Das Übertrittsgespräch: Was Sie erwartet und welche Fragen Sie stellen sollten

Der Übertritt auf die weiterführenden Schulen ist von Bundesland zu Bundesland verschieden geregelt. Trotz dieses Wirrwarrs gehört überall ein Übertrittsgespräch zur Information und Beratung der Eltern dazu. Erfahren Sie von unserer Co-Autorin, der Grundschullehrerin Annette Holl, wie Sie sich am besten auf das Gespräch vorbereiten, um einen möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen.  

Inhaltsverzeichnis

Schule und Schulentwicklung

5 Fakten zum Übertrittsgespräch

  1. Was macht dieses Gespräch so besonders? 

    Anders als normale Elterngespräche, die der Lehrer Ihnen mindestens zwei Mal im Jahr anbietet, ist das Übertrittsgespräch verpflichtend – Sie als Eltern müssen den Termin also wahrnehmen. Es wird ein Protokoll für die Schülerakte angefertigt.
  2. Wann findet das Gespräch statt?

    In einem vom Kultusministerium Ihres Bundeslandes vorgegebenen Zeitraum gegen Ende des ersten Halbjahres der vierten Klasse werden Sie vom Klassenlehrer Ihres Kindes zum Übertrittsgespräch eingeladen.
  3. Wie lange dauert das Gespräch?

    Die Gesprächszeit beträgt normalerweise 20 bis 30 Minuten. Eventuell stellt sich heraus, dass größerer Gesprächsbedarf besteht, weil zu viele unerwartete Fragen auftauchen. Dann sollten Sie einen weiteren Gesprächstermin vereinbaren, um in Ruhe weiterdiskutieren zu können.
  4. Wer nimmt daran teil?

    Im Normalfall sprechen Sie mit dem Klassenlehrer Ihres Kindes. Unter Umständen werden auch Fachlehrer miteinbezogen. Manche Lehrer lassen auch das Kind selbst am Gespräch teilnehmen.
  5. Was wird besprochen?

    Im Gespräch werden die Stärken und Schwächen Ihres Kindes sowie seine mutmaßliche Entwicklung thematisiert, um so die für es passende weiterführende Schule herauszufinden. Der Lehrer wird  über den momentanen Notenstand Ihres Kindes sowie über sein Lern- und Arbeitsverhalten sprechen. Auch das emotionale und soziale Befinden Ihres Kindes kann thematisiert werden. Sie als Eltern erhalten die Möglichkeit, Ihre Einschätzungen und Erwartungen für die schulische Zukunft Ihres Kindes zu äußern. Am Ende sollte eine Einigung zwischen Lehrerempfehlung und Elternwunsch stehen.



So bereiten Sie sich optimal auf das Übertrittsgespräch vor

Den Notendurchschnitt Ihres Kindes können Sie selbstverständlich problemlos selbst ausrechnen. Er allein ist für eine Schulempfehlung aber nicht ausreichend. Auch das Arbeits- und Sozialverhalten eines Kindes spielt eine bedeutende Rolle. Es ist deshalb sinnvoll, Ihr Kind vor dem Übertrittsgespräch noch einmal genau beim Lernen zu beobachten und ein paar Überlegungen anzustellen. So können im Austausch mit dem Lehrer Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen dem schulischen und häuslichen Lernen Ihres Kindes deutlich werden.

Nutzen Sie hierzu den folgenden Beobachtungsbogen, der Fragen enthält, die im Übertrittsgespräch angesprochen werden. Er soll Sie dazu anregen, die Persönlichkeit Ihres Kindes und sein Lernverhalten zu beobachten.

Checkliste: Beobachtungsbogen für zu Hause          ja   nein

a) Interessen Ihres Kindes

  1. Liest Ihr Kind viel?
  2. Traut es sich auch an anspruchsvollere Aufgaben heran (z. B. Knobelaufgaben/Rätsel)?
  3. Stellt Ihr Kind viele Fragen und möchte es Erklärungen zu vielem haben?
  4. Hat Ihr Kind eine Vorstellung, welche Schule es ab der fünften Klasse besuchen möchte?

b) Lernverhalten Ihres Kindes

  1. Geht Ihr Kind gerne zur Schule?
  2. Hatte Ihr Kind während der Grundschulzeit meistens (sehr) gute Noten?
  3. Kann es sich über einen Zeitraum von 30 Minuten konzentrieren?
  4. Versteht Ihr Kind Arbeitsanweisungen schnell und ohne Hilfe?
  5. Ist Ihr Kind nach einem Schultag noch belastbar und aufnahmefähig bei Nachmittagsaktivitäten (z. B. Musikschule)?

