Was steckt hinter Schlafproblemen bei Kindern

„Hilfe, ich kann nicht mehr!“ Wenn Ihr Kind abends nicht einschlafen kann oder nachts mehrmals aufwacht, sind Eltern bald mit ihren Kräften am Ende. „Warum schläft mein Kind nur nicht?“, fragen sie sich verzweifelt. Welche Ursachen und Hintergründe Schlafstörungen haben können, erfahren Sie hier. 

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Sanfte Hilfe für die Kinderseele

Schlaf! Nie hätte ich als junge Frau gedacht, was für ein kostbares Gut das einmal für mich sein würde. Erst nach der Geburt meiner ältesten Tochter Johanna wurde mir diese Erkenntnis schlagartig bewusst. Johanna war von Anfang an ein unruhiges Kind; sie hielt meinen Mann und mich Nacht für Nacht auf Trab. Bald waren mein Mann und ich mit den Nerven am Ende. Und das Schlimmste war: Ich entwickelte regelrechte Aggressionen gegen mein Kind!

Etwa jedes fünfte Kind leidet zeitweise an einer Schlafstörung

Beinahe jedes kleine Kind hat irgendwann einmal Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen. Oft ist dies nur eine Phase, und nach ein paar Tagen oder Wochen klappt das Schlafen wieder. Manchmal sind die Schwierigkeiten aber auch hartnäckig. Das hängt von den Ursachen ab, die vielfältig sein können und häufig nicht gleich zu erkennen sind. Schlafstörungen können

  • körperliche,
  • entwicklungs- bzw. reifebedingte,
  • seelische oder
  • umweltbedingte Hintergründe haben.

Doch was viele Eltern nicht wissen: Am häufigsten sorgen falsche Einschlafgewohnheiten für Schlafprobleme!

Kinderärzte sprechen von einer Schlafstörung, wenn

  • Ihr Kind mehr als dreimal pro Nacht aufwacht und dabei länger als 20 Minuten wach ist,
  • Ihr Kind beim Einschlafen Ihre Anwesenheit braucht,
  • die Probleme seit mindestens drei Monaten bestehen.

Körperliche Ursachen

  • Nur in wenigen Fällen ist eine Schlafstörung körperlich bedingt. Mögliche körperliche Ursachen sind:
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Rückfluss von Magensaft und Nahrung in die Speiseröhre (Reflux)
  • Allergien
  • Verengung der Atemwege bei Schnupfen, vergrößerte Polypen oder Mandeln
  • bei Babys: wiederholte Atemaussetzer (zentrales Schlaf-Apnoe-Syndrom). Hierbei sollten Sie besonders aufmerksam sein und unbedingt den Kinderarzt informieren!

Entwicklungsbedingte Ursachen

Vor allem in den ersten Lebensjahren, in denen sich Kinder sehr schnell entwickeln, kann jeder Wachstumsschub zu Schlafproblemen führen. Typische entwicklungsbedingte „Schlaf-Störer“ sind:

  • Zahnen: Insbesondere, wenn die Backenzähne durchbrechen, kann dies Schmerzen verursachen.
  • Abstillen: In dieser Phase kann Ihr Baby verunsichert sein und nachts vermehrt nach Ihnen verlangen.
  • Ablösung: Immer dann, wenn Ihr Kind selbstständiger wird und sich ein Stück von Ihnen löst (z. B. beim Krabbeln oder Laufen lernen, beim Eintritt in Kindergarten oder Schule) reagiert es zunächst auch mit verstärkter Trennungsangst. Diese kann wie jede andere Angst den Schlaf stören.
  • Trotzalter (ab ca. 15 Monaten): In diesem Alter testen Kinder gerne ihre Grenzen aus und wollen neue Spielräume gewinnen. Das kann beim Ein- und Durchschlafen zu Machtkämpfen führen.
  • die „magischen“ Jahre (3 bis 4 Jahre): Gegen Ende des zweiten Lebensjahres entwickelt Ihr Kind eine sehr lebhafte Fantasie. Die Angst vor Gespenstern, Monstern und anderen Fantasiewesen kann zu Albträumen oder anderen Schlafproblemen führen.

Seelische Ursachen

Ein Kind kann sich nur vertrauensvoll dem Schlaf hingeben, wenn es sich sicher fühlt und sein Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit gestillt ist.

Wenn Eltern keine Zeit haben

Viele Eltern haben Mühe, allen Aufgaben und Anforderungen in ihrem Alltag gerecht zu werden. Dabei bleiben Zeit und Zuwendung für ihr Kind oftmals auf der Strecke. Doch ein Kind registriert sehr genau, ob sein „Kuschelkonto“ ausgeglichen ist. Erhält es tagsüber nicht genügend Streicheleinheiten, holt es sich eben nachts, was es braucht.

