Soll ich mein Kind für schulische Leistungen loben, belohnen, kritisieren oder bestrafen?

Wenn Ihr pubertierender Nachwuchs mit einer guten oder schlechten Note nach Hause kommt, dann haben Sie verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie effektiv die verschiedenen Feedback-Varianten sind und worauf Sie beim Loben und Kritisieren achten sollten. 

Inhaltsverzeichnis

Das richtige Feedback in der Pubertät

Ob Loben, Belohnen, Kritisieren oder Bestrafen – meistens steckt hinter diesen Reaktionen der Versuch, das jeweilige Lern- und Arbeitsverhalten Ihres Kindes entweder positiv zu verstärken oder zum Besseren zu verändern.

Das Feedback als Manipulationsversuch?!

Loben, Belohnen, Bestrafen: Diese drei Feedback-Varianten haben sicher einen manipulativen Charakter. Loben oder belohnen Sie Ihr Kind für eine gute Leistung, so hoffen Sie insgeheim, dass Ihr Kind dieses positive Verhalten dann häufiger und seine Motivation geweckt wird. Von einer Bestrafung, z. B. Computerspiel-Verbot, versprechen Sie sich hingegen, dass Ihr Kind etwa den Grundsatz „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ versteht und sich nun wieder intensiver mit seinen Lernaufgaben beschäftigt. Nicht manipulativ ist das kritische Feedback – vorausgesetzt, Sie halten sich an die Regeln. Motivierende Manipulation, z. B. durch Lob, ist sicher nicht grundsätzlich zu verurteilen. Dennoch haben sensible pubertierende Jugendliche mit solchen manipulativen Verhaltensweisen oft Schwierigkeiten. So kann es vorkommen, dass Ihr Kind auch bei einem gut gemeinten Lob schon mal grantig reagiert: „Du willst doch nur, dass ich jetzt immer so viel für meine Englischarbeiten lerne!“ In der Pubertät neigen Heranwachsende verstärkt dazu, alles, was Sie als Eltern sagen, genau zu hinterfragen. Dass sie selbst bei einem ehrlichen Lob einen schalen Nachgeschmack wahrnehmen, hängt auch mit dem sich wandelnden Beziehungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern in dieser Zeit zusammen.

In der Pubertät lösen sich hierarchische Verhältnisse auf

Mit Ausnahme der Kritik geschehen alle drei anderen Feedbackformen aus einem hierarchischen Beziehungsverhältnis heraus. Wer in der Hierarchie höher steht, „darf“ die Leistung der Person bewerten, die in der Hierarchie niedriger rangiert. Das ist in der Arbeitswelt so, wenn Vorgesetzte ihre Mitarbeiter loben und etwa durch zusätzliche Prämien belohnen. Und auch in der Schule akzeptieren Schüler, wenn Lehrer ihre Leistungen loben oder sie auch mal, z. B. für schlechtes Verhalten, bestrafen. Bei diesen Beziehungsverhältnissen ist geregelt, wer das Sagen hat und in der Hierarchie oben steht. In der Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem pubertierenden Kind ist diese Hierarchie jedoch nicht dauerhaft festgelegt. Die Pubertät ist ja gerade die Zeit, in der Ihr Kind unabhängig und selbstständig werden möchte. Je älter Ihr Kind wird, umso mehr wird sich auch Ihr Verhältnis (bestenfalls) hin zu einer gleichberechtigten Beziehung verändern. Dass Ihr Kind auf dem Weg dahin mitunter sehr empfindlich reagiert, vielleicht sogar wenn sie es loben, sicher aber, wenn sie es bestrafen wollen, lässt sich so erklären.

Drei wichtige Grundregeln der Kommunikation

Unabhängig von den hierarchischen Strukturen gilt aber: Je positiver die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind ist und je besonnener Sie Ihr Feedback kommunizieren, umso besser wird es von Ihrem Kind angenommen. Die folgenden drei Kommunikationsregeln können Ihnen dabei helfen.

