Teenager unter Druck? Eltern-Checkliste zur Erwartungshaltung

Hier finden Sie eine Checkliste, was Sie von Ihrem Teenager erwarten können und Tipps, was Sie selbst beitragen können, damit Ihr Kind diese Erwartungen erfüllt. Ein Selbsttest verrät Ihnen, ob Sie Ihren Teenager vielleicht zu sehr unter Druck setzen. 

Inhaltsverzeichnis

Erwartungsdruck

Viele Eltern sind unsicher, was sie von ihrem Teenager einfordern können, und was nicht. Sollte er täglich im Haushalt mithelfen? Wie wichtig ist es, dass sein Zimmer aufgeräumt ist? Und was, wenn die Zensuren in der Schule zu wünschen übrig lassen? Auf all diese Fragen gibt es keine allgemeingültigen Antworten. Allerdings gibt es ein paar Verhaltensweisen, die Eltern von ihren Teenagern einfordern sollten, damit das Zusammenleben nicht aus den Fugen gerät und das Kind auch mit anderen Menschen gut auskommt.

Wir alle stellen gewisse Erwartungen an unsere Mitmenschen. Besonders von unseren Kindern erhoffen wir ein Verhalten, das wir angemessen finden. Doch gerade Teenager neigen (mehr oder weniger bewusst) dazu, diese Erwartungen zu enttäuschen: Sie wollen nicht mehr das „brave Kind“ sein, sondern autonom werden. Daher ist es für Eltern wichtig, hin und wieder die eigenen Erwartungen einem Realitätscheck zu unterwerfen. Denn ein Kind, das sich permanent zu hohen Ansprüchen ausgesetzt fühlt, fühlt sich rasch überfordert. Aggressionen oder Depressionen können die Folge sein. Aber auch Unterforderung kann Teenager frustrieren. Die folgende Checkliste soll Ihnen dabei helfen, einen guten Mittelweg zu finden.

Checkliste: Was Sie von Ihrem Teenager erwarten können,

und was Sie tun können, damit Ihr Teenager diese Erwartungen auch erfüllt

Das können Sie von Ihrem Teenager erwartenDas sollten Sie tun, wenn Ihr Teenager diese Erwartung nicht erfüllt:

Kurze Antworten auf klar und freundlich formulierte Fragen.

Achten Sie bewusst darauf, Ihre Fragen höflich und ohne vorwurfsvollen Unterton zu stellen und fordern Sie freundlich eine Antwort ein.

Ein Minimum an Mithilfe im Haushalt, z.B. regelmäßig den Mülleimer leeren oder einmal in der Woche das Bad machen.

Treffen Sie klarere Absprachen, evtl. in einer Familienkonferenz, und lassen Sie Ihr Kind bei der Aufgabenverteilung mitentscheiden. Dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es seine Pflichten auch wirklich erledigt.

Handyfreie Zeiten nach Absprache, z.B. am Esstisch, während der Familienkonferenz o.Ä.

Seien Sie ein gutes Vorbild. Mahnen Sie diese handyfreien Zeiten konsequent ein.

Dass Ihr Kind Ihnen die wichtigsten Informationen aus der Schule berichtet, z.B. Termine für Elternabende, Zensuren oder Klausurtermine.

Fragen Sie Ihr Kind nachmittags oder abends freundlich und interessiert nach Neuigkeiten aus der Schule. Manche Teenager sind einfach vergesslich und müssen daran erinnert werden, Infos auch weiterzugeben.
Dass Ihr Kind sein Zimmer gelegentlich aufräumt

(nach Absprache). 

Prüfen Sie, ob Sie zu viel Ordnung erwarten. Unordnung im Kinderzimmer ist immer ein Ausdruck von Autonomiebestrebungen des Teenagers („In meinem Zimmer bestimme ich!“). Respektieren Sie das in gewissem Maße, dann gibt es nicht ständig Streit.

Dass der Teenager gewisse Höflichkeitsregeln beherrscht und anwendet, z.B. jemanden grüßt, ihm die Hand gibt, sich freundlich zuwendet, „bitte“ und „danke“ sagt etc.

