Jungen richtig fördern: Motivation ist der Schlüssel
Bessere Noten
Als Pädagogin und Mutter von zwei Söhnen haben mich die Ergebnisse der 2011 erstellten Studie „Bildung und Geschlecht“ von Thomas Viola Rieske (Max-Traeger-Stiftung) sehr gefreut. Nicht das Geschlecht der Lehrkräfte und Lerntherapeuten, sondern die Motivation der Lernenden und ihr eigenes Rollenverständnis haben den stärksten Einfluss auf den Lernerfolg von Kindern. Schulerfolg ist für Jungen (im Gegensatz zu Mädchen) eher Nebensache – ihnen ist es wichtiger, auf der körperlichen Ebene stärker, schneller und anderen überlegen zu sein. Das bedeutet ihnen mehr, als mit Intelligenz oder guten Noten zu punkten. Jungen schämen sich schnell, wenn sie sich wissbegierig zeigen, und es ist ihnen peinlich, wenn sie bessere Noten als ihre Freunde haben. Lehrkräfte und Eltern, die um dieses Verhalten wissen, können Jungen besser bestärken, motivieren und ihnen Peinlichkeiten ersparen. Doch männliche Pädagogen haben trotzdem einen Vorteil: Als männliche Vorbilder können sie durch ihr eigenes Verhalten viel an der Haltung „Gute Noten sind peinlich“ ändern.
Jungen möchten cool sein
Schon früh ist bei Jungen zu erkennen, dass sie in Spielsituationen, auf Kindergeburtstagen oder im Sportverein ein stärkeres Konkurrenzgehabe als Mädchen an den Tag legen. Ihre Prioritäten sind nicht Teamgeist oder das gute Gefühl, ein Ziel gemeinsam zu erreichen, sondern am schönsten ist für sie der alleinige Sieg. Ein Junge möchte ein Tor schießen und nicht der Vorbereiter dazu sein, er möchte ein Brettspiel gewinnen und nicht der kleineren Schwester aus Rücksicht den Vorzug lassen. Dabei bedeutet Sieg, von den anderen bestaunt zu werden. Doch warum ist es cool, als Erster durchs Ziel zu laufen, aber nicht die beste Deutscharbeit zu schreiben?
Jungen und Mädchen erfüllen die gesellschaftlichen Erwartungen
Jungen haben andere Werte als Mädchen, und das wirkt sich auch auf ihr Lernverhalten aus. Sie erlernen durch die Eltern, die Medien und ihren Alltag ein Rollenbild, das sie dann auch ausleben: Mädchen sind fleißiger und anpassungsfähiger, Jungen widersetzen sich Regeln und Vorgaben. Aber Regeln sind die Grundlage des schulischen Lernens, und deshalb sind Lernerfolge nicht cool. Außerdem zeigt die Studie: Viele Jungen zeigen keine sozialen Kompetenzen, weil sie Angst vor Mobbing durch die Mitschüler haben. Wer ein starkes Sozialverhalten zeigt, Schwächeren hilft und die Klassengemeinschaft unterstützt, gilt schnell als „Weichei“, „Schwuli“ oder „Memme“. Am sichersten ist es, in ihren Augen also, entweder selbst durch auffälliges Verhalten die Rolle des Anführers zu übernehmen oder sich dem Stärksten/ Lautesten in der Klasse anzuschließen.