Frühreife Jugendliche: Richtiger Umgang mit der frühen Pubertät

Die Pubertät beginnt bei manchen Kindern später, bei manchen früher und bei einigen auch sehr früh, das heißt bereits um das neunte Lebensjahr herum. Wie Sie sich als Eltern eines frühreifen Teenagers richtig verhalten, erfahren Sie hier. 

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Richtig verhalten als Eltern eines frühreifen Teenagers

Die meisten Eltern rechnen damit, dass ihr Kind irgendwann ab dem elften Lebensjahr zu pubertieren beginnt. Doch manche Eltern nehmen auch schon deutlich früher Anzeichen pubertären Verhaltens wahr.

„Julia“, so erzählt mir ihre Mutter, „ist erst zehn Jahre alt.“ Aber sie habe den Eindruck, als ob die schon in der Pubertät ist. Die „zicke rum“, nichts könne man ihr recht machen, „mal ist sie ein Kuschelkätzchen, dann ein feuerspeiender Tiger. Und das von jetzt auf gleich, ohne Vorwarnung!“ Man könne sich auf nichts, aber „rein gar nichts mehr verlassen“. Also, so Julias Mutter, sie wisse nicht mehr, woran sie ist. Ihr ginge es ähnlich, berichtet eine andere Mutter. Ihr Malte, der würde bald zehn werden, aber der mache sie fertig. „Gut, die Gefühlsausbrüche, das Himmelhochjauchzend und dann zu Tode betrübt, das kenne ich ja schon von früher. Das ist eben Malte.“

Frühreif: Kann Pubertät überhaupt schon so früh beginnen?

Grundsätzlich kann ich auf diese häufig gestellte Frage mit Ja antworten. Pubertätsverläufe sind sehr unterschiedlich. Natürlich erleben die meisten Heranwachsenden diese nervenaufreibende Zeit zwischen dem elften und 17. Lebensjahr. Aber es gibt auch jene, die diese Phase erst sehr spät, vom 16. Lebensjahr an durchmachen. Und dann gibt es Kinder, die schon mit acht oder neun pubertieren.

In der Regel trifft die frühe Pubertät häufiger Mädchen als Jungen. Für diese „Frühreifen“ trifft der Begriff „Pubertät“ im eigentlichen Sinne nicht mehr zu. Pubertät ist dem lateinischen Wort „pubes“ (das Schamhaar) entlehnt. Schambehaarung war vor zwei oder drei Generationen ein markanter Hinweis darauf, dass sich ein Heranwachsender auf dem Weg vom Kindes- in das Erwachsenenalter gemacht hat. Bei den „Jungpubertierenden“ der Gegenwart trifft dieses Merkmal nicht mehr unbedingt zu.

Frühe Pubertät ist eine doppelte Herausforderung für Eltern

„Pubertät ist, wenn Eltern schwierig werden“, solch eine Feststellung trifft auf „Frühpubertierende“ nur begrenzt zu. „Pubertät ist, wenn Töchter oder Söhne nicht mehr richtig ticken“, dieser Satz trifft den Sachverhalt genauer. Denn wenn Ihr Kind früher als erwartet in die Pubertät kommt, dann sind Sie als Vater oder Mutter herausgefordert – und das im doppelten Sinn:

Sie müssen sich plötzlich dem eigenen „Älter-Werden“ stellen, obgleich Sie sich doch noch so jung fühlen, forever young sein möchten. Und zugleich fühlen Sie sich durch das frühpubertierende Kind gefordert: Wie reagiere ich jetzt richtig? Vor allem auch deshalb, weil Sie es vielleicht ja anders oder besser machen wollen als die eigenen Eltern. Doch genau diese beiden Gedanken gilt es loszulassen!

Wenn Ihr Kind sehr früh in die Pubertät kommt, können Sie nicht immer richtig, gar perfekt reagieren, dann ist die „Kunst des Durchwurschtelns“ angesagt, dann gilt es, mehr auf den Bauch zu hören. Und hilfreich kann es auch sein, darüber nachzudenken, was Ihre eigenen Eltern „richtig“ und eben nicht „falsch“ gemacht haben. Werden Sie sich darüber klar, wer oder was hilfreich und aufbauend in Ihrer eigenen Pubertät war. Und das, was Ihnen gut getan hat (nicht im Sinne einer nachträglichen Verklärung), das können Sie Ihrem Kind vielleicht auf seinen weiteren Lebensweg mitgeben. 

Hilfreiche Überlegungen für Eltern von frühreifen Kindern

Kinder, bei denen die Pubertät früher beginnt, müssen oft mit größeren Spannungen zurechtkommen als Gleichaltrige, die noch nicht in der Pubertät sind. Umso wichtiger ist es, dass Sie als Eltern Ihrem Kind in der Zeit der Frühreife sicher zur Seite stehen. Folgende Überlegungen können Ihnen dabei helfen:

  • Wenn Ihr Kind sich mit Ihnen heftig streitet, ist das auch ein Vertrauensbeweis für die Tragfähigkeit Ihrer Beziehung. Ihr frühreifes Kind traut sich zu streiten, weil es sich sicher ist, dass die elterliche Liebe auch jetzt bedingungslos gegeben wird.
  • In der Phase des Übergangs werden Freunde wichtig. Doch Sie sollten bedenken: Freunde sind Entwicklungsabschnittsgefährten. Sie werden für eine bestimmte Zeit wichtig, dann werden sie wieder losgelassen. Für das Fundament stehen Sie, die Eltern, deren Rat dann verlangt wird, wenn es um das Grundsätzliche geht. Freundschaften sind wichtig, unverzichtbar, Sie als Eltern sind jedoch wichtiger und unverzichtbarer.
  • Auch wenn Ihr pubertierendes Kind nun meint, dass es erwachsen sei, bleibt Ihre elterliche Erziehungsverantwortung davon unberührt. Besteht man als Mutter oder Vater darauf, dann akzeptieren das auch frühreife Kinder natürlich nicht widerspruchsfrei. Doch Sie sind „der Hafen“, den Ihr Kind anlaufen kann, wenn die Stürme der Pubertät toben. Und Ihr heranwachsendes Kind vertraut auf diesen Hafen.
  • Übergänge machen unsicher. Besonders wenn Ihr Kind frühreif ist, verlässt es den sicheren Hafen der Kindheit und macht sich auf den Weg. Abschiede tun weh, machen unsicher! Vor allem dann, wenn man nicht weiß, wo die Reise endet. Ihr pubertierendes Kind braucht nun vielleicht mehr als zuvor Halt – einen Halt, der sich nicht über Worte, sondern durch Ihre Haltung ausdrückt. Eine solche Haltung ist aufgehoben in Ritualen. Zum Beispiel Gute-Nacht-Rituale (gemeinsames Spielen, Reden, Lesen etc.) und das gemeinsame Mittag- oder Abendessen stiften eine Gemeinsamkeit, die Ihrem Kind in den Phasen des Übergangs Halt und Sicherheit geben.