Vermeiden Sie häufige Erziehungsfehler bei Ihrem Kind

Kinder zu erziehen scheint immer schwieriger zu werden. Tobende Winzlinge, rotzfreche Kindergartenkinder – wie können Eltern damit umgehen, ohne wie ein Feldwebel zu brüllen oder Klapse auszuteilen? Lesen Sie hier, wie Sie die wichtigsten Erziehungsfehler und damit viele Probleme vermeiden können. 

Inhaltsverzeichnis

Tipps zur Kindererziehung

Ob Ihr Kind ruhig oder lebhaft, eher folgsam oder eher rebellisch ist, hängt nicht nur von Ihrer Erziehung, sondern auch von seiner Veranlagung ab. Doch gibt es einige Fallen, in die wir Eltern immer wieder tappen und die uns den Erziehungsalltag unnötig schwer machen.

1: Kinder bei Fehlverhalten unbeabsichtigt belohnen und loben

Wenn Sie Ihr Kind mit vermehrter Aufmerksamkeit, durch ein Spielzeug oder Süßigkeiten von seinem Fehlverhalten ablenken wollen, wird es das als Belohnung auffassen und eher häufiger als seltener so handeln. Bei größeren Kindern hat langes Debattieren denselben Effekt: Das Kind bekommt vermehrt Aufmerksamkeit. Selbst negative Zuwendung durch Schimpfen und Nörgeln sind Ihrem Kind immer noch lieber als gar keine Zuwendung.

Kindliches Fehlverhalten, das vorwiegend darauf abzielt, Ihre Aufmerksamkeit zu erringen – etwa Quengeln und Nerven, während Sie telefonieren oder sich mit anderen unterhalten –, lässt sich am ehesten abstellen, indem Sie es ignorieren. „Überhören“ Sie Ihr Kind in solchen Situationen, wenn Sie sich ihm bereits einmal zugewendet und ihm erklärt haben, dass Sie nachher wieder Zeit für es haben werden, jetzt aber ungestört sprechen wollen. Ablenkung ist jedoch bei Babys und Kleinkindern oft die Methode der Wahl, wenn die Kleinen bei langweiligen Dingen wie Wickeln nicht mitmachen wollen oder ganz anders wollen als Mama bzw. Papa. Das ist sinnvoller, als in einen Machtkampf einzusteigen!

2: Sie geben nach und ziehen Ihre Anweisungen nicht konsequent durch

Wenn Kinder ihr Gebrüll, die Tobsuchtsanfälle oder das Gequengel verstärken, geben manche Eltern irgendwann entnervt nach. Da es seinen Willen erreicht hat, wird ein Kind diese Strategie häufiger einsetzen. Gehen Sie, soweit es möglich ist, lieber von vornherein auf die Wünsche Ihres Kindes ein oder versuchen Sie, einen Kompromiss zu schließen. Überlegen Sie, bevor Sie ein Verbot aussprechen, ob Sie auch dann konsequent bleiben würden, wenn Ihr Kind deswegen einen Wutanfall bekäme. Wenn ja, handelt es sich um Dinge, die wirklich wichtig sind – dann sollten Sie unbedingt konsequent bleiben und nicht nachgeben! Auf Seiten der Eltern gibt es ähnliche Probleme: Wenn Sie schnell schreien oder drohen, wird Ihr Kind Sie bald bei normal vorgebrachten Anweisungen nicht mehr ernst nehmen (siehe dazu auch Punkt 5).

3: Sie loben Ihr Kind, wenn es sich gut benimmt, nicht genug

Leider loben die meisten Eltern ihr Kind viel zu wenig, wenn es sich gut benimmt, schimpfen aber schnell, wenn es sich unerwünscht verhält. So lernen Kinder, dass sie sich „danebenbenehmen“ müssen, um beachtet zu werden.

  • Mein Tipp: So loben Sie Ihr Kind richtig

    Nehmen Sie sich vor, Ihr Kind jeden Tag dreimal für erwünschtes Verhalten zu loben, auch wenn es gar nichts „Besonderes“ gemacht hat. Allein die Tatsache, dass es ohne Streit eine Stunde mit dem Geschwisterkind gespielt hat oder sich morgens ohne Trödeln angezogen hat, ist eine Umarmung und anerkennendes Loben wert. Sagen Sie z. B.: „Ich freue mich, dass du so schön mit deinem Bruder/ deiner Schwester gespielt hast“ oder „Ich bin stolz auf dich, weil du heute Morgen so schnell angezogen warst“.