c) Arbeitsweise Ihres Kindes

  1. Bleibt Ihr Kind ausdauernd an Sachen dran (z. B. Bastelarbeiten/Gesellschaftsspielen)?
  2. Erledigt Ihr Kind seine Hausaufgaben unaufgefordert?
  3. Führt Ihr Kind schulische Aufgaben (z. B. die Hausaufgaben oder das Üben vor Klassenarbeiten) weitgehend selbstständig aus?
  4. Arbeitet Ihr Kind zügig und dennoch sorgfältig (Heftführung/Rechtschreibung usw.)? 

d) Häusliches Umfeld

  1. Haben Sie Lust, Ihr Kind zu Hause bei schulischen Fragen zu unterstützen (z. B. Vokabeln lernen)?
  2. Bleibt Ihnen neben dem Haushalt (und Beruf) dafür genügend Zeit, bzw. kennen Sie jemanden, der diese Hilfe leisten kann (z. B. Oma, Nachhilfelehrer)?

Auswertung: Wenn Sie mindestens zwölf Fragen mit „ja“ beantwortet haben, ist Ihr Kind auf dem Gymnasium sicherlich gut aufgehoben. Haben Sie acht bis elf Fragen bejaht, ist Ihr Kind eher ein Realschultyp. Achten Sie daher im Übertrittsgespräch auf die Argumente des Lehrers. Sie haben weniger als acht Fragen mit „ja“ beantwortet? Dann ist es momentan nicht ratsam, Ihr Kind an der Realschule oder auf dem Gymnasium anzumelden. So ersparen Sie ihm Überforderung und negative Schulerlebnisse.

10 wichtige Fragen an Ihr Kind

Sicher: Die Entscheidungsfähigkeit Ihres Kindes ist noch etwas eingeschränkt. Es kann noch nicht genau abschätzen, was in der weiterführenden Schule auf es zukommt bzw. welche Folgen die Schulwahl für seine berufliche Zukunft hat. Dennoch hat es ganz bestimmt eigene Gedanken in Bezug auf den kommenden Schulwechsel. Wie schätzt Ihr Kind beispielsweise seine persönlichen Fertigkeiten und Kenntnisse ein? Welche Rolle spielen Freunde oder Hobbys in seinem Leben? Um das zu erfahren, ist ein Gespräch mit Ihrem Kind sehr wichtig. Vielleicht bestärken die Antworten Ihres Kindes Sie in Ihrem eigenen Wunsch hinsichtlich der Schulform. Womöglich äußert Ihr Kind aber auch Sorgen, die Sie zum erneuten Nachdenken anregen.

Die unten stehenden Fragen sollen Ihnen als Anregung dazu dienen, mit Ihrem Kind ins Gespräch zu kommen. Ob Sie dabei alle Fragen besprechen oder sich auf einzelne beschränken, bleibt Ihnen überlassen.

Überlegen Sie sich zunächst, in welchem Rahmen Sie das Gespräch führen wollen. Möchten Sie es gerne allein mit Ihrem Kind führen, oder soll es im Familienrat beim Mittagessen mit allen Familienmitgliedern stattfinden? Vielleicht führen Sie auch nicht nur ein Gespräch, sondern besprechen die Fragen immer wieder aufs Neue.

Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um die Gedanken Ihres Kindes und Ihre Einschätzung dazu auszudiskutieren. Sie können so schon viel darüber erfahren, wie Ihr Kind mit dem Stress und dem Druck der Umstellung umgehen wird. Zeigen Sie ihm, dass Sie seine Überlegungen ernst nehmen, auch wenn Sie Ihnen teilweise vielleicht nicht gefallen.

Fragen, die Sie Ihrem Kind stellen sollten:

  1. Was macht dir in der Schule Spaß?
  2. Arbeitest du in der Schule gern mit anderen zusammen oder lieber allein?
  3. Fällt es dir leicht, auf andere Kinder zuzugehen oder vor der Klasse zu sprechen?
  4. Bist du nach einem Schultag müde?
  5. Sind dir Hausaufgaben angenehm oder lästig? Warum?
  6. Bist du traurig, wenn du einmal eine schlechtere Note bekommst?
  7. Was ist deine Wunschschule? Warum?
  8. Kannst du dir vorstellen, auch ohne deine jetzigen Freunde an eine Schule zu gehen?
  9. Bist du bereit, nachmittags länger als bisher an den Hausaufgaben zu sitzen?
  10. Was möchtest du nachmittags auf jeden Fall noch machen können (z. B. Sportverein)?