Fordern Sie diese Höflichkeitsregeln immer wieder freundlich ein. Werden Sie dabei nicht laut oder ungeduldig. Strafen Sie Ihr Kind nicht ab, wenn es sich mal nicht „ordentlich“ benimmt, und stellen Sie es auf keinen Fall vor anderen bloß. Sagen Sie Ihrem Kind lieber in einer ruhigen Minute, warum Sie diese Regeln wichtig finden. 

Dass er die wichtigsten Benimmregeln kennt, z.B. im Restaurant die Tischmanieren beherrscht.

Bitten Sie Ihr Kind höflich darum, sich entsprechend zu benehmen. Allerdings sollten sich dann alle Familienmitglieder an diese Vereinbarungen halten. Gehen Sie also selbst mit gutem Beispiel voran. 

Dass er seine Schulsachen (überwiegend) selber organisiert, seinen Ranzen bzw. Rucksack, Turnbeutel und Federtasche packt und auspackt.

Halten Sie sich mit der Hilfe in Bezug auf Ranzenpacken etc. deutlich zurück. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass Sie erwarten, dass es sich selber darum kümmert. Sie können Ihr Kind gerne daran erinnern, aber nehmen Sie ihm auch dann diese Arbeit nicht ab, wenn es noch nicht so gut klappt. Ihr Teenager muss das jetzt lernen!
Dass er seine dreckige Wäsche in die Wäschetonne bringt. 

Bringen Sie Ihrem Kind konsequent bei, dass Wäsche nur dann gewaschen wird, wenn sie in der Tonne gelandet ist. Spätestens, wenn dann keine Socken und Hosen mehr im Schrank liegen, wird es sich wieder an diese Maßgabe erinnern.

Dass er seine Sachen aus dem Flur und dem Wohnzimmer räumt

Machen Sie Ihrem Kind klar, dass es in seinem Zimmer Unordnung machen darf, aber Flur und Wohnbereich Gemeinschaftsräume sind, in denen es sich – genauso wie alle anderen Familienmitglieder! – an gewisse Regeln zu halten hat. Auch wenn Sie sich oft wiederholen müssen: Lassen Sie nicht nach, Ihr Kind dazu aufzufordern, die Schuhe aus dem Weg zu räumen etc. (Vorausgesetzt, die herumliegenden Sachen stören Sie!)

Dass er selbstständig seine Hausaufgaben macht und sich eigenständig auf Klassenarbeiten vorbereitet

Auch hier gilt: Erinnern ist okay, aber machen sollte Ihr Kind das alleine. Unterstützen Sie es, wenn es wirklich Hilfe braucht oder darum bittet. Bieten Sie dann aber Hilfe zur Selbsthilfe, zeigen Sie ihm z.B. einen Rechenweg auf, statt ihm die Aufgabe auszurechnen.

Dass er ein Mindestmaß an Rücksichtnahme auf kranke oder schwächere Geschwister oder Bekannte nimmt.

Auch wenn es Teenagern manchmal schwerfällt, Rücksicht zu nehmen: Mahnen Sie eine gewisse Sensibilität im Umgang mit Kranken und Schwachen ein. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn das manchmal nicht klappt. Mit der Zeit wird Ihr Kind das schon noch lernen.

Dass er auch mal spontan Aufgaben übernimmt, zu denen er gerade keine Lust hat, z.B. benutztes Geschirr vom Tisch in die Spülmaschine zu räumen.

Bitten Sie konkret um Mithilfe („Räume bitte die Schüsseln noch ab!“). Lassen Sie sich von „Gemaule“ nicht von Ihrer Bitte abbringen oder in lästige Diskussionen verwickeln. Sagen Sie höchstens nebenbei: „Kann sein, dass das jetzt keinen Spaß macht, ich möchte trotzdem, dass du das tust.“ Punkt!

Dass er ein gewisses Maß an Hilfsbereitschaft (auf Ansprache!) zeigt.

Sprechen Sie Ihren Teenager direkt an, wenn Sie Hilfe von ihm wollen. Sagen Sie konkret, was Sie von ihm erwarten. Dann wird er vermutlich eher behilflich sein als von sich aus.

