Warum Sie die Privatsphäre Ihres Heranwachsenden achten sollten

Teenager sind manchmal verschlossen. Nachfragende Eltern werden oft abgewiesen und mit Floskeln abgespeist, das Wichtigste wird lieber mit den Freundinnen oder Freunden besprochen. Kein Wunder, dass es Eltern da manchmal in den Fingern juckt, im Tagebuch des Heranwachsenden zu blättern oder sich seine What‘s App-Nachrichten anzuschauen. Doch Vorsicht: Mit solchen Aktionen setzen Sie das Vertrauensverhältnis zu Ihrem pubertierenden Kind aufs Spiel! Lesen Sie hier, warum Chat-Verläufe, SMS & Co. der Kinder für Eltern tabu sind. Und wann Sie dieses Tabu brechen müssen. 

Inhaltsverzeichnis

Privatsphäre und Kontrolle in der Pubertät

Jugendliche haben aus verschiedenen Gründen ein großes Bedürfnis, sich von den Eltern abzugrenzen und auf ihre Privatsphäre zu pochen. Dazu gehört unter anderem, ihnen nicht (mehr) alles zu erzählen, was sie beschäftigt, und sich zwischenzeitlich von ihnen emotional zu distanzieren.Diese Abgrenzungsmanöver sind gesunde Versuche, sich von den Eltern abzunabeln und unabhängiger zu werden. Mütter und Väter tun gut daran, diese Verhaltensweisen zu akzeptieren. Auch müssen sie akzeptieren, dass Teenager Geheimnisse vor ihnen haben und sich jeglicher Kontrolle entziehen wollen.

Spionieren verboten: Tagebuch, Liebesbriefe & Co. sind Teil der Privatsphäre!

Teenager haben ein Recht auf Privatsphäre. Deshalb ist es absolut tabu, in Briefen, E-Mails und SMS-Nachrichten herumzustöbern, wenn der Jugendliche es nicht ausdrücklich erlaubt hat. Auch sollten Eltern nicht in (Schul-)Unterlagen und Zetteln auf dem Schreibtisch herumwühlen. Ganz allgemein ist jegliche Form des „Hinterherspionierens“ kontraproduktiv: Ein Jugendlicher, der sich heimlich kontrolliert fühlt, wird darauf (zu Recht) ärgerlich reagieren, sich hintergangen fühlen und gekränkt sein. Sein Vertrauen wird zutiefst erschüttert sein, und die Eltern-Kind-Beziehung kann darunter erheblich leiden. Auch Erwachsene mögen es normalerweise nicht, wenn ihnen jemand hinterher schnüffelt. Eine besonders bedeutsame Stellung nimmt – vor allem bei weiblichen Jugendlichen – das Tagebuch ein. In diesem formulieren Mädchen (und Jungen) ihre intimsten und geheimsten Gedanken, die vor allen Blicken geschützt werden sollen. Das Tagebuch ist auch der sichere Ort für alle Erfahrungen, Sorgen und Nöte, die der Jugendliche sonst niemandem anvertrauen möchte oder die ihm unangenehm sind. Insofern sind Tagebucheintragungen mehr als Notizen über den Alltag. Vieles von dem, was hier hereingeschrieben wird, ist von hoher emotionaler Bedeutung, zum Teil auch mit Scham besetzt.  

Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser!

Mal „eben kurz einen Blick“ in dieses Tagebuch zu werfen, ist eine schwere Grenzüberschreitung und deshalb ein absolutes No-Go. Aussagen wie „Es lag so demonstrativ auf dem Bett, da konnte ich nicht anders. Wenn sie wirklich nicht wollte, dass man darin liest, würde sie es woanders hintun“ sind Ausreden und rechtfertigen ein solches Verhalten nicht.

Beachten Sie also bitte folgende Punkte:

Haben Sie Vertrauen in Ihr Kind.

Es ist normal und in Ordnung, dass es sich Ihnen jetzt nicht ständig anvertraut. Schließlich will es ja erwachsen und unabhängig von Ihnen werden. Da kann man nicht bei jeder Gelegenheit zu Mami und Papi rennen! Wenn Sie sich Sorgen machen oder einfach gerne wissen möchten, wie es Ihrem Kind geht, sprechen Sie es darauf an: „Ich wüsste sehr gerne, wie es dir geht und was dich gerade beschäftigt. Ich würde mich freuen, wenn du mir davon erzählen würdest.“ Und halten Sie es aus, wenn Sie mal nicht so genau Bescheid wissen.

