Problemfach Englisch: So gelingt der Übertritt ohne Schock

Singen, kleine Rollenspiele und ein bisschen schreiben: Sieht so der momentane Englischunterricht Ihres Kindes aus? Vielleicht sind Sie unsicher, ob diese Vorkenntnisse ausreichen, um im Englischunterricht am Gymnasium einen guten Start hinzulegen. Unsere Co-Autorin, die Grundschullehrerin Annette Holl, stellt in ihrem Beitrag Probleme vor, die bei vielen Kindern im Englischunterricht auftreten. Nutzen Sie unsere Tipps, um schon jetzt einen reibungslosen Übertritt vorzubereiten.  

Inhaltsverzeichnis

Bessere Noten

In Berlin und Brandenburg wird die Englischnote in den Notendurchschnitt für die Übergangsempfehlung einbezogen. In den anderen Bundesländern spielt das Fach Englisch für die Übergangsempfehlung keine Rolle. Aber auch dann sollten Sie die Bedeutung des Faches nicht unterschätzen, da es im Gymnasium von Anfang an eine wichtige Rolle spielt.

Was können die Kinder, wenn sie aus der Grundschule kommen?

Inzwischen ist der Englischunterricht in fast allen Bundesländern verbindlich in den Grundschulen eingeführt. Die Kinder lernen spielerisch und gehen mit durchaus vorzeigbaren Sprachkenntnissen aufs Gymnasium.

  • Die Kinder haben ein gut ausgeprägtes Hörverstehen. Sie sind es gewohnt, dass der Lehrer Englisch spricht, und lassen sich nicht verunsichern, wenn sie nicht alle Wörter auf Anhieb verstehen.
  • Sie kennen viele englische Lieder und Reime auswendig.
  • Die Kinder reagieren auf englische Anweisungen (passiver Wortschatz).
  • Sie haben einen umfangreichen aktiven Wortschatz und sprechen größtenteils ungehemmt.
  • Sie können englische Wörter und kurze Sätze abschreiben.
  • Als Testverfahren kennen sie Farbdiktate, das Ankreuzen des Zutreffenden, das Erkennen von Reihenfolgen und sie können Bildkarten gehörten (teilweise auch gelesenen) Wörtern zuordnen.

Ausgestattet mit diesen Kompetenzen begegnen die meisten Kinder dem Englischunterricht am Gymnasium neugierig, optimistisch und leistungswillig.

Welche Probleme plagen Kinder beim Übergang aufs Gymnasium?

Nicht zuletzt durch die Einführung des achtjährigen Gymnasiums sind die Anforderungen stark gestiegen – Zeit für spielerisches Lernen bleibt kaum. Deshalb erleiden viele Kinder einen Motivationsverlust in den ersten Schulwochen am Gymnasium. Folgende  Schwierigkeiten im Fach Englisch treten auf:

  • Englisch ist ein benotetes Hauptfach und somit versetzungsrelevant. Viele Eltern interessieren sich jetzt sehr für die Noten. Das empfinden viele Kinder als Druck.
  • Unterrichtet in der Grundschule meist der Klassenlehrer, bekommen die Kinder auf dem Gymnasium nun einen Fachlehrer.
  • Waren die zwei Englischstunden bisher oft auf die gesamte Woche verteilt (z. B. eine 20-Minuten-Einheit am Montag, zehn Minuten am Dienstag), erleben die Kinder jetzt 45-Minuten-Einheiten, was eine längere Konzentrationsfähigkeit erfordert.
  • Der Englischunterricht ist stark an einem Lehrbuch orientiert, was die Kinder meist noch nicht gewohnt sind.



  • Die Kinder werden mit  mehr Vokabeln auf einmal konfrontiert, die in der Schule weniger wiederholt werden als bisher. Sie müssen die Vokabeln zu Hause selbstständig auswendig lernen.
  • Sie müssen die Vokabeln nicht nur mündlich (wie bisher), sondern auch schriftlich beherrschen.
  • In häufigen Vokabeltests wird die Rechtschreibung überprüft und bewertet.
  • Die Kinder schreiben regelmäßige Klassenarbeiten im Fach Englisch, was sie überhaupt nicht gewohnt sind.
  • Die Kinder müssen nun regelmäßig Hausaufgaben im Fach Englisch machen. Das führt  zu einer insgesamt deutlich längeren Hausaufgabenzeit.
  • Bislang nie thematisiert, ist die Grammatik jetzt ein eigener Lernbereich.

Es ist wichtig, den Übergang auf das Gymnasium in Gesprächen mit Ihrem Kind vorzubereiten. Versuchen Sie dabei aber, das Ganze nicht zu dramatisieren, und erwarten Sie nicht gleich das Schlimmste. Vielleicht empfindet Ihr Kind den Start am Gymnasium ganz unproblematisch. Die ersten Schulwochen dienen meist der Wiederholung des Grundschulstoffs. Das führt bei manchen Kindern sogar zeitweilig zu Langeweile.

Was muss Ihr Kind können, um in Englisch problemlos auf dem Gymnasium mitarbeiten zu können?

Die Lehrwerke der fünften Klasse knüpfen an folgendem Wissensstand Ihres Kindes an:

  • Es kann sich vorstellen.
  • Es kann Gefühle ausdrücken (z. B. „I’m angry“, „I’m sad“).
  • Es kann andere auf verschiedene Arten begrüßen („Hello“,  „Good morning“), sich verabschieden, sich bedanken („Thank you“) und nach dem Befinden („How are you?“) fragen.
  • Es kann eigene Wünsche bzw. seinen eigenen Willen äußern (z. B. „I want/I don’t want“/„I like/I don’t like“).
  • Es kann Personen oder Tiere beschreiben.
  • Es kann Zeit-, Orts- und Wetterangaben machen (z. B. „It’s sunny“).
  • Es kennt einige grammatische Strukturen wie die regelmäßige Pluralbildung (z. B. „house/houses“) und einzelne unregelmäßige Pluralformen (z. B. „mouse/mice“).
  • Es verwendet „is“ oder „are“ (z. B. „My brother is young/ My Grandparents are old“).

Vielleicht erfüllt Ihr Viertklässler momentan nur einen Teil dieser Lernziele. Geraten Sie trotzdem nicht in Panik! Zum einen hat Ihr Kind bis zu den Sommerferien noch ein halbes Jahr Englischunterricht und wird noch einiges dazulernen. Außerdem wird der Englischlehrer in der fünften Klasse sicherlich nicht sofort in den normalen Unterricht einsteigen. Da die Kinder aus verschiedenen Grundschulklassen kommen, verfügen sie über unterschiedliche Vorkenntnisse. Somit muss der Lehrer erst einmal feststellen, an welchen Lernstand er anknüpfen kann.