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Lesen lernen ist kompliziert für Ihr Kind und es benötigt dazu mindestens ein halbes, manchmal sogar bis zu zwei Jahren Zeit.
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Lesen lernen leicht gemacht: Einfache Tipps und Übungen für Ihr Kind

So können Sie das Lesen üben

Aus meiner Unterrichtserfahrung weiß ich, dass manche Kinder leider nicht mühelos Lesen lernen können und zusätzliche Hilfen beim Lesen üben benötigen. Daher stelle ich Ihnen im folgenden Artikel Lerntipps vor, mit denen Sie Ihr Kind von Anfang an beim Lesen lernen begleiten können. 

Expertenrat von 
Annette Holl, Grundschullehrerin

Lesen lernen: Wie schafft Ihr Kind das in der ersten Klasse?

Lesen lernen ist kompliziert für Ihr Kind und es benötigt dazu mindestens ein halbes, manchmal sogar bis zu zwei Jahren Zeit. Ein Erstklässler muss beim Lesen lernen zu ihm bisher unbekannten Hieroglyphen/Zeichen (= Buchstaben) eine Übersetzung finden (= die dazu passenden Laute). Erst nach und nach wird er beim Lesen üben aus den einzelnen Buchstaben Wörter zusammensetzen können.

Üben Sie keinen Druck auf Ihr Kind aus, falls es für das Lesen lernen länger braucht, als Sie erwartet haben, sonst verliert es schnell seine Lernfreude! Das Lesen lernen geschieht heutzutage meist mit Hilfe der Anlauttabelle. Dabei handelt es sich um eine Sammlung aller Laute der deutschen Sprache, denen zum Lesen üben passende Anlaut-Bilder zugeordnet sind (z. B. neben dem A ein Affe oder neben dem L ein Löwe).

An den meisten Schulen können Kinder außerdem mit einer Fibel Lesen lernen, einem speziellen Lesebuch für Erstklässler. Es gibt dabei verschiedene methodische Ansätze wie z. B. das Lesen in Silben (die Kinder üben beim Lesen lernen von Anfang an Silbenverbindungen wie ma – me – mi und die Texte und Wörter werden zweifarbig abgedruckt). Vielleicht hat Ihr Kind überhaupt keine Fibel? Seien Sie unbesorgt: Ein Leselehrgang ohne Fibel ist erlaubt, wenn der Unterricht den Lernzielen des Lehrplans entspricht.



Welche Voraussetzungen braucht Ihr Kind, um Lesen zu lernen?

Damit Ihr Kind den Prozess des Lesen lernens bewältigen kann, muss es einige Voraussetzungen erfüllen. In meiner Vorschulgruppe verwende ich die folgenden Testaufgaben zum Lesen üben, die mit einfachen ja-/nein-Antworten in einer Viertelstunde ein aussagekräftiges Bild über die Ausgangslage von Schulanfängern vor dem Lesen lernen geben. Überprüfen Sie es auch bei Ihrem Kind!

Einfache Tipps für das Lesen üben bei Erstklässlern

Wenn bei Ihrem Kind Probleme beim Lesen lernen auftreten, sollten Sie zunächst die Fibel oder andere „richtige Bücher“ zum Lesen üben wegräumen, weil die darin enthaltene Textmenge Ihr Kind beim Lesen lernen noch überfordert. Verbessern Sie mit anderen täglichen Übungen beim Lesen lernen die Leistungen Ihres Kindes. Den Eltern meiner Klasse gebe ich hierzu folgende Lerntipps, die sicherlich auch Ihrem Kind beim Lesen lernen helfen.

1. Spiele zum Lesen üben mit der Anlauttabelle oder einem Anlautplakat

Das sichere Erkennen der Buchstaben ist Grundvoraussetzung für das Lesen lernen. Nutzen Sie deshalb die Anlauttabelle Ihres Kindes, falls es von der Schule eine bekommen hat, oder besorgen Sie sich ein Poster mit Buchstaben und Anlautbildern zum Lesen üben. 

  • Nennen Sie Anlaute beim Lesen lernen: Ihr Kind zeigt auf die passenden Bilder und benennt sie.
  • Zeigen Sie auf ein Bild: Ihr Kind nennt beim Lesen üben das passende Wort und den entsprechenden Laut.
  • Ihr Kind bekommt zum Lesen lernen eine Spielfigur und würfelt. Es rückt auf das entsprechende Feld vor und nennt  den Anlaut. Ist die Lösung richtig, darf noch mal gewürfelt werden. Dann sind Sie oder ein anderer Mitspieler dran.
  • Erzählen Sie eine Geschichte, in der verschiedene Dinge von der Anlauttabelle vorkommen (z.B. Ein Löwe trifft eine Maus. Zusammen besuchen sie den Affen). Ihr Kind zeigt beim Lesen üben parallel auf die entsprechenden Bilder.

