Wie erkenne ich eine Leseschwäche?

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Liebe Frau Reimann-Höhn,

unser Sohn ist sieben Jahre und in der zweiten Klasse. Er kann noch nicht flüssig lesen und rät manchmal Wörter, verschlingt Endungen oder erfindet Wörter beim Lesen, wenn es ihm zu langsam geht. Er liest fremde Wörter noch sehr schlecht und auch gängige Wörter, wie z. B. Mutter, nicht in einem Zug, sondern als Mut-ter. Obwohl die Lehrerin der ersten Klasse uns u. a. auch im Zeugnis bestätigt hat, dass er gut lesen kann, ist dem nicht so. Und jetzt merken wir das auch in anderen Fächern, denn er braucht z. B. zu lange, um die Aufgabenstellung in den Mathe-Aufgaben zu erfassen oder bald auch Textaufgaben zu lösen. Handelt es sich dabei um eine Leseschwäche? Was können wir tun, um unserem Sohn zu helfen?

von Anonym

Antwort von: Dipl.-Päd. Uta Reimann-Höhn

Liebe Leserin,

zunächst einmal möchte ich feststellen, dass in den Rahmenrichtlinien der Schulen erst am Ende der zweiten Klasse flüssiges Lesen erwartet wird. Leider nimmt die Erwartungshaltung von Eltern und Lehrern durch den wachsenden Leistungsdruck so zu, dass das oftmals ganz in Vergessenheit gerät und auch die etwas langsameren Kinder schnell unter Druck geraten. Ein Kind, das zu Beginn des zweiten Schuljahres noch stockend liest, ist ganz normal, in der Mitte der zweiten Klasse sollte es dann bekannte Wörter und kleine Sätze schon recht gut hinbekommen.

Bitte klären Sie unbedingt, ob Ihr Sohn nur fremde Wörter stockend liest und bekannte Wörter einfach zu langsam. Wenn er alle Buchstaben kennt und auch Silben zusammenziehen kann, auch wenn er (langsam) liest, sollten Sie sich jetzt keine Sorgen wegen einer Leseschwäche machen. Alle Grundlagen zum schnellen und flüssigen Lesen sind dann nämlich bereits vorhanden und müssen trainiert werden. Jetzt hilft einzig und allein Lesen – Lesen – Lesen. Probieren Sie dies: Schließen Sie mit Ihrem Sohn einen Vertrag ab. Er liest täglich 15 Minuten (freiwillig), darf aber jeden zweiten Tag selber aussuchen, was er liest. Dafür bekommt er einen Monat lang täglich eine Belohnung, zum Beispiel in Form eines Punktes. Für die Punkte kann er Preise bekommen – Sie wissen sicherlich selber gut, was ihn begeistern würde. Mit der Motivation sollte sich die Lesehäufigkeit und damit auch die Lesekompetenz Ihres Sohnes nach und nach steigern. Falls sich das Lesetempo wider Erwarten bis zum Ende der zweiten Klasse nicht verbessert, wäre dann der richtige Zeitpunkt gekommen, einen Test auf eine Leseschwäche einzuleiten.

Viel Erfolg wünscht

Ihre Uta Reimann-Höhn