10 Regeln für ein entspanntes Familienleben mit Kindern

Wenn Ihr Kind früh grundlegende Verhaltensregeln für ein harmonisches Familienleben lernt, kann es sie später auch sicher anwenden. Lesen Sie in diesem Beitrag, welche zehn Regeln für ein entspanntes Familienleben unverzichtbar sind. 

Inhaltsverzeichnis

Regeln fürs Familienleben

Diese Aussage dürften wohl bei vielen Eltern ein zustimmendes Kopfnicken auslösen. Zu unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse müssen Tag für Tag unter einen Hut gebracht werden. Trotzdem gelingt es vielen Familien, auch schwierige Situationen zu meistern und im Umgang miteinander tolerant und respektvoll zu sein. Verbindliche Regeln helfen dabei, diese alltägliche Herausforderung zu meistern.

Eine Studie des Bundesforums Familie (www.bundesforum-familie.de) kommt zu dem Ergebnis, dass sich 99 Prozent der Eltern ihrer Verantwortung als Vorbilder bewusst sind. Die überwiegende Mehrheit der Eltern ist bemüht, grundlegende Prinzipien an ihre Kinder zu vermitteln und ihnen zentrale Werte und Fähigkeiten vorzuleben. Viele Eltern sind jedoch unsicher, wie sie ihren Kindern diese Werte und Verhaltensweisen vermitteln sollen, denn junge Familien fühlen sich häufig wie auf dem Präsentierteller und haben Angst, etwas falsch zu machen. Doch zu zögerlich sollten sie nicht sein, denn ohne klare Regeln für das Familienleben können Kinder sich nicht orientieren und versuchen immer wieder, Grenzen zu übertreten oder impulsiv ihren Launen zu folgen. Das sieht man auch an diesen Fragen, die mir in meiner Lernpraxis immer wieder gestellt werden:

  • Wie soll ich reagieren, wenn meine Kinder sich schlagen?
  • Wie viel Fernsehen am Tag ist erlaubt?
  • Was mache ich, wenn meine Kinder nicht tun, was ich ihnen sage?
  • Was mache ich, wenn meine Kinder mich anschreien oder Schimpfwörter benutzen?
  • Wie erreiche ich, dass meine Kinder nicht lügen?
  • Was soll ich tun, damit meine Kinder pünktlich ins Bett gehen?
  • Wann machen meine Kinder am besten ihre Hausaufgaben?
  • Wie soll ich auf schlechte Noten reagieren?

Regeln entlasten das Familienleben

All diese und weitere Fragen verdeutlichen ganz wichtige Situationen im Familienleben, die zu einer Krise führen können. Sind Eltern sich nicht darüber im Klaren, wie sie wann am besten reagieren, fehlen den Kindern Richtlinien, an die sie sich halten können. Diese Richtlinien können durch Regeln erreicht werden, die für alle Familienmitglieder verbindlich sein müssen.

Dabei gilt: Regeln werden nicht jeden Tag aufs Neue diskutiert. Einmal festgelegt, haben sie solange Gültigkeit, bis sie wieder aufgehoben oder modifiziert worden sind. Das schafft bei Kindern wie Eltern Klarheit und Entlastung.

Regeln machen Ihrem Kind deutlich, wer der Chef im Familienleben ist

So schön ein kameradschaftlicher Ton in der Familie auch ist, eines sollte von Anfang an ganz klar sein: Die Eltern sind die Chefs, sonst geht schnell alles drunter und drüber. Machen Sie sich klar, welche Punkte Ihnen im Familienleben ganz besonders wichtig sind und stellen Sie dafür Regeln auf.

Beispiel: Sie möchten abends endlich Ruhe haben und eine Fernsehsendung genießen? 

Regel: Um 20 Uhr sind alle Kinder im Bett.

Beispiel: Sie sind genervt, weil morgens immer das Schulchaos ausbricht?

Regel: Alle Ranzen werden abends schon gepackt.

  • Mein Tipp: Schreiben Sie eine Woche lang jeden Abend auf, was am Tag chaotisch gelaufen ist und was Sie gerne verbessern würden. Entwickeln Sie am Ende der Woche dann vorerst eine oder zwei Regeln, die die aktuelle Situation ändern können. Später können weitere Regeln eingeführt werden.

Jede Familie braucht ihre eigenen individuellen Regeln

Die gesellschaftlichen Anforderungen an Eltern sind umfangreich und nicht immer leicht zu erfüllen. Daher ist es umso wichtiger, dass sich jede Familie darüber klar wird, was ihre eigenen Ziele und Wertvorstellungen sind. Dabei gilt es, Nah- und Fernziele zu unterscheiden sowie Regeln zu formulieren und diese praktisch umzusetzen. Die folgenden Nah- und Fernziele in Tabellenform zeigen, wie das in den meisten Familien gut funktionieren kann.

