Wenn Ihr Kind Ihnen in der Pubertät nicht zuhört!

Schaltet Ihr pubertierendes Kind öfter die Ohren auf Durchzug? Das ist in der Pubertät keine Seltenheit. Dennoch sollten Sie das nicht einfach hinnehmen. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie Ihre Kommunikationsmuster verändern sollten, um trotz Pubertät bei Ihrem Kind wieder Gehör zu finden – und warum es manchmal auch wichtig ist, an der inneren Haltung zu arbeiten. 

Inhaltsverzeichnis

So hört Ihr Teenager wieder zu

„Ich rede mit Engelszungen auf meine Tochter ein, dass sie auf jeden Fall heute pünktlich kommen soll. Ich rede und rede, und sie tippt in der Zwischenzeit völlig ungerührt auf ihrem Smartphone herum. Ich frage sie, ob sie mich verstanden hat und sie sagt total genervt: ‚Jaaa, ich bin ja nicht doof. Das hast du schließlich schon 20 Mal gesagt.‘ Und wenn ich sie dann frage: ‚Und was sagst du dazu?‘, sagt sie lapidar: ‚Nix, was soll ich dazu sagen. Lass mich jetzt in Ruhe, ich muss mich fertig machen.‘ Ich habe dann das Gefühl, dass ich überhaupt nicht bei ihr gelandet bin, fühle mich erschöpft und missachtet. Das ist nicht besonders schön.“

So beschreibt Frau S. ein typisches „Gespräch“ mit ihrer 14-jährigen Tochter Lilly. Lilly hat nur halbherzig zugehört und reagiert genervt. Und Frau S. hat das Gefühl, überhaupt nicht ernst genommen zu werden.

Solche Dialoge zwischen pubertierenden Teenagern und ihren Eltern sind nicht selten. Zum Trost: Auch wenn es sich für Mutter und Vater nicht so anfühlt: Fast immer kommt die Botschaft auch trotzdem an, die Kinder wissen fast immer ganz genau, worum es ihren Eltern geht. Auch Lilly hat rein kognitiv natürlich verstanden, was ihre Mutter ihr sagen wollte. Offensichtlich hatte sie ja Ähnliches schon oft zuvor gehört („Das hast du schließlich schon 20 Mal gesagt!“). Die Frage ist also meistens nicht, ob die Jugendlichen die Worte gehört und verstanden haben, sondern ob die Jugendlichen diese Botschaft auch ernst nehmen und sie beherzigen, sprich: ob das Gemeinte auch richtig „gelandet“ ist.

7 Gründe, warum Kinder in der Pubertät ihren Eltern manchmal nicht zuhören wollen!

Welche Gründe kann es für Jugendliche geben, ihren Eltern nicht mehr „richtig“ zuzuhören?

1. Eltern wiederholen sich ständig und die Teenager sind genervt, weil sie das alles schon längst wissen.

Wer schon tausendmal gehört hat "Geh mit keinem Fremden mit!" oder "Trink nicht so viel Alkohol!", hat einfach keine Lust und Geduld mehr, sich diesen Satz immer wieder anzuhören. Stellen Sie sich einfach vor, Ihr Chef würde Ihnen jeden Tag eine Selbstverständlichkeit sagen, etwa: „Und heute wird mal wieder ordentlich gearbeitet!“ – Das würde Sie sicher auch auf Dauer nerven, oder?

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Versuchen Sie, sich mit solchen Mahnungen etwas zurückzuhalten. Und vor allem: Wiederholen Sie sich nicht ständig.

2. Die Botschaft der Eltern geht an den aktuellen Bedürfnissen des Pubertierenden  komplett vorbei

Wenn Ihr Teenager gerade wahnsinnig unternehmungslustig ist und gerne ausgeht, dann werden Sätze wie „Du bist ständig weg, das finde ich überhaupt nicht gut. Mach lieber mal deine Hausaufgaben, deine Noten lassen ja ziemlich zu wünschen übrig!“ natürlich nicht gerne gehört. Dann schaltet Ihr Kind verständlicherweise lieber auf Durchzug – vor allem, wenn die Aussage wie hier noch mit einem Vorwurf und bzw. oder einer Forderung verknüpft ist.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Gehen Sie in einem solchen Fall feinfühlig vor. Sagen Sie lieber: „Ich verstehe, dass du gerne unterwegs bist, und ich finde das auch in Ordnung. Trotzdem sollten wir mal überlegen,wie das mit der Schule besser werden könnte. Wann hättest du mal Zeit, in Ruhe mit mir darüber zu reden?“

3. Eltern wählen in der Pubertät den falschen Zeitpunkt zum Reden

Wenn der Sohn gerade heftigen Liebeskummer hat, ist er für ein Gespräch über seine Mathe-Probleme wohl nicht gerade gut aufgelegt: Er hat den Kopf dafür nicht frei. Auch wenn die Tochter gerade dabei ist, sich ausgehfein zu machen, ist das wohl nicht der günstigste Zeitpunkt für ein ernsthaftes und ausführliches Eltern-Kind-Gespräch.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Verabreden Sie einen Termin. Beachten Sie auch, dass emotionale „Störungen“ Vorrang haben: Reden Sie mit Ihrem Sohn erst über seinen Liebeskummer und erst später über andere Dinge – wenn er den Kopf dafür wieder frei hat. Wenn nicht, verschieben Sie das Thema!

