Die Pubertät durchleben Mädchen anders als Jungen

Im Erleben der Pubertät gibt es sicher grundsätzlich mehr individuelle Unterschiede zwischen einzelnen Kindern und Jugendlichen als zwischen den Geschlechtern. Jeder Junge, jedes Mädchen nimmt die körperlichen und geistig-seelischen Veränderungen während dieser Zeit unterschiedlich wahr und verarbeitet diese auch anders. Inwiefern Jungs und Mädchen die Jahre der Pubertät aber auch unterschiedlich erleben, lesen Sie in diesem Artikel. 

Inhaltsverzeichnis

Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen in der Pubertät

Mädchen kommen im Durchschnitt zwei, manchmal sogar drei Jahre früher in die Pubertät als Jungen. Bereits zwischen dem 9. und 11. Lebensjahr kann bei Mädchen die Pubertät beginnen. Mädchen verändern sich in körperlicher, emotionaler, aber auch in intellektueller Hinsicht. Sie fühlen sich nicht selten den Jungen überlegen und zeigen es auch. Schon früh verändert sich ihr Körper. Doch der Beginn der Pubertät zeigt sich nicht unbedingt in körperlicher, als vielmehr in emotional-seelischer Hinsicht. Mädchen sind hin und her gerissen zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, zwischen Primadonna und Aschenputtel. Sie ziehen sich zurück, riegeln sich ab, distanzieren sich. Sie finden ihren Körper „ätzend“, lehnen ihn ab, oder sie inszenieren ihn mit aufreizender Mode. Mädchen suchen zunächst die Konfrontation mit ihrer Mutter, finden sie peinlich, beschimpfen sie. Mütter können es in dieser Zeit ihren Töchtern nicht Recht machen, werden ständig in Machtkämpfe hineingezogen. Für viele Mütter bedeutet diese Zeit Stress pur.
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Jungen kommen später in die Pubertät als Mädchen, etwa zwischen dem 10. Und 12. Lebensjahr. Der Beginn zeigt sich auch hier in körperlichen Veränderungen. Da wachsen als erstes die Füße, dann die Beine und die Arme. So empfindet sich der Junge als disproportional. Da die Muskelspannung nicht ausgebildet ist, hängt der Junge – im wahrsten Sinne des Wortes – herum. Er kann nicht gerade sitzen, rutscht ständig im Stuhl herum. Ungefähr mit 13 Jahren beginnt der Kehlkopf zu wachsen und der Junge kommt in den Stimmbruch. Auch das Gesicht wandelt sich: Nase und Backenknochen stechen hervor, die Haut ist Akne gezeichnet. Adonis sieht anders aus. Nicht selten kommt er ungepflegt daher, Waschen oder gar Duschen kommen nicht oder nur selten in Frage. So riecht es denn im Zimmer des Jungen wie in einer Testosteron-Höhle. Emotional schwankt der Junge in dieser Zeit zwischen offenem Aufbegehren, zwischen Wut und Zorn, Gefühlen, die er am Vater, der Mutter oder der älteren Schwester ungehemmt auslässt und einem kleinkindhaften Verhalten, einer Verhaltensregression. Im pubertierenden Jungen steckt der Held, der sich in die Welt hinaus macht genauso wie der Säugling, der Schutz und Geborgenheit braucht.

Mädchen neigen mehr zu Stimmungsschwankungen in der Pubertät

Bei der Suche nach besonderen geschlechtsspezifischen Unterschieden fällt auf, dass die Mädchen häufiger unter extremen Stimmungsschwankungen leiden. Mehr als die Jungen haben sie während der Pubertät mit einem ganzen „Cocktail“ aus Hormonen zu kämpfen. Vor allem der Östrogenstoffwechsel spielt eine nicht unbedeutende Rolle bei Depressionen. Mal ist die Welt der Mädchen sonnig und voller Abenteuer, mal ist alles grau und sie trauen sie sich kaum raus aus ihrer Höhle. Was genau mit ihnen passiert, können die Mädchen nicht greifen. Sie fühlen sich verunsichert und das Selbstbewusstsein leidet.

Jungs sind in der Pubertät auf der Suche nach dem Kick

Das männliche Gehirn hat sein Wachstum zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen als das weibliche Gehirn. Das mag eine Erklärung dafür sein, dass Jungen länger impulsiv und unkontrollierter reagieren als Mädchen. Auf diese Tatsache ist möglicherweise auch die höhere Risikobereitschaft der Jungen, das Austesten von Grenzen oder schlicht die Suche nach dem „ultimativen“ Kick zurückzuführen. Phänomene wie „Koma-Saufen“ oder früher das „U-Bahn-Surfen“ versuchen Forscher auf diese Weise zu erklären. Auch die erhöhte Anfälligkeit für Computersucht der Jungen mag in der unterschiedlichen Entwicklung und Ausprägung der Gehirnstrukturen liegen. Das Belohnungssystem des männlichen Gehirns spricht hier offensichtlich eher an als das der Mädchen.

Rollenbilder und die Suche nach geschlechtsspezifischer Identität

Mein Tipp
Reflektieren Sie als Eltern hin und wieder das eigene Rollenverhalten kritisch! Überlegen Sie, welche Vorstellungen vom Mann- oder Frau-Sein Sie Ihren Kindern vermitteln. Dass dies gar nicht so einfach ist, zeigt schon die Tatsache, dass rosa gekleidete Babys in Stimme und Tonfall meist anders angesprochen werden als blau gekleidete Babys. Geschlechtsspezifische Erziehung beginnt (unbewusst) also schon weit vor der Pubertät.         

Die meisten pubertären Unterschiede zwischen den Geschlechtern haben sicher etwas mit der Suche der Jugendlichen nach weiblicher bzw. männlicher Identität und den zur Verfügung stehenden Rollenbildern zu tun. Auf dem Weg zum Mann- oder Frau-Sein orientieren sich die Heranwachsenden an Vorbildern aus ihrem sozialen Umfeld, aber auch an Idealen oder Idolen aus der Unterhaltungsindustrie, Modewelt und Werbung. Manche „Vorgaben“ könnten krasser kaum sein: Überschlanke Models gastieren als Schönheitsideal neben sonnengebräunten Machotypen, drogenabhängige Musiker neben milchgesichtigen Teeniestars. Identitätsfindung, ob männlich oder weiblich, gelingt sicher dort am besten, wo das familiäre Umfeld (Eltern, Verwandte, Trainer, Freunde etc.) annehmbare Vorbilder liefert.