Das kann ich gut: Mein Lernstärken-Diagramm

Wie gut kennen Sie eigentlich Ihr Kind? Natürlich sehr gut, werden die meisten Eltern antworten. Und in vielen Bereichen stimmt das auch, denn schließlich haben Sie Ihr Kind von klein auf Tag für Tag begleitet. Doch wissen Sie auch, wie Ihr Kind am besten lernt? Welcher Lernkanal bei ihm am stärksten ausgeprägt ist? Eine wertvolle Erkenntnis für erfolgreiches Lernen! Ob Ihr Kind ein Lauscher, ein Seher, ein Fühler, ein Leser oder ein Hüpfer ist, erfahren Sie durch unser Lernstärken-Diagramm. 

Inhaltsverzeichnis

Gezielte Förderung

Marc wird regelmäßig furchtbar müde in der Schule. Das passiert ihm immer dann, wenn sein Lehrer anfängt, Monologe zu halten. Der Klang der Stimme lullt ihn regelrecht ein, so dass er mit dem Schlaf kämpft. Viel wacher ist er, wenn er sich Informationen aufschreibt oder kleine Bilder zum Thema malt. Marie hingegen hört gerne zu. Sie findet es angenehm etwas erzählt zu bekommen, und kann sich vieles des Gehörten gut merken. Soll sie sich jedoch einen Lerninhalt durch Lesen selber erschließen, geht ihre Konzentration schnell gegen null. Die beiden Kinder haben ganz unterschiedliche Lernstärken. Marie lernt gut über das Hören, sie ist eine Lauscherin. Marc dagegen muss etwas tun, um seine Konzentration aufrechtzuerhalten. Sobald er schreibt, selber liest oder etwas bastelt, hat er mit dem Lernen kaum Probleme. Er ist ein Fühler und Leser.

Diese Lernkanäle werden in der Schule angesproche

  1. Hören (der Lauscher): Die Lehrkraft steht vor der Klasse und erzählt, um was es geht. In der Fremdsprache werden hier auch CDs eingesetzt, denen die Kinder zuhören sollen.
  2. Sehen (der Seher): Die Lehrkraft nutzt die Tafel (oder das Whiteboard) und visualisiert den Lerninhalt. Texte oder Aufgaben werden angeschrieben, DVDs oder Bilder im Schulbuch angesehen.
  3. Fühlen (der Fühler): Die Kinder erarbeiten sich einen Lernzusammenhang, indem sie etwas basteln, malen oder gestalten, sich also feinmotorisch beschäftigen.
  4. Lesen (der Leser): Die Kinder erschließen sich die Lerninhalte über Texte, die sie selber lesen und verstehen müssen.
  5. Bewegen (der Hüpfer): Lernen durch Bewegung (grobmotorisch) erfolgt beispielsweise beim Laufdiktat (Kinder prägen sich ein Wort oder einen Satz ein, laufen dann zu einem anderen Ort und schreiben das Gelesene da auf), beim rhythmischen „Erhüpfen“ des Einmaleins oder beim Auswendiglernen eines Gedichtes mit Bewegung und Musik.

Warum vom Unterricht wenig hängen bleibt

Immer noch wird im Unterricht sehr häufig über das Hören gelernt. In der Praxis sieht das so aus, dass die Lehrerin oder der Lehrer ein neues Thema ausführlich erklärt. Diese theoretische Vermittlung der Lerninhalte nimmt viel Raum ein. Erst in einem zweiten Schritt wird das so Gelernte dann auch praktisch angewendet. Oft aber viel zu wenig und viel zu einseitig. Kinder, die über den Hörkanal nicht gut lernen können, haben jetzt schon viel Wichtiges verpasst. Etwas mehr Vielfalt im Unterricht, wie es beispielsweise beim projektorientierten Lernen geschieht, wäre wünschenswert. So können alle Kinder, entsprechend ihren bevorzugten Lernkanälen, optimal lernen.

Was bedeutet das für das Lernen zu Hause?