1. Regel: Achten Sie auf Ihre Körpersprache

„Der Ton macht die Musik.“ Sicher kennen Sie dieses Sprichwort. Es meint, dass mehr als das, was Sie inhaltlich sagen, der Unterton, in dem Sie es sagen, von Ihrem Kind wahrgenommen wird. Der Satz „Da hast du ja wirklich gut gelernt!“ kann je nachdem, wie Sie ihn sagen, von Ihrem Kind als positives Lob oder auch als indirekte Kritik aufgefasst werden. Neben der Stimme ist auch entscheidend, welche Körperhaltung, Gestik und Mimik Sie Ihrem Kind gegenüber zeigen. Eine dominantaggressive oder arrogante Körpersprache provoziert Ihr Kind und macht es für keinerlei Feedback empfänglich.

Unser Rat
Versuchen Sie eine neutrale oder, wenn Ihnen das trotz Ärger möglich ist, eine offene und freundliche Körpersprache beizubehalten.

2. Regel: Die Beziehung bestimmt den inhaltlichen Erfolg der Kommunikation

Eine bekannte Grundregel der Kommunikation besagt, dass zwei Menschen nur dann sachlich miteinander reden können, wenn die Beziehung zwischen ihnen positiv bzw. neutral ist. Für die Kommunikation mit Ihrem Kind bedeutet das, dass Ihre Rückmeldungen nur dann bei ihm ankommen, wenn Ihre Beziehung zueinander gut ist. Ist Ihr Verhältnis hingegen belastet, wird Ihr Kind dazu neigen (und umgekehrt auch Sie), sachlich gemeinte Aussagen vorwiegend mit dem „Beziehungsohr“ zu hören und negativ zu interpretieren. Ihre sachlich-neutral gemeinte Aufforderung „Zeig mir doch mal deinen Mathe-Test“ wird von Ihrem Kind dann möglicherweise nur als Einleitung für eine anschließende negative Beurteilung wahrgenommen.

Unser Rat
Für ein erfolgreiches Kritikgespräch oder ein glaubwürdiges Lob müssen Sie zuvor mögliche Streitereien aus dem Weg räumen.

3. Regel: Übernehmen Sie Verantwortung für den Verlauf des Gesprächs

Sicher können Sie sich an Gespräche erinnern, die völlig anders verlaufen sind, als Sie es sich vorgestellt haben. Vielleicht haben Sie sich dabei falsch oder gar nicht verstanden gefühlt und den Grund dafür bei Ihrem Kommunikationspartner gesucht. Ob Ihre Nachricht bzw. Ihr Feedback richtig bei Ihrem Kind ankommt, dafür sind im Wesentlichen aber Sie selbst verantwortlich!

Unser Rat
Überprüfen Sie, ob Ihre Signale eindeutig (ohne Widersprüche zwischen verbalen und körpersprachlichen Signalen), genau und verständlich (laut, deutlich, präzise formuliert) und als direkte Botschaft (ohne missverständliche Ironie) bei Ihrem Kind ankommen. Ist das nicht der Fall, liegt es an Ihnen, das Missverständnis aufzuklären und Ihr Anliegen genauer darzulegen.

Vorsicht beim Belohnen!



Vorsicht beim Belohnen!

Wenn das Belohnen seinen guten Zweck erfüllt und Ihr Kind positiv zum Lernen motiviert, dann ist daran zunächst sicher nichts Verwerfliches. Ausreden wollen wir Ihnen daher das Belohnen nicht, aber dennoch einige „Bedenken“ mit auf den Weg geben.

Belohnen ist die Kehrseite von Bestrafen

Fällt die Belohnung für eine Leistung nicht im erwarteten Rahmen aus, kann Ihr Kind das durchaus als Strafe empfinden. „Ausgefeilte“ Belohnungssysteme schüren dieses Empfinden oft zusätzlich, wenn beispielsweise für eine Eins 6 Euro, für eine Zwei 4 Euro, für eine Drei 2 Euro gezahlt werden und ab einer Vier dann Geld zurückgezahlt werden muss.

