Was tun, wenn ein Kleinkind immerzu ausbüxt?

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Sehr geehrte Frau Schmelz,

meine Tochter, 2 ½ Jahre alt, läuft uns bei (fast) jeder Gelegenheit davon. Allgemein habe ich festgestellt, dass sie einen sehr ausgeprägten Bewegungsdrang hat. Ich gehe mindestens einmal am Tag mit ihr raus, entweder am Vormittag oder am Nachmittag. Ich habe schon gemerkt, dass sie ruhiger wird, wenn sie richtig müde ist.

Ich habe noch ein weiteres Kind, das im Februar zur Welt kam. Derzeit läuft mir meine Tochter z. B. weg, wenn ich morgens mit ihr und dem Baby ins Auto steigen möchte. Ebenso läuft sie mir in den Garten davon, wenn wir nach Hause kommen. Sie läuft auch zu Hause zur Tür hinaus, wenn wir die Wohnungstür nicht abschließen.

Das Gleiche macht sie, wenn wir bei Freunden eingeladen sind, und sie lieber heimgehen oder draußen spielen möchte. Ebenso läuft sie im Supermarkt davon. Manchmal schafft sie es dort bis zum Ausgang, bis ich sie wieder einfangen kann, da ich ja noch das Baby dabei habe, das ich auch nicht völlig unbeaufsichtigt stehen lassen kann. Im Einkaufszentrum rennt sie in die Geschäfte, die sie interessieren, oder in Richtung Rolltreppe.

Sie ist mir auch schon im Freibad weggelaufen und auf dem Spielplatz – mit Vorliebe dann, wenn ich gerade das Baby stille. Ich stehe jedes Mal Todesängste aus, wenn sie wegrennt, da ich Angst habe, dass ihr etwas passiert.

Was kann ich gegen dieses Temperament machen? Ich kann sie doch nicht zwingen, ständig an meiner Hand zu bleiben? Sie windet sich dann eh wieder raus. Sie läuft übrigens nicht nur mir davon, sondern auch meinem Mann oder meiner Mutter, die mir schon geraten hat ihr deswegen „eins hinten drauf zu geben“ (was ich nicht mache).

Ich wäre Ihnen für ein paar Tipps für den Umgang mit so einem „Wirbelwind“ dankbar.

von Cornelia T.

Antwort von: Dr. med. Andrea Schmelz

Liebe Cornelia,

wenn Ihr kleiner Wirbelwind immerzu wegrennt, ist das natürlich sehr anstrengend für Sie, aber auch gefährlich für Ihre Tochter. Versuchen Sie Folgendes:

  • Richten Sie alle Aktivitäten draußen so ein, dass Sie nicht stillen müssen, denn da dauert es zu lange, bis Sie Ihre Tochter wieder einfangen können (zu gefährlich!). Gehen Sie nur noch raus, wenn das Baby gestillt und die nächste Zeit satt ist.
  • Machen Sie mit beiden Kindern höchstens kleinere Einkäufe. Den Wocheneinkauf sollten Sie so planen, dass Ihr Partner auch Zeit hat und einer von Ihnen geht einkaufen und der andere passt zu Hause auf die Kinder auf.
  • So lange das Baby noch nicht so mobil ist, sollten Sie beim Einsteigen ins Auto immer erst die Große angurten, damit die schon mal nicht mehr ausbüxen kann.
  • Versuchen Sie Ihrer Tochter so viel Bewegung wie möglich zu gönnen, denn die braucht sie einfach. Ideal ist ein umzäunter Spielplatz oder der Garten, wo sie nicht so schnell weglaufen kann. Ins Schwimmbad würde ich mit den Kindern gar nicht mehr gehen, so lange Ihre Tochter immer wieder wegrennt, denn da ist die Gefahr zu groß, dass sie ins Becken fällt und ertrinkt.
  • Bei Spaziergängen würde ich es so handhaben, dass sie neben Ihnen bleiben muss und beim Überqueren der Straße an die Hand muss. Klappt das nicht, muss sie die ganze Zeit an der Hand gehen. Reißt sie sich los, wird sie in den Kinderwagen gesetzt (ich nehme an, Sie haben einen Geschwisterwagen) und darf nicht mehr laufen. Klettert sie da ständig raus oder ist das nicht wirksam genug, lassen Sie weitere logische Folgen wirken: Wenn das Kind nicht an der Hand gehen kann, kann man nicht mit ihm spazieren gehen – Sie machen also kehrt und gehen nach Hause. Es wird nicht lange dauern, bis Ihre Tochter das bei ganz konsequentem Verhalten begriffen hat. Einen Klaps auf den Po halte ich – wie Sie – auch für sinnlos.
  • In Ihrem Fall könnte zur Sicherheit – gerade, weil Sie wegen des zweiten Kindes nicht immer sofort hinterher können – ein Sicherheitsgurt (teils auch als Laufgurt bezeichnet) angebracht sein, etwa wenn Sie in der Stadt unterwegs sind.

Ich hoffe, meine Tipps helfen Ihnen weiter.

Herzliche Grüße und gute Nerven!

Ihre Dr. med. Andrea Schmelz