10 Regeln für ein harmonisches Familienleben und weniger Stress

Interesse für andere zeigen
NahzielEin offener und positiver Umgang in der Familie sowie mit Freunden und Verwandten.
FernzielKompetenz im Umgang mit anderen Menschen erlangen, sich in Gruppen einfügen können, andere Meinungen zulassen, geduldig werden.
Regel 1. Wir hören zu und lassen andere ausreden!

Beispiel: Paul ist enttäuscht, weil er sich auf einen Besuch im Schwimmbad gefreut hat. Nun eröffnet ihm seine Mutter, dass aus dem gemeinsamen Ausflug nichts wird, weil sie Kopfschmerzen bekommen hat. Obwohl Paul sehr wütend und traurig ist, gelingt es ihm, der Erklärung seiner Mutter bis zum Ende zuzuhören. Früher hat er seinem Zorn oft sofort nachgegeben, hat andere nicht ausreden lassen und sofort angefangen herumzuschreien. Seit er übt, andere nicht zu unterbrechen, gelingt ihm dies auch immer öfter in schwierigen Situationen. Er versteht nun die Beweggründe der anderen besser und ist auch nicht mehr so wütend. Gemeinsam überlegen beide dann in Ruhe, wann der Schwimmbadbesuch nachgeholt werden kann. So fühlt sich Paul ernst genommen.

Den Alltag gemeinsam erleben
NahzielJeden Tag etwas Zeit füreinander zu haben, mitbekommen, wie es den anderen geht.
FernzielDas Familienleben pflegen, egal was außerhalb passiert. Einen ruhenden Pol haben, sich aufgehoben fühlen und – sich gesund ernähren.
Regel 2. Wir essen (und kochen) einmal am Tag gemeinsam!

Beispiel: In der Familie von Tamara sind alle immer sehr beschäftigt. Jeder hat mindestens ein Hobby,das neben der Schule die Nachmittage füllt. Tamaras Eltern arbeiten beide und sind oft mittags noch nicht zu Hause. Das gemeinsame Familienleben in der Woche leidet unter den vielen Terminensehr, und auch die Wochenenden sind durch sportliche Termine oft sehr verplant. Das tägliche gemeinsame Abendessen verhindert, dass sich die Familie voneinander entfernt.

Etwas zusammen unternehmen
NahzielEtwas gemeinsam unternehmen.
FernzielDas Gemeinschaftsgefühl stärken, den Horizont erweitern, alternative Beschäftigungsarten kennen lernen.
Regel3. Wir machen einmal in der Woche etwas zusammen!

Beispiel: Damit das Wochenende nicht nur vor dem Fernseher oder am PC verbracht wird, brauchen Kinder Anregungenund müssen auch lernen, selber Vorschläge für Unternehmungen zu machen.Jedes Familienmitglied kann während der Woche Vorschläge machen, was am Wochenende gemeinsamen unternommen werden kann, z. B. Zoobesuch, Burgbesichtigung, Gesellschaftsspiel etc. Dann wird abgestimmt.

Verantwortung übernehmen lernen
NahzielVerantwortung übernehmen, sich als wichtiges Mitglied der Familie empfinden.
FernzielDie eigene Rolle und den eigenen Wert im Miteinander mit anderen erkennen! Rechte und Pflichten akzeptieren.
Regel4. Jeder hat einen eigenen Aufgabenbereich, den er verantwortungsbewusst übernimmt!

Beispiel: Jedes Kind hat einen eigenen Verantwortungsbereich im Familienleben, z. B. die Wüstenmaus füttern, die Pflanzen gießen, den Balkon kehren, die Spülmaschine ausräumen etc. So erfahren Kinder schon früh, dass das Zusammenleben aus gegenseitiger Unterstützung besteht. Ihre Aufgabe macht sie stolz und stärkt ihr Selbstwertgefühl.

Keine Gewalt!
NahzielBei Streitigkeiten wird keine Gewalt ausgeübt, die Kinder verletzen sich nicht.
FernzielKonflikte gewaltfrei lösen.
Regel5. Wir tun uns nicht weh!

Beispiel: In Streitsituationen greifen Eltern immer dann ein, wenn Gewalt (Haare ziehen, Schlagen, Treten, Beißen etc.) ausgeübt wird. Gewalt als Lösung wird nicht akzeptiert. Das bedeutet auch: Eltern lösen Konflikte gewaltfrei untereinander, denn sie sind hier als Vorbilder besonders gefordert.

Ehrlich sein!
NahzielDie Kinder haben keine Angst, die Wahrheit zu sagen.
FernzielAuch in schwierigen Situationen zu seinen Fehlern stehen und die Wahrheit eingestehen können.
Regel6. Wir lügen nicht und stehen für unsere Fehler ein!

Beispiel: Leon ist aus Versehen auf eine Fernbedienung seines kleinen Bruders getreten, mit der dieser sein neues Auto steuern kann. Das Gerät ist sofort zerbrochen. Anstatt es heimlich unters Bett zu schieben und so zu tun, als wüsste er von nichts, beichtet Leon seinen Eltern das Unglück. Die Eltern loben ihn für seine Ehrlichkeit und besprechen dann mit beiden Jungen, welche Möglichkeiten es gibt, die Fernbedienung zu ersetzen.

