Lernstoff wiederholen: So funktioniert unser Gedächtnis

Das Wiederholen von Lernstoff gehört für die meisten pubertierenden Schüler zu den absolut unbeliebtesten Aufgaben. Warum nochmal lernen, was man eigentlich verstanden hat? Daher wird Lernstoff oft nur halbherzig oder auch einfach falsch wiederholt und Ihr Kind wundert sich dann, warum ihm in der Klassenarbeit Vokabeln, Formeln oder andere Lerninhalte „plötzlich“ nicht mehr einfallen. In diesem Beitrag können Sie lesen, warum das Wiederholen des Lernstoffs wichtig ist und wie es richtig funktioniert. 

Inhaltsverzeichnis

Lern- und Arbeitstechniken

Im spannenden Leben eines Teenagers verspricht das Wiederholen von Lernstoff nichts als gähnende Langeweile – vielleicht ein Grund dafür, dass Schüler in der Mittelstufe grundsätzlich dazu neigen, ihren Lernstoff zu wenig zu wiederholen. Doch Ihr Kind schadet seinem Gedächtnis und damit auch seinem Lernerfolg mehr als dass es ihm hilft, wenn es auf diesen wichtigen Speichervorgang verzichtet:

Fehlt das Wiederholen …

  • wird der Lernstoff nur unvollständig oder fehlerhaft im Gedächtnis abgelegt,
  • Wissenslücken und Verständnisschwierigkeiten entstehen,
  • das Erinnern der Lerninhalte ist mühsam, das Arbeitstempo sinkt,
  • neuer Lernstoff kann nicht richtig verstanden oder verarbeitet werden, weil Anknüpfungen fehlen,
  • zu große Stofflücken können mit der Zeit nicht mehr geschlossen werden, Ihr Kind verliert den Anschluss,
  • schlechte Noten, Ärger und Frust, Demotivation und fehlendes Selbstbewusstsein sind möglicherweise die negativen Folgen.

Mitunter ist es schwer, Schüler davon zu überzeugen, dass sie ihren Lernstoff mehrfach wiederholen müssen. Manchmal hilft es, wenn sie verstehen, wie das menschliche Gedächtnis funktioniert. Den meisten Schülern wird dann schnell klar, dass Lernen ohne Wiederholen oft verschwendete, weil nicht effektiv genutzte, Zeit ist.

So funktioniert unser Gedächtnis

Das menschliche Gedächtnis wird aufgeteilt in einen sensorischen Speicher oder das Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG), das Kurzzeitgedächtnis (KZG) und das Langzeitgedächtnis (LZG). Das UKZG ist vergleichbar mit einer Tür, die in ein großes Haus (das Gedächtnis) führt. Durch diese Tür müssen zunächst alle Informationen „gehen“, die in das Haus hinein sollen. Allerdings passen immer nur wenige Informationen auf einmal durch diesen Eingang. Außerdem wird ausgewählt, welche Informationen in das Haus dürfen und welche draußen bleiben müssen. Wichtige und interessante Infos werden in der Regel gleich durch die Tür gelassen. Diese Arbeitsweise des UKZG ist wichtig, denn sie schützt vor einer Überlastung durch zu viele Informationen oder unnötigem „Gedächtnismüll“. Für das Lernen bedeutet das zunächst Folgendes:

1. Ihr Kind sollte also nicht zu viel auf einmal lernen, sonst entsorgt das UKZG schnell wieder alles, was zu viel ist. Lernen und Wiederholen sollte also in kleinen „verdaulichen“ Päckchen geschehen. Muss Ihr Kind zum Beispiel bis morgen 30 Vokabeln lernen, dann wäre es klug, wenn es diese in fünf Päckchen verteilt über den Nachmittag lernt.

2. Zudem ist es wichtig, dass Ihr Kind den Lernstoff mehrmals wiederholt. Einerseits damit der Lernstoff, der noch nicht „ins Haus“ gekommen ist oder bereits wieder entsorgt wurde“ noch nachrutschen kann. Andererseits ist Wiederholen wichtig, um dem Gedächtnis zu signalisieren, dass der Lernstoff „wirklich wichtig“ ist und deshalb gespeichert werden muss. Etwa 20 Sekunden befinden sich die neu gelernten Informationen im UKZG bevor sie entweder wieder vergessen oder weiter in das KZG geschickt werden. Hier dauert die Verarbeitung nun deutlich länger, ca. zwischen 20 Minuten und 2 Tagen. Nun ist es besonders wichtig, dass Ihr Kind den Lernstoff stetig weiter wiederholt, denn die Gefahr, dass Informationen vergessen werden, besteht weiterhin.

Nur durch regelmäßiges Wiederholen kann sichergestellt werden, dass auch vergessene Infos wieder in das Gedächtnis zurückgeholt werden. Ist das Wissen im LZG angekommen, dann ist es in der Regel dort auch für immer gespeichert. Aber auch jetzt ist es wichtig, dass Ihr Kind regelmäßig mit diesem Wissen arbeitet, bzw. es wiederholt. Je länger der Lernstoff unbenutzt im LZG ruht, umso schwieriger wird es, ihn wieder zu aktivieren. So ist es zum Beispiel zu erklären, dass wir eine gelernte Fremdsprache mit der Zeit immer weniger spontan beherrschen, je weniger wir sie aktiv nutzen. Dass Ihr Kind durch regelmäßiges Wiederholen am Ball bleibt, ist vor allem in den Fremdsprachen oder der Mathematik wichtig, wo der Lernstoff Schritt für Schritt auf zuvor erarbeitetes Wissen aufbaut. Der Lohn für diese Mühe lässt sich dann allerdings auch sehen:

Durch regelmäßiges Wiederholen …

  • wird der Lernstoff sicher und vollständig im Gedächtnis gespeichert,
  • Lerninhalte werden tiefer durchdacht und besser zueinander in Beziehung gesetzt,
  • Transferaufgaben (bekanntes Wissen in neuen Zusammenhängen anwenden) können so leichter gelöst werden,
  • Gelerntes kann schneller abgerufen werden, das Arbeitstempo steigt,
  • neuer Lernstoff wird leichter verstanden und besser behalten,
  • weil ausreichend Anknüpfungsmöglichkeiten vorhanden sind,
  • mit wachsender Stoffmenge wächst auch das inhaltliche Wissen und damit das Interesse am Lerngegenstand,
  • gute Noten, Stolz und Freude, Motivation, stabiles Selbstbewusstsein sind vermutlich die positiven Folgen.