Wenn Sie der Meinung sind, Ihr Kind werde aufgrund seines bevorzugten Lernkanals in der Schule nicht optimal angesprochen, können Sie in der Regel gar nicht viel verändern. Die Lehrerin oder der Lehrer wird den Unterricht kaum so verändern, wie Sie es sich für Ihr Kind wünschen. Die Lehrkraft muss nämlich nicht nur Ihrem Kind, sondern auch allen anderen Schülern gerecht werden. Darüber hinaus hat sie/er auch selbst Vorlieben der Lernstoffpräsentierung, die sie/er gut beherrscht und gerne anwendet. Sie können aber das Lernen zu Hause verändern und zu den Bedürfnissen Ihres Kindes anpassen. Das ist eine großartige Unterstützung für Ihr Kind und wird ihm mit Sicherheit dabei helfen, sein Potenzial besser auszuschöpfen. Erstellen Sie einfach anhand unseres folgenden Tests ein Lernstärkendiagramm für Ihr Kind, und setzen Sie dann unsere Tipps um.

Machen Sie den Lernstärkentest mit Ihrem Kind

Der folgende Test dauert insgesamt nicht lange, die fünf Teilbereiche sollten aber mit einem gewissen Abstand durchgeführt werden. Machen Sie pro Tag nicht mehr als zwei Übungen, sonst überlappen sich die einzelnen Aufgaben, und das Testergebnis ist nicht mehr so aussagekräftig. Vielleicht legen Sie den Test in die Ferien oder auf ein Wochenende. Optimal ist es, die insgesamt fünf Aufgaben auf drei Tage zu verteilen, sodass Sie das Lernstärken-Diagramm am dritten Tag fertig stellen können.

Sie benötigen für den Test ab Klasse 3 …

  1. Hören: eine Wortliste von zehn Dingen, die Sie Ihrem Kind vorlesen, z. B. Telefon, Straßenbahn, Windbeutel, Gänseblümchen, Esstisch, Skifahrer, Segelboot, Blumentopf, Sandkasten, Fahrradhelm.
  2. Sehen: wieder zehn andere Dinge, am besten Bilder auf einzelnen Kärtchen, eventuell auch aus einem Memory, die Ihr Kind sehen kann.
  3. Fühlen: zehn Dinge, die Ihr Kind (er)fühlen kann, z. B. einen Radiergummi, einen Salzstreuer, ein Heft, eine Brille, eine Gabel, einen Pinsel, einen Schirm, das Telefon, ein Kissen, einen Schuh.
  4. Lesen: Kärtchen mit den Begriffen von zehn anderen Dingen, die Ihr Kind sich selbst erlesen soll, z. B. Sahnetorte, Rutschbahn, Lastwagen, Fahrradklingel, Badeanzug, Elefant, Handtuch, Regenjacke, Spielzeugauto, Pferdesattel.
  5. Bewegen: zehn Dinge, die Ihr Kind durch Hin- und Herlaufen entdecken kann, z. B. ein Geldstück, einen Apfel, einen Topf, ein Stück Seife, eine Zahnbürste, einen Ball, Kopfhörer, eine Fernbedienung, eine Packung Nudeln, einen Schlüsselbund.

Erläutern Sie Ihrem Kind den Ablauf des Tests

Erklären Sie Ihrem Kind, worum es geht. Es hört, fühlt, sieht oder liest jetzt jeweils zehn Dinge oder Begriffe, von denen es sich so viele wie möglich merken soll – ein spielerischer Test. Führen Sie dann mit Ihrem Kind die fünf Tests durch, und tragen Sie die Ergebnisse in die jeweilige Spalte bei der richtigen Ziffer ein. Wenn Ihr Kind sich fünf Dinge im Hörtest merken konnte, schraffieren Sie in der ersten Spalte die Reihen eins bis fünf (siehe Diagramm-Beispiel), waren es beim Sehtest neun, schraffieren Sie hier neun Felder. Machen Sie nicht mehr als zwei Tests an einem Tag, und lassen Sie bitte auch zwischen den beiden Tests mindestens eine halbe Stunde Zeit verstreichen.

So geht’s!

