Wie gewöhnt man Kindern derbe Schimpfwörter ab?

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von Birgit S.

Hallo Frau Dr. Schmelz,

mein Sohn Markus wird demnächst vier Jahre alt. Eine seiner Lieblingsvokabeln ist leider „Arschloch“ (der Kindergarten lässt grüßen). Er singt es, er brüllt es, er bindet es in fast jeden Satz mit ein – und er findet es urkomisch. Mein Mann und ich versuchen es zu ignorieren, denn laut diversen Ratgebern soll man nicht darauf eingehen. Aber es ist uns enorm peinlich, wenn er es in der Öffentlichkeit herausposaunt. Jetzt hat sogar die kleine Schwester Alexa (2 Jahre) ihren Wortschatz um diese Vokabel erweitert! Nun habe ich zwei Kinder, die beide dieses Wort benutzen, sich gegenseitig damit ansprechen. Und zu meinem größten Erstaunen weiß Alexa ganz genau, wie man dieses Wort benutzt. Wenn Markus sie ärgert, schaut sie ihm ins Gesicht und brüllt ganz zornig: „Du A…loch!“ Was soll ich jetzt machen? Am Wochenende habe ich Markus beiseite genommen und ihm ganz ruhig erklärt, dass wir dieses Wort nicht benutzen und niemanden so nennen, denn das ist nicht nett und man tut Menschen damit weh. Er lachte mich nur an und meinte: „Doch Mama, du A…loch!“ Mir geht die Puste aus – beide Kinder haben den derben Wortschatz eines Hafenarbeiters! Für einen Rat wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Antwort von: Dr. med. Andrea Schmelz

Liebe Frau Seefeld,

da Ignorieren und Erklären bisher nichts gebracht haben und es inzwischen so aussieht, als benutzten beide(!) Kinder das Schimpfwort, um Sie zu provozieren, müssen Sie doch zu einer anderen Strategie greifen.

Erklären Sie beiden Kindern noch einmal, dass Sie und Ihr Mann sich das Schimpfwort nicht mehr anhören wollen und deswegen beim ersten A…loch, das fällt, entweder den Raum verlassen oder aber das betreffende Kind in sein Kinderzimmer bringen werden, wo es A…loch sagen darf, so viel es mag – aber nur bei geschlossener Türe. So wird das „schöne“ Schimpfwort bald uninteressant, weil sich

  1. niemand mehr darüber aufregt und
  2. die Kinder sich damit selbst ein Bein stellen. Statt vermehrte Aufmerksamkeit der Eltern zu provozieren, wird ihnen zukünftig die gesamte Aufmerksamkeit entzogen.

Es könnte sein, dass Ihre Kinder – in einem verzweifelten Versuch, doch noch Ihre Aufmerksamkeit zu bekommen – auch im Kinderzimmer so laut schreien, dass Sie das A…loch nicht überhören können. Für diesen Fall sollten Sie das Radio oder den CD-Player anmachen und so laut aufdrehen, dass auch das schreiende Kind im Kinderzimmer hört: „Ah,Mama hört mir ja gar nicht zu. Die hört jetzt Musik.“ Wenn man sich umsonst die Lunge aus dem Leib plärrt und es nutzt nichts, kann man es auch ganz sein lassen.

Für Markus gäbe es noch eine andere Strategie, die mit einem Wegfall von Vergünstigungen arbeitet: Kündigen Sie einen Ausflug oder Schwimmbadbesuch für das kommende Wochenende an. Geben Sie Ihrem Sohn 10 Spielsteine oder kleine Geldmünzen und erklären Sie ihm, dass Sie künftig für jedes A…loch eine(n) davon wegnehmen werden. Wenn bis zum Wochenende alle Steine/Münzen weg sind, kann der Ausflug leider, leider nicht stattfinden. Ich denke, damit wird das Wort A…loch doch bald seinen Reiz verlieren.

Herzliche Grüße

Ihre Andrea Schmelz