerzen führen kann und das Ganze noch verstärkt.

Wichtig ist ein möglichst regelmäßiger Tagesablauf mit regelmäßigen Schlafphasen – aber das dürfte nicht so das große Problem sein, da Rosemarie ja wohl ohnehin relativ gut schläft tagsüber. Wenn sie schreit, sollten Sie Rosemarie vom Rest der Familie abschirmen und für Ruhe sorgen (höchstens leise Schlafmusik, am besten gedämpftes Licht) und auch die Beruhigungsmethoden nicht zu schnell wechseln – das kann die Kleinen noch mehr verwirren. Babys brauchen oft einige Minuten, sich auf einen Beruhigungsversuch (z. B. wiegen oder singen) einzustellen. Ein schneller Wechsel – weil es ja nichts hilft – wirkt zusätzlich überreizend.

Gute Erfolge erzielen viele Eltern mit der Beruhigungsmethode nach Harvey Karp, die ich Ihnen nachfolgend beschreibe.

Bitte genau an die Reihenfolge halten und nur so viele Schritte anwenden, wie nötig, um das Baby zu beruhigen:

  1. Baby in eine leichte Decke einwickeln, so dass es Arme und Beine nur ein wenig bewegen kann (gibt Begrenzung wie in der Gebärmutter; hilft, Reflexzuckungen von Armen und Beinen zu unterbinden)
  2. Auf die Seite legen (Embryohaltung, gegen Umfallen in Bauchlage sichern, z. B. durch zusammengerollte Decke, Kissen in den Rücken)
  3. Geräuschkulisse: Schschsch-Laute (etwa so laut wie das Schreien des Babys) oder auch Staubsauger-/Fön-Geräusch (Tipp: Geräusch auf Kassette aufnehmen, um Geräte zu schonen! In den ersten 3 Monaten wirkt auch ein alter Wecker mit seinem lauten Ticken ganz hervorragend!)
  4. Sanftes Wiegen (in einer Wiege oder Hängematte, in den ersten 3 Lebensmonaten auch auf dem Arm oder auf den Oberschenkeln von Mutter/Vater liegend, wobei die Beine auf und ab oder nach links und rechts bewegt werden; Rhythmus an Babygeschrei anpassen: je heftiger, desto schneller)
  5. Saugen lassen als „letzte Rettung“ (Brust, Schnuller, Flasche oder sauberen Finger anbieten, wenn Baby sich etwas beruhigt hat)

Alles Gute und viel Erfolg!

Herzliche Grüße

Ihre Dr. med. Andrea Schmelz