Gestatten Sie Ihrem Kind seine Privatsphäre, und gestehen Sie ihm Geheimnisse zu.

Ihr Kind ist nicht verpflichtet, Ihnen alles zu erzählen. Respektieren Sie das, und bohren Sie nicht nach. Kontrolle muss zwar manchmal sein, aber: je weniger, desto besser! Immer weniger Kontrolle über das Kind auszuüben, gehört zum Prozess des Loslassens dazu.

Halten Sie Kontakt mit Ihrem Kind, bieten Sie ihm immer mal wieder Gespräche an, und zeigen Sie sich interessiert.

So bleiben Sie (mehr oder weniger) auf dem Laufenden darüber, wie es Ihrem Kind geht, und kommen dann auch nicht in Versuchung, irgendwo „spicken“ zu müssen. Achten Sie darauf, dass Sie nicht kontrollierend, sondern interessiert „rüberkommen“. Dann fühlt sich Ihr Kind ernst genommen.

Bieten Sie Ihrem Kind Unterstützung an

„Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn dich etwas belastet. Auch wenn es peinlich ist. Mir ist auch schon mal was ganz Peinliches passiert, und zwar …“

Tun Sie das nicht nur einmal, sondern immer mal wieder. Wenn Sie das Gefühl vermitteln können, dass Ihr Kind auch Fehler machen darf, ohne dass gleich die große Familienkatastrophe ausbricht, wird es sich an Sie wenden, wenn es Schwierigkeiten hat.

Zeigen Sie sich aufgeschlossen für die Gefühle und Stimmungen Ihres Teenagers

„Ich habe das Gefühl, dass du gerade etwas bedrückt bist, kann das sein? Magst du mir erzählen, was passiert ist?“

Auch wenn Ihr pubertierendes Kind keine Lust  hat, darüber zu sprechen, merkt es doch, dass Sie es „sehen“ und seine Stimmung wahrnehmen.

Warum Aufklärung und klare Regeln besser sind als heimliche Kontrolle

Eltern spionieren ihren Jugendlichen in der Pubertät meist dann nach, wenn sie ihnen misstrauen oder sich Sorgen um sie machen. Besonders die Aktivitäten im Internet sind oft schlecht einsehbar. Verständlich, dass Eltern gerne mal „einen Blick“ darauf werfen wollen. Trotzdem brauchen Heranwachsende ihre Freiräume – die sie durch Aufklärung bekommen.

Tun Sie das auch, wenn es sein muss, aber bitte in Absprache mit Ihrem Kind!

Weiterhin ist es gut, wenn Ihr Kind über die Fallen im Internet Bescheid weiß, dann müssen Sie sich nicht so viele Sorgen machen und kommen weniger in die Versuchung, ihm nachzuspionieren.

Beschäftigen Sie sich deshalb unbedingt mit den Gefahren im Netz, und informieren Sie Ihre Kinder darüber.

  • Viele Infos finden Sie zum Beispiel auf folgenden Internetseiten: www.fragfinn.de, www.jugendschutz.net und www.klicksafe.de.
  • Am Anfang sollten Sie Ihrem Kind beim Chatten und Surfen zur Seite stehen, damit es nicht gleich böse Überraschungenerlebt.
  • Informieren Sie sich regelmäßig über die Internet- und Smartphone-Aktivitäten Ihres Heranwachsenden, und zeigen Sie sich interessiert. Ihr Kind sollte zwar nicht das Gefühl haben, kontrolliert zu werden, aber schon wissen, dass Sie seine Aktivitäten im Blick haben und ihm im Notfall zur Seite stehen.
Mein Tipp: Informieren Sie sich über die Privatsphäre im Internet!
Das Bundesministerium für Familie hat ein Info-Paket rund um das Thema Chats und Communitys herausgegeben. Es heißt „Chatten. Teilen. Schützen!“ und gibt hilfreiche Tipps zur sicheren Nutzung von Chats und Communitys. Es besteht aus einem anschaulich gestalteten Plakat für Kinder, einem informativen Flyer für Eltern und einem Webcam-Sticker, mit dem man die Kameras in PC, Handy und Tablet abdecken kann.