Aufsichtspflicht
Das müssen Sie als Eltern wissen
Kinder sind schnell, flink und manchmal unberechenbar. Gerade hat Ulrike ihren Dreijährigen noch an der Hand gehalten. Doch während sie eine Schaufensterauslage studiert, reißt sich der Kleine los, klaubt einen Stein auf und „malt“ damit auf ein funkelnagelneues Auto. Der Besitzer sieht die Bescherung und rennt wutschnaubend auf die Mutter zu: „Passen Sie auf Ihren Lümmel gefälligst auf. Sie haben Ihre Aufsichtspflicht verletzt!“
Die Mutter versichert, dass sie selbstverständlich für den Schaden aufkommen wird. Insgeheim denkt sie, wie gut, dass ich eine private Haftpflichtversicherung habe. Zu Hause bespricht sie den Vorfall mit ihrem Mann und kommt zu dem Schluss, dass sie ihre Aufsichtspflicht keinesfalls verletzt hat, da sie ihren Sohn ja die ganze Zeit an der Hand hatte und der Schaden entstanden ist, weil er sich trotzdem losgerissen hatte.
Sie meldet den Schaden ihrer privaten Haftpflichtversicherung und gibt dort auch an, dass sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hätte. Die Haftpflichtversicherung teilt ihr wenige Tage mit, dass ihr dreijähriger Sohn noch nicht deliktfähig sei. Da außerdem keine Aufsichtspflichtverletzung ihrerseits vorliege, entfalle auch ihre Haftung. Deshalb müsste der Geschädigte leer ausgehen. Eine Zahlung sei nicht vorgesehen.
Deliktunfähigkeit bis zum siebten Lebensjahr
Ulrike versteht nur Bahnhof. Erst allmählich begreift sie, dass die Haftpflichtversicherung nur dann einen Schaden übernimmt, wenn sie bei ihrem deliktunfähigen Sohn die Aufsichtspflicht verletzt hätte. Da deliktunfähige Kinder nicht haften, können sie nicht zur Schadensregulierung herangezogen werden.
Das betrifft Kinder bis zum siebten Lebensjahr, im fließenden Verkehr hat sich die Grenze inzwischen auf zehn Jahre erhöht. Ansonsten haften Kinder von sieben bis siebzehn Jahren in den Fällen, in denen sie die erforderliche Einsichtsfähigkeit und Reife besitzen, dass sie eine schädigende Handlung vorgenommen haben.