Belohnungssysteme können den Leistungsstress erhöhen

Anfangs wirken Belohnungssysteme oft motivierend auf das Lernverhalten. Mit der Zeit kann der Druck, immer gute Leistungen zeigen zu müssen, aber zu Stress führen. Selbst wenn die Lernziele realistisch, also erreichbar für Ihr Kind sind, fällt es doch den meisten Jugendlichen in der Pubertät schwer, dauerhaft auf hohem Niveau zu lernen. Neben dem schulischen Benotungssystem noch einem zweiten Bewertungssystem ausgesetzt zu sein, ist für manche Jugendliche eindeutig zu viel.

Belohnen kann den Grund des Lernens verändern

Materielle Belohnungen (z. B. Geld oder ein kleines Geschenk) können genauso wie immaterielle Belohnungen (z. B. eine Radtour) zur Folge haben, dass sich Ihr Kind bald nicht mehr für eine bessere Note anstrengt, sondern weil es sich die versprochene Belohnung verdienen möchte. Der Motivationsgrund hat sich dann weg von der schulischen Leistung hin zur Belohnung verschoben.

Unsere Belohnungs-Tipps:

1. Belohnen Sie unerwartet.

Dem ganzen Belohnungsdilemma können Sie entgehen, wenn Sie nicht regelmäßig, sondern hin und wieder sowie unerwartet belohnen. Eine solche „außerordentliche“ Belohnung wird Ihr Kind als besondere Anerkennung seiner Anstrengungen schätzen.

2. Belohnen Sie nicht nur das Ergebnis.

Bis eine gute Note belohnt werden kann, ist es manchmal ein langer Weg. Besser ist es, wenn Sie durch Belohnungen wichtige Schritte auf diesem Weg zum Ziel verstärken, beispielsweise das regelmäßige Erledigen der Hausaufgaben, eine saubere Heftführung etc.

3. Seien Sie stolz auf Ihr Kind.

Natürlich ist eine gute Note schon genug Belohnung. Trotzdem möchte jedes Kind, dass seine Eltern stolz auf es sein können. Ihre positive Reaktion auch auf kleine schulische Erfolge ist daher die beste Belohnung.

Vermeiden Sie Strafen!

Strafen wirken in der Regel genauso manipulativ wie Belohnungen, allerdings mit erheblich größerem negativem Beigeschmack. Unserer Meinung nach sind Strafen daher als „Feedback“ auf negative schulische Leistungen ungeeignet. Zunächst verändert Ihr Kind aufgrund einer angedrohten oder vollzogenen Strafe sein Verhalten meist nicht aus Einsicht, sondern um der Strafe zu entgehen. Ihr Kind lernt nun etwa seine Vokabeln nur, damit es wieder am Computer spielen kann. Strafen können also ähnlich wie Belohnungen den Handlungsgrund verändern. Hinzu kommt, dass Strafen häufig aggressives Verhalten fördern, denn sie

  • verweigern Bedürfnisse,
  • erzeugen so Frustrationen,
  • schädigen das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Kind,
  • begünstigen das Lernen am negativen Modell.

Überlegen Sie einmal, wann sich eine von Ihnen erteilte Strafe, ohne Nebenwirkung auf Ihre Beziehung, tatsächlich mittel- oder langfristig auf den Lernerfolg Ihres Kindes ausgewirkt hat. Normalerweise ist das nicht der Fall, denn Strafen funktionieren meist nur kurzfristig oder müssen so hart sein, dass sie Ihr Kind wirklich dauerhaft erschüttern. Das hat dann aber wiederum auch größere negative Folgen für Ihre Beziehung.

Unser Rat: Logische Konsequenzen
Besser geeignet als Strafen sind logische Konsequenzen. Eine logische Konsequenz ergibt sich bestenfalls „logisch“ aus dem Handeln Ihres Kindes. Zudem erfolgen logische Konsequenzen nicht spontan und willkürlich wie oft Strafen, sondern sind vorab mit Ihrem Kind besprochen. So können Sie z. B. gemeinsam festlegen, dass Ihr Kind erst seine Schulsachen vollständig bis 19 Uhr erledigt haben muss, wenn es danach für eine Stunde in Facebook unterwegs sein will. Hält es sich nicht an diese Bedingung, weiß es, dass am nächsten Tag etwa der Computer aus bleibt. Ihr Kind spürt also unmittelbar die Folgen seines Handelns, kann diese aber durch sein jeweiliges Verhalten auch direkt beeinflussen.