Individuelle Förderung: Das können Sie vom Lehrer erwarten

Vielleicht kann Ihre Tochter noch nicht gut lesen, ist dafür aber sehr hilfsbereit. Vielleicht kann Ihr Sohn Sachaufgaben blitzschnell lösen, hinkt aber in seiner sozialen Entwicklung etwas hinterher. Dann ist entsprechendes Fördern bzw. Fordern dringend erforderlich. Ich zeige Ihnen, welche Möglichkeiten Lehrer haben, um Ihrem Kind adäquat zu helfen.  

Inhaltsverzeichnis

Kinder fördern und fordern

An meiner Schule haben wir Familienklassen, in denen Kinder vom ersten bis zum vierten Schuljahr gemeinsam lernen. Wir reagieren mit offenem Unterricht auf die breite Wissensschere. So sichern wir Fördern und Fordern aller Kinder, der (hoch-)begabten genauso wie der Kinder mit Lernschwierigkeiten.

Fakt ist, dass auch in ganz normalen Jahrgangsklassen wie der Ihres Kindes nicht alle im Gleichschritt lernen. Das Thema "Individuelle Förderung" ist in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Bildungspolitik gerückt und in den Schulgesetzen bzw. Erlassen vieler Bundesländer verankert. Leider steckt die Differenzierung dennoch an vielen Schulen noch immer in den Kinderschuhen.

Individuell fördern: Jedes Kind will lernen

Jedes Kind ist ein begabtes Kind, ganz gleich wie schnell es arbeitet oder wie viele Aufgaben es löst. Nach jahrelanger Arbeit als Grundschullehrerin bin ich überzeugt davon, dass jedes Kind lernen will, wenn es genügend Zeit zum Lernen bekommt und die Aufgaben seinem Leistungsvermögen entsprechen. Es ist die Aufgabe des Lehrers, qualitativ unterschiedliche Aufgaben und Materialien anzubieten und quantitativ differenzierte Anforderungen an seine Schüler zu stellen.

An meiner Schule wird deshalb mit Kompetenzrastern gearbeitet. Wir bieten den Schülern in Deutsch und Mathematik Aufgaben verschiedener Niveaustufen zum Lernen an. Es gibt Basisleistungen, die von allen erbracht werden müssen, um ein Fundament für die weiterführende Schule zu sichern. Darüber hinaus werden vertiefende Wahlaufgaben angeboten. Dieses Konzept kann in Teilen auch auf den normalen Unterricht übertragen werden, wenn der Lehrer Ihres Kindes bereit ist, ein paar Weichen anders zu stellen.

Lehrergespräch: Offen, ehrlich und sachlich ins Gespräch kommen

Haben Sie das Gefühl, dass der Lehrer Ihr Kind mit seinen ganz individuellen Stärken und Schwächen nicht ausreichend im Blick hat und ihm zu wenig Hilfe anbietet? Dann kontaktieren Sie ihn unverzüglich! Schildern Sie Ihre Eindrücke ohne Vorwürfe oder Schuldzuweisungen. Am Unterrichtskonzept oder an der Anzahl der Tests können Sie nichts ändern, trotzdem kann die Lernsituation Ihres Kindes verbessert werden! Ziel des Gesprächs ist eine klare Absprache (z. B. konsequenter Einsatz von Rechenplättchen) mit einer zeitnah umsetzbaren Zielvorgabe (z. B. 50 % der Rechenaufgaben auf einer Seite sollen richtig sein).

Tipps für die Förderung: Folgende Hilfen können Sie dem Lehrer Ihres Kindes nahelegen

  • Ständig Arbeitshefte oder -blätter auszufüllen ist für rechtschreibschwache Kinder sehr anstrengend. Handlungsorientiertes Lernmaterial (z. B. Logico, LÜK-Kästen oder Lernsoftware) sorgt bei höherer Motivation für ausreichend Übung. Bestimmt kann der Lehrer im Wochenplan eine Heftseite im Sprachbuch durch eine Übung aus dem Freiarbeitsregal ersetzen!
  • Wenn meine Schüler an ihren Wochenplänen arbeiten, nehme ich öfters eine Kleingruppe beiseite, um Dinge noch mal in Ruhe zu erklären. Bestimmt hat auch der Lehrer Ihres Kindes während eines Lernzirkels oder der Freiarbeit die Möglichkeit dazu.
  • Um Langeweile und daraus resultierendem auffälligen Verhalten vorzubeugen, können begabtere Kinder von Anfang an mit anspruchsvolleren Aufgaben (z. B. freie Wahl der Reizwörter beim Aufsatz, Knobelaufgaben) konfrontiert werden.
  • Viele Lehrer lassen schnellere Kinder lesen. Effizienter wird das, wenn Ihr Kind mit einer bestimmten Aufgabe in die Leseecke geschickt wird (z. B. mithilfe von Lexika oder Sachbüchern einen Tier- oder Länder-Steckbrief erstellen).
  • Hat Ihr Kind seine Aufgaben immer sehr schnell korrekt fertig? Dann braucht es keine Zeitfüller (z. B. weitere Arbeitsblätter oder Mandalas), sondern Aufgaben, die das Lerntempo beschleunigen (z. B. Rechnen im größeren Zahlenraum, im Extremfall das Mathe-Buch der nächsten Klassenstufe)
  • Kinder, die sowieso ständig alles richtig haben, sind von Hausaufgaben gelangweilt. Vielleicht lässt der Lehrer sich auf den Deal ein, dass es die vorgegebene Hausaufgabenzeit einhalten muss, ihm aber eine Auswahlmöglichkeit lässt?