4: Sie geben Ihrem Kind zu viele Anweisungen

Wie gut Ihr Kind Ihre Anweisungen befolgt, hängt nicht zuletzt davon ab, wie Sie sie geben. Folgende Probleme können auftreten:

  • Zu viele Anweisungen, insbesondere zu viele auf einmal, führen dazu, dass Ihr Kind glaubt, es Ihnen ohnehin nicht recht machen zu können. Es resigniert oder rebelliert dann möglicherweise. Geben Sie nur eine oder zwei Anweisungen auf einmal. Aufzählungen von mehreren Aufgaben, die Ihr Kind hintereinander erledigen soll, überfordern es höchstwahrscheinlich. Warten Sie ab, bis es eine Anweisung ausgeführt hat, und geben Sie dann erst die nächste.
  • Zu wenige Anweisungen lassen Ihr Kind im Unklaren, was Sie von ihm erwarten. Geben Sie keine komplizierten Anweisungen, sondern sprechen Sie so einfach wie möglich. Haben Sie das Gefühl, Ihr Kind hat gar nicht verstanden, was Sie von ihm erwarten, machen Sie ihm am besten vor, was es tun soll.
  • Zu schwierige Anweisungen kann Ihr Kind nicht verstehen und deshalb nicht befolgen. Wenn das, was Sie von Ihrem Kind erwarten, eine Überforderung darstellt, wird es nicht tun, was Sie von ihm verlangen. So kann z. B. ein dreijähriges Kind sein Kinderzimmer nicht allein aufräumen. Bedenken Sie, dass Kinder je nach Entwicklungsstand sehr unterschiedlich sein können. Was der dreijährige Sohn Ihrer Schwägerin problemlos schafft, kann für Ihr Kind im Alter von drei Jahren jedoch noch eine Herausforderung darstellen!
  • Zu ungenaue Anweisungen führen nicht zur gewünschten Reaktion, weil Ihr Kind nicht weiß, was Sie von ihm wollen. Sagen Sie eindeutig, was Sie von Ihrem Kind wollen, und vermeiden Sie das Wort „nicht“. Statt „Schmatz nicht so!“ sagen Sie z. B. besser: „Mach beim Kauen den Mund zu.“ Fragen Sie nicht „Möchtest du jetzt ins Bett gehen?“, sondern sagen Sie klipp und klar: „Es ist jetzt Zeit, dass du ins Bett gehst.
  • Anweisungen zur falschen Zeit, etwa während Ihr Kind intensiv spielt, werden häufig tatsächlich überhört oder aber ignoriert. Sprechen Sie Ihr Kind gezielt an, stellen Sie Augen- oder Körperkontakt her, und geben Sie dann Ihre Anweisung. Wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, sollten Sie Ihr Kind nicht aus seiner Tätigkeit herausreißen.
Mein Tipp: So hört Ihr Kind Ihre Anweisungen besser 
Gehen Sie zu Ihrem Kind hin, oder lassen Sie es zu sich kommen. Rufen Sie ihm keine Anweisungen vom Nebenraum aus zu. Sprechen Sie es mit seinem Namen an, sehen Sie ihm in die Augen, gehen Sie vielleicht vor ihm in die Hocke, damit Sie auf gleicher Augenhöhe sind, oder stellen Sie Körperkontakt her, indem Sie ihm eine Hand auf die Schulter legen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Kind trotzdem nicht richtig zuhört, können Sie es nach Ihrer Anweisung fragen: „Also, was sollst du tun?“ und Ihr Kind die Anweisung wiederholen lassen.
  • Anweisungen, die Ihr Kind nicht einordnen kann. Wenn Sie Ihrem Kind mit sanfter Stimme etwas verbieten und gleichzeitig lächeln, sagen Ihre Worte „Nein“, Ihre Körpersprache animiert Ihr Kind jedoch zum Übertreten des Verbotes. So weiß es nicht, ob es den Worten oder aber Ihrer Körpersprache glauben soll. Sprechen Sie mit bestimmter Stimme und in klaren Worten. Ihr Kind muss wissen, dass Ihre Anweisung oder Ihr Verbot keine schüchterne Bitte oder eine Frage mit Wahlmöglichkeit ist! Fragen Sie auf dem Spielplatz nicht „Wollen wir langsam nach Hause gehen?“, sondern sagen Sie klipp und klar „Wir gehen jetzt nach Hause. Bald ist es Zeit fürs Abendessen.“. Kinder verstehen auch keine „Ironie“ wie etwa „Du möchtest wohl gar nicht aufräumen?“ oder „Du bist ja heute wieder freundlich!“, wenn Ihr Kind sich unerwünscht verhält. Sagen Sie, was Sie wirklich wollen. Etwa: „Räum jetzt die Bausteine in die Box“ oder „Beruhig dich, und sei ein wenig freundlicher zu mir“.