2. Silbenkarten

Eine grundlegende Lesetechnik zum Lesen lernen ist es, Buchstaben zu Silben zusammenzuziehen. Deshalb ist das Silbentraining von Anfang an sehr wichtig. Schreiben Sie beim Lesen üben Silben mit zwei  Buchstaben (la, le, li, lo, lu usw.) auf einzelne kleine Kärtchen, jede Silbe einmal mit dem Groß- und einmal mit dem Kleinbuchstaben vorne (z. B. Ka – ka).

  • Die Karten mit den Buchstaben, die Ihr Kind schon kennt, liegen verdeckt auf dem Tisch. Abwechselnd wird eine Karte aufgedeckt und vorgelesen. Wurde richtig gelesen, darf die Karte behalten werden. Wer hat am Ende die meisten Karten? Dieses Spiel macht besonders viel Spaß, wenn Ihr Kind es mit einem Freund oder Klassenkameraden auf ähnlichem Leistungsstand spielt.
  • Legen Sie verschiedene Silben hintereinander zu einer Straße. Auf einzelnen Karten liegt ein Gummibärchen. Abwechselnd wird nun mit einer Spielfigur die gewürfelte Anzahl vorgerückt, und die Silben werden gelesen. Besondere Freude wird Ihr Kind haben, wenn es auf die Gummibärchenfelder kommt und sich stärken kann.
  • Versuchen Sie beim Lesen üben zusammen mit Ihrem Kind, aus einzelnen Silbenkarten Wörter zu legen (z. B. Li-mo-na-de oder Scho-ko-la-de).
  • Nennen Sie beim Lesen lernen ein Wort (z. B. Mami). Ihr Kind muss die Karte mit der ersten oder letzten Silbe des Wortes finden.
  • Legen Sie drei oder vier Silbenkarten, die zusammen ein Wort ergeben, vermischt auf den Tisch. Daraus soll Ihr Kind beim Lesen üben nun das Wort zusammensetzen.

3. Raketenlesen in zwei Varianten

Mit diesen Übungen zum Lesen lernen wird die Vorlesetechnik Ihres Kindes schon bald flüssiger werden.

  • Schreiben Sie beim Lesen lernen auf ein Blatt untereinander acht bis zehn Silben (ma, le, si usw.) oder legen Sie Silbenkarten von oben aus. Nun stellen Sie die Stoppuhr auf 20 Sekunden. In drei Durchgängen versucht Ihr Kind nun, so viele Silben wie möglich richtig vorzulesen, dabei beginnt es immer wieder von vorne. Sie zählen jedes Mal die Anzahl der richtigen Silben. Notieren Sie das Ergebnis und machen Sie am nächsten Tag weiter. Verbessert sich Ihr Kind? Steigern Sie beim Lesen lernen den Schwierigkeitsgrad später mit Wörtern oder kurzen Sätzen.
  • Schreiben Sie beim Lesen üben in die erste Reihe das erste Wort eines Satzes, in die zweite Reihe das erste und das zweite Wort usw. (z. B. Wir – Wir lesen – Wir lesen jeden – Wir lesen jeden Tag). Auch jetzt muss Ihr Kind wieder 20 Sekunden lang vorlesen und Sie zählen die richtig gelesenen Wörter.

4. Lese-Mal-Aufgaben

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es Erstklässler sehr zum Lesen lernen motiviert, wenn Sie sinnvolle Sätze lesen können. Schreiben Sie auf einzelne Zettel kurze Anweisungen wie z. B. „Male 1 Tomate!“ oder „Hole 1 Buch!“. Da Handlungen verlangt werden, erkennen Sie schnell, ob Ihr Kind wirklich liest oder (wie oft am Anfang) rät.

4 besondere Lerntipps für leseschwache Kinder ab Klasse 2

Liest Ihr Kind auch in höheren Klassen noch stockend, so sollten Sie die oben genannten Übungen mit den Silbenkarten beim Lesen lernen regelmäßig machen. Unterstützen Sie Ihr Kind beim Lesen lernen mit folgenden Lerntipps: 

  1. Silbenbögen. Setzen Sie unter die einzelnen Silben eines Wortes Bögen, z. B. Eisenbahnwaggon oder Ballonfahrer. Das erleichtert Ihrem Kind das Verschleifen der Buchstaben.
  2. Weckerlesen. Gerade leseschwache Kinder sollten zu Hause täglich laut lesen üben. Allerdings haben sie meist wenig Lust, weil die stockende Lesetechnik sehr anstrengt. Vereinbaren Sie deshalb nur eine kurze tägliche Lesezeit (fünf bis zehn Minuten reichen völlig aus!) und stellen Sie den Wecker. Klingelt er, darf Ihr Kind spielen gehen.
  3. Üben mit dem Kassettenrekorder. Hat Ihr Kind Probleme beim Lesen lernen, so macht es ihm verständlicherweise wenig Spaß, sich immer wieder bloßzustellen, indem es anderen fehlerhaft vorliest. Deshalb ist es sinnvoll, wenn Sie es regelmäßig selbstständig üben lassen. Hierzu kann Ihr Kind sich beim lauten Lesen eines Textes mit dem Kassettenrekorder aufnehmen. Anschließend kann es das Gelesene abhören, leise mitlesen und überprüfen, ob es Fehler gemacht hat. Diese Fehler kann es dann im Ausgangstext markieren und beim weiteren Üben darauf achten.
  4. Briefe/Listen schreiben. Machen Sie Ihrem Kind das Lesen lernen schmackhaft, indem Sie ihm immer wieder kleine Briefe schreiben oder es mit kurzen Einkaufslisten in den Laden schicken. Es wird sehr motiviert sein und alles daran setzen, Ihre Mitteilungen zu entziffern.
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Kommentare zu "Lesen lernen leicht gemacht: Einfache Tipps und Übungen für Ihr Kind"
  • Simona schreibt am 27.02.2019