Nicht zu viel Bildschirm
NahzielKeine ständigen Diskussionen um Fernsehen und PC.
FernzielKinder lernen, dass Unterhaltung nicht nur vor dem Bildschirm möglich ist, sie entwickeln vielfältige Interessen.
Regel7. Jeden Tag gibt es höchstens eine Stunde "Bildschirmzeit"!

Beispiel: Um das Diskussionsthema Nummer 1 im Familienleben zu entschärfen, sind klare Fernsehregeln unerlässlich. Allerdings brauchen Kinder Alternativen zu Fernsehen und PC. Sie lesen beispielsweise, basteln, spielen mit Freunden oder gehen einem Hobby nach. Auch hier ist die Vorbildfunktion der Eltern gefragt.

Das Lernen lernen
NahzielKeine endlosen Diskussionen, wann und ob Hausaufgaben gemacht werden.
FernzielKinder lernen, dass Leistungsanforderungen (Hausaufgaben, Arbeitsvorbereitungen, Texte lesen) normal sind und zum Alltag gehören.
Regel8. Eine Stunde am Tag werden Hausaufgaben gemacht.

Beispiel: Hausaufgaben sind Teil des Schulalltags, sie finden in einem festen, überschaubaren Rahmen und an einem gleich bleibenden Platz statt, z. B. täglich von 14 bis 15 Uhr am Schreibtisch. Je eher sich Kinder an das regelmäßige Arbeiten gewöhnen, desto leichter können sie damit auch in der Pubertät oder als Jugendlicher umgehen.

Freiräume haben und bei anderen akzeptieren
NahzielKinder nehmen sich Zeit und lassen Eltern Zeit.
FernzielKinder lernen, stressresistent zu werden und sich Auszeiten zu nehmen. Sie lernen auch, die Bedürfnisse von anderen zu akzeptieren.
Regel9. Das Auszeit-Schild muss akzeptiert werden.

Beispiel: Im Familienleben von Sven geht es oft hektisch und laut zu. Wenn jemand Ruhe braucht und allein sein möchte, muss er das deutlich zeigen. Jedes Familienmitglied hat daher ein eigenes Schild „Bitte nicht stören“, das es benutzen kann. Sobald das Schild an der Zimmertür hängt, müssen die anderen es mindestens 15 Minuten akzeptieren und den anderen in Ruhe lassen.

Struktur im Alltag
NahzielDer Abend ist planbar, auch bezüglich verschiedener Termine. Tägliche Diskussionen finden nicht statt.
FernzielEin geregelter Tagesablauf wird durch klare Aufsteh- und Zubettgehzeiten begrenzt. Das hilft auch später bei Studium und Beruf.
Regel10. Es gibt eine festgelegte Zubettgehzeit.

Beispiel: Während der Schulwoche ist es wichtig, dass Constanze (9 Jahre) genug Schlaf bekommt, sonst ist sie müde, reizbar und unkonzentriert. Daher geht sie jeden Abend pünktlich um 20 Uhr ins Bett, wo sie noch einige Zeit lesen oder Musik hören darf. Spätestens um 21 Uhr schläft sie dann, denn um 7 Uhr muss Constanze wieder aufstehen. Ihre Eltern fühlen sich durch diese Regel auch entlastet, denn sie wissen, dass ab 20 Uhr Ruhe einkehrt.

Passt das auch für Ihr Familienleben?

Nicht für alle Familien sind immer die gleichen Regeln sinnvoll. Bestimmte Besonderheiten, vielleicht der Schichtdienst eines Elternteils oder die Krankheit eines Kindes, machen individuelle Abweichungen notwendig. Probieren Sie also unsere Regeln aus und modifizieren Sie sie, wenn es nötig und sinnvoll ist. Falls beispielsweise das tägliche gemeinsame Essen nicht umsetzbar ist, suchen Sie nach einer passenden Alternative!

Regeln des Familienlebens anpassen!

Kinder werden älter und entwickeln sich, und auch einige Familienregeln müssen mitwachsen. Überdenken Sie, ruhig gemeinsam mit Ihren Kindern, alle paar Monate das familiäre Regelwerk. Selbstverständlich gilt die Gewaltlosigkeit auch noch bei Pubertierenden, aber die Zubettgehzeit oder der gemeinsame Wochenendausflug verändern sich bestimmt. Je älter Ihr Kind wird, desto aktiver kann es an der Gestaltung der Familienregeln beteiligt werden.

  • Mein Tipp: Um den Umgang mit Regeln zu demonstrieren und Ihr Kind dafür zu gewinnen, kann es sinnvoll sein, dass jedes Kind eine eigene Regel aufstellen darf, an die sich dann auch alle anderen halten müssen. Probieren Sie es einmal aus, und seien Sie nicht erstaunt, wenn Ihr Sohn darauf besteht, dass samstags alle im Vereinstrikot zum Fußballspiel erscheinen müssen, oder Ihre Tochter verlangt, dass dienstags alle etwas in Rosa tragen sollen.