5.: Wirkungslose Strafen einsetzen

Strafen sind prinzipiell ungünstig. Bei Problemverhalten empfehlen sich stattdessen logische Folgen, notfalls auch eine kurze Auszeit. Diese Gründe machen Strafen oft nutzlos oder gar gefährlich: 

  • Angedrohte Strafe wird nicht ausgeführt. Kinder lernen sehr schnell, Drohungen zu ignorieren, wenn sie nicht wahr gemacht werden. Auch unrealistische Drohungen wie „Du darfst nie mehr …“ sind sinnlos, weil Eltern sie gar nicht aufrechterhalten können! 
  • Inkonsequente Bestrafung. Wird ein und dasselbe unerwünschte Verhalten einmal ignoriert, das andere Mal aber bestraft, kann Ihr Kind nicht einschätzen, was von ihm nun eigentlich erwartet wird. Das Gleiche kann passieren, wenn Eltern sich nicht einig sind und etwa die Mutter das Kind gewähren lässt, der Vater dasselbe Verhalten jedoch bestraft. 
  • Strafe als letztes Mittel. Wenn Sie unerwünschtes Verhalten zunächst ertragen, Ihnen irgendwann aber doch der Geduldsfaden reißt, fällt die Strafe oft zu hart aus. Daher sollten Sie besser sofort auf Fehlverhalten reagieren, dafür aber moderat. 
  • Strafe im Zorn. Wenn Sie selbst sehr wütend sind, besteht die Gefahr, dass Sie die Kontrolle verlieren und Ihrem Kind weh tun. Oft stellen sich dann Schuldgefühle ein, die dazu führen, dass Sie in der Folge zu viel erlauben und zu wenig Grenzen setzen. Ihr Kind wird sich wieder unerwünscht verhalten. Wenn Sie zögern, konsequent Grenzen zu setzen, werden Sie irgendwann im Zorn wieder überschießend reagieren – und der Teufelskreis beginnt von vorne. 
  • Strafe ohne Lernmöglichkeit. Aus einer Strafe ohne Zusammenhang mit dem Fehlverhalten lernt das Kind nichts. Besser sind Schadensersatz oder Wiedergutmachung als logische Folgen. 
  • Zu späte Strafe. Je näher am unerwünschten Verhalten eine Strafe oder logische Konsequenz ist, umso wirkungsvoller ist sie. Insbesondere kleinere Kinder können ansonsten den Zusammenhang zwischen Fehlverhalten und elterlicher Reaktion nicht erkennen. Achtung, Nebenwirkungen: Schwere Strafen können Ängste auslösen und sind ein Modell für Aggressivität. Aggressive Kinder reagieren auf Strafen, indem das unerwünschte Verhalten sogar häufiger auftritt. Bei nicht aggressiven Kindern führt die Strafe eher zum Erfolg (Ausbleiben des unerwünschten Verhaltens), ruft dafür aber eventuell eine angstbedingte Anpassung und eine Einbuße des Selbstwertgefühls hervor.