4. Eltern machen Vorwürfe, das Kind „macht dicht“

„Immer bist du zu spät!“ „Du bist so faul!“ „Räum endlich mal dein Zimmer auf, das sieht ja aus wie im Saustall!“ Wer sich ständig solche Vorwürfe anhören muss, wird entweder wütend oder blockt auf Dauer ab und hört dann nicht mehr richtig hin.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Vermeiden Sie es, Vorwürfe zu machen. Sagen Sie stattdessen konkret, was Sie erwarten: „Ich möchte, dass du heute pünktlich kommst. Wenn du trotzdem zu spät kommst, wird das folgende Konsequenz haben: …“

5. Eltern spielen sich zum Machthaber auf und geben ihrem Kind zu wenig Mitspracherecht

Jugendliche wollen ernst genommen werden und ein Mitbestimmungsrecht haben. Insbesondere wenn es um ihre Freizeitgestaltung geht, brauchen sie die Möglichkeit, innerhalb eines gewissen Rahmens selbstbestimmt handeln zu können. Wenn Teenager das Gefühl haben, dass ihnen ständig Kommandos erteilt werden, werden sie mit der Zeit trotzig oder sie resignieren. Beides kann dazu führen, dass sie nicht mehr richtig hinhören und auf entweder bockige oder subversive Art zu rebellieren beginnen. Dazu gehört das „Weghören“ bzw. Ignoranz.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Je älter das Kind wird, desto mehr sollte es selbst entscheiden dürfen. Um selbständig zu werden, sollte es auch nicht dauernd Befehlen gehorchen müssen. Es reicht, wenn es sich an wichtige grundsätzliche Regeln hält, die seiner Sicherheit dienen und seiner Entwicklung zuträglich sind.

6. Eltern finden den richtigen Tonfall nicht, das Kind will sich in der Pubertät schützen

Wer aufgebracht ist, vergreift sich gerne mal im Ton und in der Wortwahl. Das ist menschlich und verständlich. Dennoch setzen ein brüllender Vater oder eine schreiende Mutter eher das Abwehrverhalten des Kindes in Gang als einen Einsichtsprozess. Wer möchte schon angeschrien oder moralisch unter Druck gesetzt werden? Entweder Kinder schreien dann auch, oder sie ziehen sich zurück und schützen sich, indem sie ihre Ohren auf Durchzug schalten.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Eltern sollten sich bemühen, sich zu beruhigen, bevor sie ein Kind zur Rede stellen. Überlegen Sie sich genau, was Sie ihm sagen wollen. Bleiben Sie konkret, und beziehen Sie sich auf eine konkrete Begebenheit. Zählen Sie nicht alle Schandtaten auf, die Ihr Kind in der letzten Zeit begangen hat. Sie dürfen natürlich Emotionen zeigen: Bleiben Sie dabei aber fair, und nutzen Sie diese Emotionen nicht, um Ihr Kind unter Druck zu setzen à la „Siehst du denn nicht, wie schlecht es mir damit geht? Das ist deine Schuld!“ Auch das führt dann eher wieder zu Rückzug und „Durchzug“.

7. Eltern halten eine Standpauke und das Kind fühlt sich nicht persönlich angesprochen und gemeint

Wenn Sie dazu neigen, Ihrem Kind Moralpredigten zu halten und das Kind darauf nicht in gewünschter Weise reagiert, dann liegt das sicher daran, dass das Kind sich gar nicht richtig gemeint fühlt. Standpauken und Moralpredigten sind meistens allgemeiner Natur und bleiben daher wenig greifbar für einen Jugendlichen.

Was tun, wenn das Kind nicht zuhört? Ganz anders kommt etwas an, wenn es hingegen personalisiert ist. Knüpfen Sie also an Ihre Beziehung an, statt darüber zu lamentieren, „was man tut“ und „was man nicht tut.“ Sagen Sie also nicht: „Was sollen denn die Nachbarn denken, wenn du in diesem Outfit herumläufst?“, denn die Meinung der Nachbarn ist Ihrem Kind vermutlich nicht besonders wichtig. Sagen Sie lieber: „Mir gefällt dein Outfit nicht so besonders. Es ist mir zu… Mir wäre es lieber, wenn du…“ (Gut wäre es natürlich, wenn Sie die Entscheidung, wie es sich kleidet, trotzdem bei Ihrem Kind lassen könnten. Wichtig ist aber trotzdem, dass es weiß, wie Sie darüber denken.)