Rollenspiele fördern die sozialen Fähigkeiten Ihres Kindes

Kinder lieben es, ab und zu jemand anderes zu sein: die feine Prinzessin, der mutige Ritter oder der Onkel Doktor. Rollenspiele machen nicht nur Spaß, sie sind auch ein wichtiges Training und fördern verschiedene soziale Fähigkeiten . Ein guter Grund, ruhig öfter selbst mitzuspielen! 

Inhaltsverzeichnis

Kinder fördern

Wenn  Mütter am Spielplatz „unsichtbare“ Sandkuchen essen oder aus einer imaginären Tasse trinken sehen, wissen Sie sofort: Hier geht es um Rollenspiele. Vielleicht hat das Kind gerade als Bäcker einen Kuchen gebacken, oder es ist Ober in einem Restaurant und serviert gerade das Menü.

Wenn Kinder in der Lage sind, sich als eigenständige Person wahrzunehmen, fangen sie auch an, sich für Rollenspiele zu interessieren und Personen und Handlungen nachzuahmen. Das ist meist ab einem Alter von zwei Jahren der Fall. Nun wird aus dem Spielen für sich allein immer mehr ein Zusammenspiel mit anderen Kindern. Kinder im Kindergartenalter beschäftigen sich oft einen großen Teil des Tages mit Rollenspielen. Meist wird Ihr Kind sich für Rollenspiele Situationen aussuchen, die es gerade beschäftigen, oder die es aus dem Alltagsleben kennt (z. B. Familie, Arztbesuch, Kaufladen, Post). Es wird dann in diejenige Rolle schlüpfen, mit der es sich in der momentanen Situation am besten identifizieren kann oder die in seinen Augen am erstrebenswertesten ist.

So regen Sie Ihr Kind zum Rollenspiel an

Rollenspiele gehören zum normalen Spielverhalten ab dem Kleinkindalter. Und doch gibt es Rahmenbedingungen, die Ihr Kind besonders dazu ermutigen. Ihr Kind braucht ausreichend Platz zum Rollenspiel. Erlauben Sie ihm, andere Räume außer seinem Kinderzimmer zu benutzen, etwa das Bad oder den Flur. Stellen Sie etwas zum Verkleiden bereit. Ideal ist eine Verkleidungskiste mit verschiedenen ausrangierten Kleidungsstücken von Mama und Papa, eventuell auch Kostümen samt Zubehör (als Prinzessin, Ritter, Hexe, Cowboy, Burgfräulein, Pirat).Viele Kinder brauchen aber gar keine echte Verkleidung. Ihnen genügen verschiedene Tücher und Decken, aus denen sie sich ihr Kostüm selbst gestalten können. Günstig ist in solchen Fällen immer die passende Kopfbedeckung, wobei z. B. für einen Ritterhelm auch ein zurechtgeschnittener Karton genügt. Bieten Sie verschiedene Requisiten an. Vielseitig verwenden lassen sich beispielsweise ein ausrangiertes Telefon oder Handy, Taschen, Schuhe, Hüte oder Perücken, ein Fotoapparat, Koffer, Einkaufskörbe, Verbandszeug (am besten sogar einen Arztkoffer für Kinder), Blöcke und Stifte. Immer willkommen und sehr wandelbar sind auch Kartons in allen Größen, Kissen und Decken – je mehr, umso besser!

Es muss nicht alles perfekt sein. Wenn Sie Ihrem Kind zu viel oder nur sehr einseitig verwendbares Material anbieten, bleibt eventuell seine Kreativität auf der Strecke. Zu viel Material (z. B. fertig eingerichtete Kinderküche aus Plastik oder mit allen Raffinessen ausgestatteter Kaufladen) kann seine Fantasie blockieren.

  • Mein Tipp: Gut geeignet für Rollenspiele ist ein Kasperletheater mit den entsprechenden Handpuppen. Die Charaktere, die es hier gibt, sind eindeutig als „gut“ oder „böse“ einzuordnen und stellen ideale Identifikationsfiguren dar, etwa die schöne Prinzessin, der gemeine Räuber, das böse Krokodil oder die liebe Großmutter.

Spielen Sie mit, wenn Ihr Kind Sie darum bittet! Oft braucht es ganz dringend einen Patienten, der sich verarzten lässt, einen Kunden im Geschäft oder einen Gast im Restaurant. Beobachten Sie Ihr Kind, wenn es mit seinen Freunden spielt. Sie müssen in das Spiel eingreifen, wenn Verletzungsgefahr besteht (z. B. bei Arztspielen die Kinder gut beobachten!) oder ein Kind psychisch unter Druck gesetzt wird.