    Viel vorlesen und noch mehr vorlesen. Immer längere Texte, Geschichten, Märchen, Bücher... Über das Vorlesen wird Interesse an der Fähigkeit des Lesens geweckt, das bestätigen Experten in zahlreichen Untersuchungen...
  • Sylvia schreibt am 19.01.2019

    Hallo,hätte auch gerne die Übungen für besseres Textverständnis.Mein Sohn besucht auch die 1. Klasse.
    Lg
  • Sarah knipping schreibt am 18.11.2018

    Hallo.
    Hätte gerne die Übungen für besseres textverständnis. Mein Sohn ist in der 1 Klasse.

    Lg
  • Steffi schreibt am 23.10.2015

    Hallo, mein Sohn ist im ersten Schuljahr, er kann die Buchstaben durch Spiele wie Buchstabix, Anlaut-Memo alle perfekt, bekommt es jedoch einfach nicht hin Buchstaben aneinanderzureihen und so dann auch auszusprechen. Gibt es eine Möglichkeit dies zu stärken und zu fördern? Ich haben den Buchstabenbaum mit ihm gelesen, damit er den Sinn erkennt. Da er eine angeborene orofaciale Dysfunktion hat und ein Late Talker war mach ich mir Gedanken ob es damit zusammenhängt und er evtl. von Anfang an Unterstützung braucht???
    Herzliche Grüße
    Steffi
  • Annette schreibt am 20.12.2013

    Hallo!

    Habe neuerdings Kontakt zu Fluchtlingskindern. Die einen können in ihrer Sprache lesen, andere haben keine oder kaum Schulbildung. Dazu die Sprache. Manchmal steht noch kein Schulplatz zur Verfügung. Könnte ich mit den oben genannte Methoden etwas Unterstützung anbieten oder gibt es spezielle Angebote?
  • Bernhard schreibt am 06.10.2013

    Vielen Dank für den Artikel. Ich habe ein paar Fragen. Meine sechsjährige Tochter lernt in der ersten Klasse das Lesen über Silben (la li lo, wa wie wo ma mi mo etc). Dabei hat sie allerdings ein wenig Schwierigkeiten. Sie verwechselt manches mal mo mit wo, obwohl sie die Buchstaben unterscheiden kann. Wie kann ich sie am besten unterstützen? Sollte Sie die Ähnlichkeiten der Laute selbst erschliessen können (so, wo, mo) oder wird sie das eher überfordern (was ich auch keine Fall möchte). Ist es ok, wenn ich die Silben zum ersten lernen vorsage und sie diese wiederholt?

    lg
    Bernhard
  • Marlene schreibt am 22.08.2013

    Ja, danke für diese prima und vielen Tipps!
    Mit einem Kassettenrekorder habe ich auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Kinder hören sich dann selbst, was ihnen Freude macht, und hören auch, wie es klingt, was sie lesen, und lernen ohne große Korrektur besser zu lesen.
  • Michael schreibt am 29.05.2013

    Hallo und danke für den Artikel und die spannenden Tipps.
    Bei Zauberlesen versuchen wir gerade, für Leseanfänger und Fortgeschrittene Geschichten zu erstellen, die einerseits gezielt sehr kurz gehalten sind, sie können personalisiert werden (d.h. der Held trägt dann den Namen des jeweiligen Kindes) und es gibt auch so Möglichkeit wie z. B. , Silben einzufärben, Schriftarten auszusuchen etc., damit die Kinder auf einfache Weise Schritt für Schritt starten können und gleichzeitig aber viel Spaß haben an den Abenteuern.

    Das könnten also noch ganz gut zu diesem Text hier ergänzende Möglichkeiten bieten.
  • Anonym schreibt am 02.01.2009

    Denke für den Artikel, ich selbst bin ehrenamtlich als \"Lese-Patin/-Mutter\" tätig.
    Außerdem habe ich in meinem Blog (http://www.aufwachsen.de/50226711/lesen_in_der_1_klasse.php) auf diesen Artikel verwiesen!
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