Was tun, wenn Kinder abends nicht im Bett bleiben wollen?

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von Frau G.

Liebe Frau Dr. Schmelz,

ich wende mich heute an Sie, weil ich am Verzweifeln bin. Trotz des täglichen Abendablaufs mit gemütlichem Abendbrot, Waschgang, Gutenachtgeschichte und Schmuseminute beginnt unsere Tochter Helene (4 ½ Jahre) mit ihrem Theater (wie wir es benannt haben). „Ich hab noch dies, mir fehlt noch das, ich muss noch pullern…“ ruft sie uns aus dem Bett in die benachbarte Küche zu. Wir erklären ihr dann, dass jetzt alles schlafen will und gehen wieder.

Manchmal bockt und schreit sie, wenn wir nicht mehr reagieren. Es ist für alle sehr nervenaufreibend und es vergeht fast eine Stunde, ehe endlich Ruhe einkehrt. Bitte helfen Sie uns, die Atmosphäre zu entspannen.

Antwort von: Dr. med. Andrea Schmelz

Liebe Frau G.,

so, wie Sie die Situation beschreiben, scheint Helene nicht unter Trennungsängsten oder Angst vor der Dunkelheit zu leiden, sondern ist entweder zur Bettgehzeit noch nicht ausreichend müde und/oder hat Angst, etwas zu verpassen. Außerdem scheint sich schon ein gewisser Machtkampf um das Zubettgehen entwickelt zu haben.

Versuchen Sie einerseits, Helene durch viel frische Luft und Bewegung richtig müde zu bekommen. Verlegen Sie außerdem die Schlafenszeit nach hinten. Vielleicht braucht Ihre Tochter weniger Schlaf als Sie denken und würde schneller einschlafen, wenn Sie sie erst später zu Bett bringen oder morgens entsprechend früher aufwecken würden. Versuchen Sie einmal, Helene erst zu der Zeit schlafen zu legen, zu der sie normalerweise nach ihrem „Abendtheater“ einzuschlafen pflegt.

Wenn es sich bei Helene eher um einen abendlichen Machtkampf handelt als um irgendwelche Ängste und Sie mit den oben geschilderten Maßnahmen keinen Erfolg haben, können Sie in diesem Alter ein Schlaftraining durchführen, etwa die Freiburger Sanduhr-Methode (siehe z. B. hier: www.kinderschlaflabor.net/sites/schlaf/sanduhrm.html). 

Noch ein Tipp, der das abendliche Rauskommen aus dem Zimmer bessern kann: Beliebte Gründe wieder „aufzutauchen“ wie das Trinken-müssen oder den Toilettengang sollten Sie schon vorbeugend in das Abendritual mit einbeziehen! Vereinbaren Sie darüber hinaus mit Helene, dass sie drei Gutscheine (oder auch Bälle oder andere Gegenstände) bekommt. Immer, wenn sie nach dem Schlafenlegen wieder aus dem Zimmere herauskommt, muss sie dafür einen Gutschein (oder Ball) bei Ihnen abgeben. Wenn alle abgegeben sind, muss sie in ihrem Zimmer bleiben. Sollte sie danach nochmal auftauchen, wird sie wortlos zurückgeführt – schließlich ist sie „offiziell“ in ihrem Bett…

Der Trick dabei: Die meisten Kinder heben sich einen Gutschein/Ball für „Unvorhergesehenes“ auf – die Nacht ist schließlich lang und man weiß nie, ob man nicht später noch wirklich ganz dringend zu Mama und Papa muss… So beschränkt sich das abendliche Auftauchen in der Regel auf zwei Mal. Als besonderen Anreiz können Sie Helene eine Belohnung versprechen, wenn sie am nächsten Morgen noch alle drei Gutscheine/Bälle hat.

Herzliche Grüße

Ihre Dr. med. Andrea Schmelz