So handeln Sie richtig, wenn Ihr Kind nicht folgt

Oberster Leitsatz, wenn Ihr Kind Regeln verletzt oder Ihren Anweisungen nicht folgt:

  • Handeln statt reden! Anstatt Ihr Kind mehrmals zu ermahnen, gehen Sie nach einer Wiederholung der Aufforderung sofort zu ihm hin und sorgen dafür, dass Ihr Kind der Anweisung nachkommt. 
  • Bleiben Sie in der Nähe Ihres Kindes, bis es ausgeführt hat, was es tun sollte. Oder kommen Sie zumindest kurze Zeit später wieder und sehen nach. Führen Sie Ihrem Kind beispielsweise die Hand, wenn es nicht „weiß“, wie es seine Schuhe oder die Bilderbücher einräumen soll, und sehen Sie nach einer angemessenen Zeit noch einmal nach, ob es wirklich aufgeräumt hat. 
  • Lassen Sie logische Folgen wirken. Nehmen Sie Ihrem Kind z. B. Spielzeug ab, das es im Zimmer herumwirft, sodass es ein Geschwisterkind verletzen oder dadurch etwas kaputt machen könnte.Wer nicht „weiß“, wie man richtig mit dem Spielzeug spielt, kann es nicht länger haben. Nach fünf oder zehn Minuten bekommt Ihr Kind eine neue Chance und erhält sein Spielzeug zurück. Wirft es erneut damit herum, wird das Spielzeug bis zum nächsten Tag weggelegt. 
  • Manchmal ist eine Auszeit sinnvoll. Ärgert oder schlägt Ihr Kind ständig die Geschwister, stört es ununterbrochen oder redet es wie ein Wasserfall, während Sie telefonieren, dann muss es den Raum für eine Auszeit verlassen. Führen Sie Ihr Kind freundlich, aber klar und bestimmt hinaus oder tragen Sie es notfalls, wenn es nicht freiwillig geht. Anschließend sollte es so viele Minuten in seinem Zimmer bleiben, wie es Jahre alt ist.

7: Ungünstiges Vorbild abgeben

Kinder lernen sehr viel aus dem Verhalten ihrer Eltern. Wenn Sie selbst etwa schnell laut werden, wird Ihr Kind daraus schließen, dass Schreien in Ordnung ist. Oder: Wer bestraft wird, bestraft andere weiter – manchmal sogar mit größerer Härte. Erwünschtes Verhalten wie z. B. gute Manieren (grüßen, bitte und danke sagen) lernen Kinder fast von selbst, wenn Sie als Eltern es immer richtig vormachen.

8: Verletzende Kritik äußern

Um Ihr Kind nicht zu demütigen, sollten Sie es nicht als Person kritisieren („Du hast dich wieder so blöd angestellt!“), sondern nur sein Verhalten. Andernfalls würden Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes sehr „beschädigen“. Das Gefühl, es könne sowieso nichts und mache es niemandem recht, führt nicht selten dazu, dass Ihr Kind sich zurückzieht und in eine regelrechte Verweigerungshaltung hineingerät. 

Sprechen Sie gerade bei Kritik mehr in der Ich-Form als in Du-Botschaften. Damit bringen Sie Ihre Gefühle und Wünsche zum Ausdruck, ohne Ihr Kind anzuklagen oder zu beschämen. Hat Ihr Kind z. B. beim Spielen große Unordnung im Wohnzimmer angerichtet, klingt das als Du-Botschaft aus dem Mund vieler Eltern so: „Was hast du denn da wieder für einen Saustall gemacht? Dass du immer so eine Unordnung anrichten musst. Das räumst du jetzt aber sofort alles wieder auf!“ Wetten, dass Ihr Kind nach der folgenden Ich-Botschaft viel bereitwilliger aufräumen wird? „Wenn so viel Spielzeug herumliegt, komme ich hier im Wohnzimmer gar nicht mehr durch. Ich möchte, dass du deine Puppen/Autos vor dem Abendessen wieder ins Kinderzimmer trägst.“ 

  • Zusatz-Tipp:

    Wenn Sie bei Erziehungsproblemen professionelle Hilfe brauchen
    , können Sie sich in einer Erziehungs- und Familienberatungsstelle kostenlos beraten lassen. Die Adresse der nächstgelegenen psychologischen Beratungsstelle finden Sie unter www.bke.de (Rubrik „Für Ratsuchende“, „Beratungssstellen-Suche“) oder unter dem jeweiligen Träger (z. B. Stadt oder Landkreis, evangelische oder katholische Kirche, Arbeiterwohlfahrt, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Caritas oder Diakonisches Werk) im Telefonbuch.