  1. Hör-Test: Lesen Sie Ihrem Kind die zehn Begriffe nacheinander vor, und lassen Sie zwischen den Begriffen jeweils zehn Sekunden Zeit. Stellen Sie Ihrem Kind nun eine einfache Frage, etwa eine Rechenaufgabe aus dem Einmaleins. Anschließend hat es fünf Minuten Zeit, so viele von den gehörten Begriffen wie möglich aufzuschreiben. Kontrollieren Sie das Ergebnis, und tragen Sie die Anzahl der richtigen Begriffe in das Diagramm ein.
  2. Seh-Test: Zeigen Sie Ihrem Kind nun der Reihe nach die zehn Bilder jeweils für zehn Sekunden, aber benennen Sie selber die Bilder nicht. Stellen Sie ihm wieder eine Rechenaufgabe. Danach hat Ihr Kind erneut fünf Minuten Zeit, so viele von den gesehenen Bildern wie möglich aufzuschreiben. Kontrollieren Sie das Ergebnis und tragen Sie die Anzahl der richtigen Begriffe in das  Diagramm ein.
  3. Fühl-Test: Verbinden Sie Ihrem Kind die Augen. Geben Sie ihm dann der Reihe nach jeweils für etwa zehn Sekunden (auf jeden Fall, bis es den Gegenstand erkannt hat) die zehn Dinge in die Hand. Sprechen Sie bitte die Namen der Gegenstände nicht aus, weil das das Ergebnis verfälschen könnte, auch Ihr Kind sollte nicht sprechen. Stellen Sie Ihrem Kind wieder eine Rechenaufgabe, danach soll es so viele Dinge wie möglich aufschreiben. Tragen Sie das Ergebnis in das Diagramm ein.
  4. Lese-Test: Geben Sie Ihrem Kind nun nacheinander die zehn Kärtchen, die es sich jeweils zehn Sekunden lang leise durchlesen (nicht laut lesen) soll. Sprechen Sie möglichst wenig. Stellen Sie ihm anschließend wieder eine Rechenaufgabe, und bitten Sie es dann, so viele Begriffe wie möglich aufzuschreiben. Die Anzahl der richtig gemerkten Begriffe kommt ins Diagramm.
  5. Bewegungs-Test: Begeben Sie sich beispielsweise in die Küche, und stellen Sie dort jeweils eines der zehn Dinge zehn Sekunden lang auf einen Tisch. Ihr Kind soll nun von einem anderen Raum aus in die Küche laufen, den Gegenstand zehn Sekunden ansehen und dann wieder zurücklaufen. Das macht es zehnmal, bis es alle Gegenstände gesehen hat. Danach bekommt Ihr Kind wieder eine Rechenaufgabe und soll dann so viele Gegenstände wie möglich aufschreiben. Mit der Anzahl der richtig gemerkten Dinge füllen Sie schließlich die letzte Spalte des Lernstärken-Diagramms auf.

Das Lernstärken-Diagramm spricht für sich

Anhand der schraffierten Flächen können Sie nun gut erkennen, welcher Lernkanal von Ihrem Kind bevorzugt wird. Bei den meisten Kindern sind ein oder zwei Lernkanäle stärker als die anderen. Auf der nächsten Seite geben wir Ihnen Anregungen, wie Sie mit den einzelnen Lernstärken am sinnvollsten lernen können. Wenn Ihr Kind keinem Lernkanal eindeutig zuzuordnen ist, ist seine Aufnahmefähigkeit breit gefächert. Wechseln Sie in diesem Fall die Lernmethoden möglichst oft, sodass alle Lernkanäle angesprochen werden.



So lernen die verschiedenen Typen am besten

Wenn Sie nun das Lernstärken-Diagramm Ihres Kindes in der Hand halten, möchten Sie es sicherlich auch umsetzen. Vielleicht erkennen Sie, dass Ihr Kind bereits passende Lerntechniken anwendet. Prima! In den meisten Fällen wird es jedoch sicherlich noch etwas zu verbessern geben. Bei der Umsetzung der Auswertung geht es nicht um Leistungsdrill, sondern vielmehr um mehr Erfolgerlebnisse bei gleichem Einsatz.