Übungen zum Referat: So hilft Sprechdenken dabei!
Lern- und Arbeitstechniken
Sprachhandeln: Wie funktioniert das?
Erst denken, dann sprechen ... So weit ist man sich allgemein einig, und falsch ist dieser Ratschlag auch ganz sicher nicht. Das Denken, das Fassen einer Idee, ist Grundvoraussetzung für das Sprechen, die Sprache bietet dann die Möglichkeit, sich und seine Gedanken anderen Menschen mitzuteilen. Doch in Bezug auf das Sprachhandeln muss man sich klarmachen, dass es sich dabei um zwei Prozesse handelt, die keineswegs linear und strikt getrennt voneinander, sondern vielmehr parallel zueinander ablaufen. Das Sprechen ist nicht einfach nur das Hörbarmachen eines Gedanken, sondern fördert gleichermaßen die Weiterentwicklung dessen, was uns im Kopf „sitzt“. Denn zu Beginn des Sprechens ist ein Gedanke oder eine Meinung keineswegs gänzlich ausgereift und ausgearbeitet. Sicher haben auch Sie bzw. Ihr Kind sich im Alltag schon in unzähligen Situationen dabei ertappen können, wie Sie gewissermaßen Selbstgespräche führen, also Ihre Gedanken halblaut vor sich hin murmeln. Das sind keineswegs eigentümliche Verrücktheiten oder Spleens, sondern entweder Gefühlsausbrüche (wer kann sich schon ein lautes „Aua!“ verkneifen, wenn er sich den Kopf gestoßen hat?) oder Versuche, die eigenen Gedanken zu strukturieren, in Beziehung zueinander zu setzen und zu einem klaren Ende zu bringen. Dabei kann es sich um das Strukturieren des Tagesablaufs handeln („zuerst mach ich Mathe – dann ist der Deutschaufsatz fällig – danach holt mich Malte zum Training ab – abends bin ich mit Theresa und Jenni im Kino verabredet“) oder um den Versuch, Lösungen für bestehende Probleme zu finden. Der Gedanke führt also zum Sprechen, das Sprechen entwickelt wiederum den Gedanken.
Die 3 Ebenen der Sprachproduktion
Stellen Sie sich das Sprechen als Produktionsgebäude mit drei Räumen vor. In jedem dieser drei Räume wird ein anderer „Sprech-Baustein“ produziert:
Raum 1: Konzeptualisierung
Im ersten Raum , dem „Raum der Konzeptualisierung“, entstehen Gedanken und Ideen über das, was man sagen möchte. Hier fasst man einen inhaltlichen Plan, eine Meinung oder einen Gedanken. Das Konzeptualisieren beschränkt sich allerdings nicht nur auf das, was man zum Besten ge ben will, sondern auch auf die Hörererwartung. Das, was Ihr Kind im Schulunterricht sagt, wird sich also bis zu einem bestimmten Punkt auch an dem orientieren, was der Lehrer gerne hören möchte.
Raum 2: Formulierung
Im nächsten Raum geht es nun darum, seine Gedanken in eine bestimmte Form zu bringen. In diesem „Raum der Formulierung“ befindet sich gewissermaßen ein riesengroßes und umfangreiches „mentales Lexikon“, aus dem man die geeigneten Begriffe selektiert und aktiviert. Genauer gesagt: Man sucht in diesem Lexikon nach passenden Begriffen, die die Dinge beschreiben, über die man sich mitteilen möchte. Handelt es sich dabei beispielsweise um ein Gebäude aus Holz, das auf einer Wiese steht und Tieren mit schwarzen Flecken, die Milch geben, Schutz bietet, müssen Sie erst einmal die Liste aller Gebäudebezeichnungen und Tiernamen „durchspielen“ und die adäquaten Begriffe auswählen. In diesem Raum findet man also Fragmente, die das Fundament für die späteren Sätze bilden. Diese Bausteine der Inneren Sprache sind lediglich Vorstellungen dessen, was man sagen will, aber in keinem Fall fertige, ausgefeilte und wohlgeformte Sätze. Wäre dem so und würde man in diesem Raum schon den ganzen Satz haarklein vorbereiten, deklinieren und konjugieren, würde das zu einer enormen (viel leicht auch ganz witzigen) Verzögerung im Redefluss führen. Stellen Sie sich an dieser Stelle ruhig einmal vor, wie unter solchen Voraussetzungen eine Kundenberatung im Kaufhaus oder gar eine Diskussion im Klassenraum Ihres Kindes aussehen würde. Wenn für jeden Redebeitrag erst ein Gedanke gefunden werden muss, den man dann auch noch Wort für Wort und komplett von vorne bis hinten in einem Satz der Inneren Sprache vorbereitet, um ihn danach erst zu artikulieren, würden 45 Minuten für eine Schulstunde wohl kaum ausreichen.