Rollenspiele fördern die sozialen Fähigkeiten von Kindern

Ganz gleich, ob Ihr Kind mit Ihnen oder einem bzw. mehreren anderen Kindern Rollenspiele spielt oder für verschiedene Rollen Puppen, Stofftiere oder Spielfiguren einsetzt, es kann dabei viel lernen: fremde Standpunkte verstehen sich in andere Menschen und deren Gefühle hineinversetzen Ängste verarbeiten Verhaltensweisen der Erwachsenen einüben kleinere soziale Konflikte erkennen und lösen in eine Gruppe einfügen, Regeln einhalten Ideen einbringen, Kontakte knüpfen Verantwortung übernehmen Wünsche und Bedürfnisse äußern, sich durchsetzen tolerant sein, Rücksicht nehmen auf andere. Darüber hinaus verbessern Rollenspiele die Sprach- und die Planungsfähigkeit sowie die allgemeine Intelligenz und fördern Fantasie und Kreativität.

Was die Rollenspiele Ihres Kindes Ihnen verraten

Im Rollenspiel Ihres Kindes spiegelt sich weniger seine Kinderwelt, sondern vielmehr das vermeintliche Leben der „Großen“, wie Ihr Kind es sieht, wider. Wenn Sie genau beobachten, erfahren Sie viel darüber, wie Ihr Kind sein Umfeld erlebt. Da Kinder in Rollenspielen auch aufregendeErlebnisse und Probleme szenisch darstellen und verarbeiten, zeigt sich mitunter recht unverstellt, was sie beschäftigt, ohnedies auf gewöhnlichem Weg in Worte fassen zu können:Schimpft Ihr Kind als „Erwachsener“ etwa das Puppenbabymit harschen Worten aus, ist unschwer zu erraten, wen es indiesem Moment nachspielt. Vielleicht ein Anlass, die eigeneReaktion in bestimmten Situationen einmal zu überdenken.

  • Mein Tipp: Es macht Ihrem Kind bestimmt großen Spaß, wenn Sie einmal das Kind spielen, und Ihr Kind darf Mama oder Papa sein. Dabei müssen Sie nicht unbedingt das pflegeleichte Musterkind geben! Spielen Sie ruhig einmal ein Kind, das sich partout nicht anziehen mag oder sein Gemüse nicht essen will. Vielleicht werden Sie erstaunt sein, zu welchen Erziehungsmaßnahmen Ihr Kind dann greift.

Im Rollenspiel lösen Kinder Probleme und besiegen Ängste

Keine Angst, es folgt jetzt bestimmt keine Anleitung à la „kleine Psychotherapie für den Hausgebrauch“. Doch sind Rollenspiele hervorragend geeignet, den Umgang mit ängstigenden Situationen einzuüben oder verschiedene Lösungsmöglichkeiten bei Problemen folgenlos auszuprobieren. Wenn Ihr Kind z. B. Angst vor Hunden hat, können Sie das mit ihm zusammen nachstellen. Wie verhält sich der Teddy, wenn er einem Hund begegnet und davor Angst hat? Was könnte der Teddy denn tun, damit er nicht mehr Angst haben muss? Spielen Sie gemeinsam „Arzt und Patient“ mit dem Doktorkoffer, wenn ein Krankenhausaufenthalt bevorsteht. Ermutigen Sie Ihr Kind, sofern es das möchte, die Rolle des Angstmachers (z. B. Bösewicht, Gespenst) zu spielen. Damit kann es sich die bedrohlichen Anteile solcher Gestalten zu Eigen machen, so dass diese weniger beängstigend sind. Vielleicht erfahren Sie durch ein Rollenspiel auch erst, wovor sich Ihr Kind fürchtet. Ihr Kind mag z. B. plötzlich nicht mehr in den Kindergarten gehen. Beim Spiel mit seinen Puppen oder Teddys kann es Ihnen erzählen, wie sich diese im Kindergarten fühlen. Dabei könnte dann etwa herauskommen, dass es ein oder zwei Kinder gibt, die es auslachen oder sogar angreifen, wenn die Erzieherin nicht in der Nähe ist.

Überlassen Sie Ihrem Kind die Regie in Rollenspielen

Damit Kinder ihr Sozialverhalten im Rollenspiel trainieren können, müssen die Kleinen alles selbst aushandeln. Das geht schon vor dem eigentlichen Spiel los: Was wird gespielt (Prinzessin, Familie oder Seeräuber?) und wer ist wer (welche Rolle, gut oder böse?). Im Spiel müssen sich alle an die Regeln halten und können nicht plötzlich mittendrin die Rolle wechseln. Wenn einer der Beteiligten mit seiner Rolle plötzlich unzufrieden ist, muss eben neu verhandelt werden. Dass es zwischen den Mitspielern gelegentlich Krach gibt, ist ganz normal. Meist liegt es daran, dass einer immer bestimmen will und das oder die andere(n) Kind(er) damit nicht einverstanden sind. Kommt Ihr Kind zu Ihnen und beklagt sich darüber, sollten Sie trotzdem nicht eingreifen. Fragen Sie es besser, was es gerne anders hätte, und ermutigen Sie es, für seine Wünsche einzutreten. Es kann mit den anderen aushandeln, ob und wie lange man es auch so wie von ihm vorgeschlagen probieren könnte.