Wenn Eltern sich trennen: So verkraften Kinder eine Trennung besser

Niemand wünscht es sich, und doch passiert es mehr als 100.000-mal pro Jahr: Eine Familie zerbricht – die Eltern trennen sich. Weil Kinder Mama und Papa lieben, gibt es für sie kaum etwas Schlimmeres. Wenn Mutter und Vater nach der Trennung einige Grundsätze beachten, kommen die Kleinen besser mit dieser schwierigen Situation zurecht. 

Inhaltsverzeichnis

Erziehungs-Tipps zum Thema Trennung

Gerade für Kinder bis zum Schulalter ist die stabile Bindung zu beiden Elternteilen ein zentraler Punkt für ihre Entwicklung. Wenn Mutter und Vater es trotz ihrer eigenen Trauer und Enttäuschung nach der Trennung schaffen, gemeinsam zum Wohle des Kindes zu entscheiden, müssen die Kleinen langfristig nicht unter dem Verlust eines Elternteils leiden. Denn unter einer Trennung (ohne langen, hässlichen Rosenkrieg!) leiden alle Beteiligten – Eltern wie Kinder – in der Regel weniger als unter einer trostlosen, lieblosen und von Streit geprägten Familiensituation.

Bei einer Trennung suchen Kinder die Schuld oft bei sich

Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren nehmen die Beziehung zu Mama und Papa insbesondere über das konkrete Miteinander und die Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse wahr. Ist nach der Trennung ein Elternteil nur noch selten verfügbar, bedeutet das für sie Liebesentzug. Da die Kleinen die Welt um sich herum ichbezogen wahrnehmen, suchen sie die Schuld für die Trennung der Eltern bei sich selbst. Daher ist ihr Vertrauen in die Stabilität von Beziehungen tief erschüttert. So verwundert es nicht, dass die Kleinen in dieser Situation stark verunsichert reagieren, unter Angst und Schuldgefühlen leiden, in bereits überwundene Verhaltensweisen zurückfallen (z. B. erneutes Einnässen) oder auch plötzlich aggressiv reagieren.

Ab etwa fünf bis sechs Jahren können Kinder schon in einem gewissen Umfang erfassen, welche Veränderungen mit der Trennung der Eltern für sie verbunden sind. Sie können bereits Trauer ausdrücken und wünschen sich häufig, dass der abwesende Elternteil wieder zurückkommt.

Trennung: Wie sag ich’s meinem Kind?

Kinder im Vorschulalter haben keine Vorstellung davon, was Trennung und Scheidung bedeuten. Für sie ist es ganz selbstverständlich, dass Papa und Mama immer zusammen sind, ohne Anfang und schon immer, seit sie auf der Welt sind. Erklärungen wie „Papa zieht aus, weil Papa und Mama sich nicht mehr lieb haben. Dich hat Papa aber weiterhin lieb!“ sind für die Kleinen noch sehr schwer zu verstehen. Das muss das Kind erst im Laufe der Zeit erfahren: etwa dass Papa weiterhin an seinem Leben teilnimmt und es an bestimmten Tagen vom Kindergarten abholt oder einmal in der Woche zum Kinderturnen begleitet.

Wenn Sie Ihrem Kind sagen müssen, dass Sie sich trennen, sollten Sie das möglichst gemeinsam tun. Ausnahme: Falls die Gefahr besteht, dass dabei sofort wieder ein Streit entbrennt, ist es besser, wenn nur ein Elternteil dieses schwere Gespräch führt. Sprechen Sie in einfachen, klaren Worten mit Ihrem Kind und belasten Sie es nicht mit zu vielen Details, die es doch nur überfordern würden.

Um Ihrem Kind den Abschied vom ausziehenden Elternteil so leicht wie möglich zu machen, sollten Sie ihm genau erklären, wie und wo Papa oder Mama wohnen, schlafen und essen werden. Kinder machen sich Sorgen um ihre Eltern. Wenn Ihr Kind weiß, dass es Mama oder Papa in der neuen Wohnung gut geht, ist das beruhigend. Erklären Sie aber auch, wann und zu welchen Gelegenheiten Ihr Kind den ausgezogenen Elternteil weiterhin sehen wird.

Sagen Sie unbedingt im Kindergarten oder in der Schule Bescheid, wenn eine Trennung stattgefunden hat. Dann können Erzieher/innen bzw. Lehrer/innen besser auf Ihr Kind eingehen, und es gerät bei schwierigem Verhalten nicht zusätzlich unter Druck.

Lassen Sie die Trennung nicht zu einem Tabuthema werden, sondern zeigen Sie  Gesprächsbereitschaft. Dafür bietet sich der Einstieg über Bilderbücher zum Thema Trennung und Scheidung (für Kinder ab drei bis vier Jahren) an, z. B.:

  • „Hast du mich noch lieb?“ von R.Michl und E. Dietl (Sauerländer 2003; 32 Seiten; 13,90 €)
  • „Papa wohnt nicht mehr bei uns“ von S. Schneider und M.Weber (Betz 2004; 32 Seiten; 12,95 €)
  • „Und Papa seh ich am Wochenende“ von M. Baumbach und J. Lieffering (Gabriel 2006; 32 Seiten; 12,90 €)
Sinnvolle Umgangsregelungen, die sich an den Bedürfnissen des Kindes orientieren (nach dem Entwicklungsforscher Remo Largo)
Alter des KindesWelche Bedürfnisse?Wo?Wie oft?Wie lange?
im 1. Lebensjahrzuverlässige Versorgungin den ersten Monaten ist die Umgebung zweitrangig, ab 6 Monaten in vertrauter Umgebungmehrmals wöchentlichwenige Stunden
zwischen 1 und 3 JahrenSicherheit, die Schutz vor Angst gibt, auch den zweiten Elternteil zu verlierenin vertrauter Umgebungmindestens einmal wöchentlichmehrere Stunden
ab 3 bis 4 Jahrenzunehmende Neugier auf das Leben des entfernt wohnenen Elternteilsvertraute Umgebung wird zunehmend unwichtigermindestens alle 14 Tageeventuell mit Übernachtung

Auch wenn’s schwer fällt: Machen Sie den Ex-Partner nicht schlecht

Damit Ihr Kind mit der Trennungssituation leichter klarkommt, sollte es von beiden Eltern das Signal bekommen: „Es ist in Ordnung, wenn du bei Papa/Mama bist und ihn/sie lieb hast.“ Selbst wenn sich der ausgezogene Elternteil wenig um das gemeinsame Kind kümmert, sollten Sie vor Ihrem Kind nicht abwertend über ihn reden. Damit würden Sie es nämlich in einen Loyalitätskonflikt stürzen: Kinder lieben beide Eltern, und wenn der eine davon schlecht gemacht wird, haben sie oft das Gefühl, diesen verteidigen zu müssen. Doch damit stellen sie sich wieder gegen den anderen Elternteil. Aus diesem Grund sollten Kinder bis zur Pubertät auch nicht selbst entscheiden müssen, bei wem sie leben wollen.

Auch wenn nach einer Trennung vieles anders ist und Sie wegen einer aufgenommenen Berufstätigkeit oder Ihrer angeschlagenen psychischen Verfassung eher weniger Zeit für Ihr Kind haben, sollten Sie versuchen, trotzdem immer wieder Extra-Zeit für Ihr Kind zu reservieren. Denken Sie außerdem daran, dass Ihre Familie nicht nur aus Vater, Mutter und Kind(ern) besteht: Der Kontakt zu Großeltern sowie anderen Verwandten von Mutter und Vater hilft Ihrem Kind, seine Wurzeln nicht zu verlieren.