Raum 3: Artikulation
Haben Sie nun diese ersten beiden Räume hinter sich gelassen, betreten Sie den dritten und somit letzten Raum auf dem Weg zum fertigen Satz, den „Raum der Artikulation“. In diesem Raum müssen Sie nun das, was als Gedanke und in Form grober Textbausteine schon vorhanden ist, nur noch (mit Hilfe von Zunge, Zähnen, Stimmlippen usw.) in eine lautliche Struktur umwandeln, also „vertonen“. Eigentlich alles ganz leicht, oder? Wie kann es also sein, dass man bei Rückfragen im Referat plötzlich sprachlos ist? Schuld daran ist eine Störung in einem der drei Räume. Wenn es an der Konzeptualisierung, der Formulierung oder der Artikulation hapert, bleiben Ihrem Kind während des Referats die Wörter geradezu im Halse stecken. Heiserkeit oder eine geschwollene Lippe können mögliche Gründe sein, warum der „Raum der Artikulation“ nicht betriebsbereit ist, eine neurologische Störung (z.B. Aphasie) könnte den „Raum der Formulierung“ außer Gefecht setzen. Wenn Ihr Kind im Rahmen einer Präsentation (Referat, Buchvorstellung, Prüfung etc.) auf Rückfragen keine Antworten findet, liegt es jedoch zumeist einfach daran, dass es nicht schnell genug einen passenden Gedanken bzw. eine mögliche Antwortidee entwickeln kann. Die Fähigkeit, im Stegreif Antworten und Ideen zu liefern, ist für Ihr Kind im Schulalltag aber durchaus wichtig – nicht nur bei Referaten, auch bei Diskussionen im Unterricht und mitunter sogar auf dem Schulhof in der Pause. Falls Ihrem Kind diese Art der Spontaneität Probleme bereitet bzw. es sich hier noch verbessern möchte, können ein paar einfache Übungen ausreichen, um damit den ersten Raum zu „tunen“.3 Übungen, die das Sprechdenken trainieren und Referate erleichtern
Übung 1: Assoziationsketten
Bei diesem Spiel geht es darum, Ketten aus Wörtern oder ganzen Sätzen zu bilden, wobei jedes Glied dieser Kette sich am jeweils vorausgehenden orientiert. Grundsätzlich besteht dadurch die Möglichkeit, diese Assoziationsketten unendlich weiterzuführen oder zumindest so lange, bis man keine Lust mehr hat. Natürlich sind diese Erfahrungen und Verknüpfungen bei jedem Menschen anders, sodass nach einiger Zeit durchaus witzige Assoziationen zustande kommen können. Um eine solche Kette zu starten, benötigen Sie im Grunde nichts außer ein paar Mitspieler und einen kleinen Gegenstand (z.B. einen Tennisball). Der erste Redner hält den „Redeball“ in der Hand, bekommt einen völlig willkürlichen Begriff vorgegeben und muss nun möglichst schnell eine Assoziation zu diesem Begriff finden und laut sagen. Anschließend wirft er den Tennisball einem Mitspieler zu, der dann seinerseits eine Verknüpfung zu dem Begriff seines Vorgängers herstellt usw. Ein Beispiel hierfür könnte wie folgt aussehen: Schweden --- Elche --- Elchtest --- Mercedes --- BMW --- Bayern --- Weißwurst etc. Haben Sie genügend Mitspieler gefunden, können Sie auch zwei oder drei Redebälle ins Spiel bringen, um so das Tempo noch weiter zu erhöhen. Beziehen Sie doch gleich Ihre gesamte Familie in dieses Spiel ein. Die einzige Regel, die es zu beachten gilt, ist die des Tempos. Ziel dieser Übung ist das schnelle und spontane Finden von Ideen und Gedanken. Der Erfolg hängt maßgeblich von der Geschwindigkeit ab, mit der die Assoziationskette gesponnen wird. Lassen Sie sich also nicht allzu viel Zeit und sprechen Sie spontan aus, was Ihnen zuerst durch den Kopf schießt.