Pubertät als Chance der Eltern-Kind-Beziehung

Für viele Eltern symbolisieren pubertierende Kinder die permanente Krise, von der sie manchmal glauben, dass sie nie ein Ende findet. Pubertät bedeutet aber nicht automatisch eine Krise. Die Pubertät ist vor allem eine Phase des Wandels, der Veränderung und der Entwicklung, aus der sich dann Krisen ergeben können. 

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Orientierung und Halt geben

Linas Vater beklagt sich neulich in meiner Beratung: „Seit Lina zwölf ist, setzt es ganz offensichtlich bei ihr aus. Ich wage sie kaum noch anzusprechen, weil sich sofort ein Riesenkonflikt entwickelt. Gut, ich verstehe das mit der Pubertät, aber so dünnhäutig war ich – glaube ich jedenfalls – nicht.“ Schmunzelnd ergänzt eine andere Mutter: „Ich hab gleich zwei davon. Robin ist 15 und Nina ist elf. Das ist katastrophal. Rückzug auf der ganzen Linie ist angesagt. Aber wehe, man lässt sie links liegen, dann kommen sie aus ihrer Höhle gekrochen und giften einen an, man würde sich nicht um sie kümmern.“ So klingen verwunderte Eltern, deren Kinder gerade in der Pubertät sind.

Auch wenn Eltern das mitunter vergessen, so ist die Pubertät zum Glück doch nur ein zeitlich begrenztes Durchgangsstadium. Viele Eltern fürchten sich vor der Pubertät ihrer Kinder, weil sie diese Zeit auf Konflikte reduzieren und mit Krisen gleichsetzen.

Machen Sie sich frei von Schuld- und Selbstvorwürfen

Viele Eltern beziehen die Erziehungsprobleme, die in der Pubertät ihrer Kinder auftreten, auf sich und sehen sich als Schuldige, als Versager. Eltern vergleichen sich mit anderen Eltern, bei denen es vermeintlich besser, ja reibungsloser läuft. Sie vergleichen ihre Heranwachsenden mit anderen und seufzen verzweifelt:

„Warum kann mein Kind nicht auch so freundlich und hilfsbereit sein?“ Aus dieser Sichtweise resultieren Ungeduld, Machtkämpfe, gegenseitige Schuldzuweisungen und ungerechte Vorwürfe. Probleme in den Eltern-Kind-Beziehungen sind während der Pubertät Ihres Kindes normal, weil sich in dieser Zeit ihre Beziehung verändert: Alte Gewohnheiten zerbrechen, und neue müssen sich erst finden.

Nutzen Sie die Krise als Chance – bauen Sie eine neue Beziehung auf

Statt sich selbst Vorwürfe zu machen oder Vergleiche zu ziehen, begreifen Sie die anstehenden Pubertätskrisen besser als Chance, in eine neue, partnerschaftliche Beziehung zu Ihrem heranwachsenden Kind zu treten. Versuchen Sie, eine Beziehung aufzubauen, die nicht auf Macht, Kontrolle und Manipulation aufbaut, sondern von gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Achtung geprägt ist – eine Beziehung, in der Eltern Vorbilder sind, weil sie ihren Kindern vier Prinzipien vorleben:

  • Ich nehme dich so an, wie du bist!
  • Ich nehme mich so an, wie ich bin!
  • Ich bin nicht für dein Tun verantwortlich!
  • Ich bin für mich und mein Tun verantwortlich!

Diese Grundsätze gründen auf einer Spannung von Loslassen und Haltgeben, von Distanz und Nähe, von Ablösung und Begleitung. So hat der Heranwachsende das Recht auf eine individuelle Entwicklung. Genauso notwendig sind die Grenzen zwischen den Generationen. Der innere und der äußere Auszug aus dem Elternhaus sind wichtig. Eltern müssen ihre Kinder in der Pubertät loslassen.