Was Sie jetzt tun können: Wenn Sie tagsüber nur wenig Zeit für Ihr Kind haben, lassen sich Schlafstörungen oft bereits beheben, indem Sie Ihrem Kind abends vor dem Zubettgehen mehr Zeit widmen und ihm Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.

Grenzen setzen für einen ruhigen Schlaf

Ein Mangel an verlässlichen Grenzen verunsichert ein Kind. In der Hoffnung, doch irgendwann auf eine Grenze zu stoßen, entwickelt es sich zu einem kleinen Tyrannen. Es bestimmt, wer es ins Bett bringen soll, und zögert das Schlafengehen durch unzählige zusätzliche Aktionen hinaus. Es verlangt noch einen weiteren Schluck Wasser, muss noch mal ganz dringend Pipi, will noch etwas total Wichtiges erzählen oder auf einmal unbedingt im Bett der Eltern einschlafen.

Was Sie jetzt tun können: Üben Sie, Ihrem Kind liebevolle, konsequente und entschlossene Grenzen zu setzen.

Das schwere Erbe der Eltern

So manche Mutter und mancher Vater tragen belastende Erinnerungen, Erfahrungen und Gefühle aus ihrer eigenen Vergangenheit mit sich herum. Ich zum Beispiel war als kleines Kind sehr viel allein und hatte große Angst dabei. Dies wollte ich meiner Tochter Johanna um jeden Preis ersparen. Ich nahm mir vor, sie niemals allein zu lassen. Wie sehr ich damit meine Ängste auf mein Kind übertragen und es in seiner Entwicklung behindert habe, wurde mir erst viele Jahre später schmerzlich bewusst.

Was Sie jetzt tun können: Schreiben Sie Erinnerungen, die in Ihre eigene Kindheit zurückreichen, auf. Dadurch werden sie konkreter und lassen sich weniger auf Ihr Kind projizieren.

Wenn die Eltern streiten

Kinder haben bekanntermaßen sehr feine seelische Antennen. Wie Sie anhand des „Stress-Thermometers“ feststellen konnten, spürt Ihr Kind, wenn Sie unzufrieden oder gestresst sind. Auch Spannungen zwischen den Eltern halten ihr Kind vom Schlafen ab.

Was Sie jetzt tun können: Wenn Sie Beziehungsprobleme haben, sollten Sie mit Ihrem Partner darüber reden und eine Lösung herbeiführen. Gelingt das nicht, holen Sie sich Hilfe bei einer Paarberatung.

Allein klappt es besser: Warum falsche Gewohnheiten Ihr Kind am Schlafen hindern

Hätte ich damals nur gewusst, dass alle Zeremonien, die unsere Tochter „sanft“ zum Schlafen bringen und sie dabei „niemals allein“ lassen sollten, das genaue Gegenteil bewirken! Statt ihr beim Schlafen zu helfen, hinderten wir sie geradezu daran. Warum das so ist? Die Erklärung ist ganz einfach: Einschlafhilfen machen „süchtig“. Ihr Kind verlernt nach und nach, allein einzuschlafen – eine Fähigkeit, die jedes Kind von Natur aus beherrscht. Wacht es dann nach einer Tiefschlafphase in der Nacht auf – und das tun alle Kinder –, verlangt es lautstark nach dem kuscheligen Gefühl an Mamas Brust oder dem sanften Schaukeln. Untersuchungen bestätigen: Kinder, die regelmäßig allein in ihrem Bett einschlafen, haben nur selten Schlafprobleme.

Wichtig!

Schlafprobleme, die Sie nicht selbst in den Griff bekommen, sollten Sie immer abklären lassen. Gehen Sie zum Kinderarzt, wenn

  • Sie den Verdacht haben, Ihr Kind könnte an einer körperlich bedingten Schlafstörung leiden,
  • die Schlafprobleme die Beziehung zu Ihrem Kind belasten,
  • die Schlafstörungen Ihr Familienleben oder Ihre Partnerschaft langfristig beeinträchtigen,
  • ein Geschwisterkind nicht mehr genug Zuwendung erhält,
  • das Schlafverhalten Ihres Kindes bei Ihnen selbst zu einem chronischen Schlafdefizit führt.

Mein Tipp: Gute-Nacht-Kuss und Schluss!

Nehmen Sie sich am Abend Zeit für ein gemütliches Zubettgeh-Ritual mit Ihrem Kind. Das kann aus dem Vorlesen einer Geschichte, einem Schlaflied oder einer Extraportion Kuscheln bestehen. Wichtig ist, dass Sie Ihr gemeinsames Ritual mit einem deutlichen Schlusspunkt beenden. Machen Sie beispielsweise nach der Geschichte das Licht aus und verlassen Sie nach dem Gute-Nacht-Kuss sofort das Kinderzimmer. Auch wenn es zu Protesten kommt, bestehen Sie auf der Regel: Erst zusammen kuscheln, dann allein einschlafen.