Eltern-Selbst-Test: Setze ich meinen Teenager zu sehr unter Druck?

Fragen Sie sich auch manchmal, ob Sie vielleicht zu hohe Erwartungen an Ihr Kind haben oder es sogar unter Druck setzen? Dann testen Sie hier doch einfach mal, ob Sie dazu neigen, Ihr Kind zu überfordern. Beantworten Sie einfach die folgenden Fragen jeweils mit „stimmt“ oder „stimmt nicht“ und zählen Sie zusammen, wie oft Sie mit „stimmt“ geantwortet haben.

  1. Ich erwarte, dass mein Kind immer Einsen und Zweien nach Hause bringt.
  2. Das Abitur und ein Studium müssen es schon sein. Alles andere kommt für mich nicht infrage.
  3. Schlechte Stimmung kann ich nicht ertragen. Ich möchte, dass mein Kind viel lächelt und fröhlich ist.
  4. Ich erwarte, dass mein Kind von sich aus sein Zimmer putzt.
  5. Wenn es mir nicht gut geht, sollte mein Kind das von sich aus merken und mir zur Hand gehen.

    Ich merke es ja auch, wenn es ihm nicht gut geht!
  6. Mein Kind muss all seine Schulangelegenheiten alleine regeln.
  7. Wenn mein Kind zu wenig lernt für die Schule, ist es selber schuld! Was kann ich dafür?
  8. Mein Kind geht allein zum Arzt, wenn es krank ist. Ich kann da doch nicht jedes Mal mitgehen.
  9. Mein Kind ist so schlau, dass es all seine Probleme allein lösen kann. Es braucht meine Unterstützung nicht.
  10. Sollte mein Kind jemals eine Zigarette rauchen, bin ich sehr enttäuscht von ihm.
  11. Alkohol? Mein Kind doch nicht! Und wenn doch, gibt es echten Ärger.
  12. Eine andere Schulform als das Gymnasium kommt für mich nicht in Betracht.
  13. Mein Kind muss auf die Minute pünktlich zu Hause sein. 10 Minuten zu spät? Das geht gar nicht!
  14. Auch beim Sport sollte mein Kind sich immer Mühe geben und Höchstleistungen zeigen.
  15. Ich möchte gerne stolz auf mein Kind sein. Dafür muss es aber auch etwas leisten.

Auswertung:

Wenn Sie 1 bis 5 Mal mit „stimmt“ geantwortet haben:

Ihre Neigung, Ihr Kind unter Druck zu setzen, ist offensichtlich nicht besonders stark ausgeprägt. Das ist gut so! Achten Sie weiterhin darauf, realistische Anforderungen zu stellen und diese auch klar zu kommunizieren. Und überlegen Sie, ob Sie von Ihrem Teenager vielleicht sogar manchmal etwas zu wenig erwarten?

Wenn Sie 6 bis 10 Mal mit „Ja“ geantwortet haben:

Sie zeigen schon eine gewisse Tendenz, zu viel von Ihrem Teenager zu verlangen. Prüfen Sie anhand Ihrer „Ja“-Kreuzchen, ob die Erwartungen sich eher auf die Leistungen oder das Verhalten des Jugendlichen beziehen. Überlegen Sie, warum Sie diesbezüglich so fordernd sind. Schrauben Sie Ihre Erwartungen bewusst zurück – auch wenn es Ihnen schwerfällt. Mit etwas mehr Gelassenheit und realistischeren Ansprüchen wird das Familienleben weniger anstrengend.

Wenn Sie 11 bis 15 Mal mit „Ja“ geantwortet haben:

Sie überfordern Ihren Teenager offensichtlich gleich auf verschiedenen Ebenen. Wie kommt es, dass Sie so viel von Ihrem Kind erwarten? Waren Sie selbst ein so erfolgreiches und braves Kind? Oder haben Sie Sorgen, dass Ihr Kind nicht gut durch das Leben kommen wird, wenn es nicht immer auf höchstem Niveau „funktioniert“? Prüfen Sie Ihre Motivationen gründlich und entlassen Sie Ihr Kind aus Erwartungen, die es nicht erfüllen kann. Damit tun Sie ihm etwas wirklich Gutes, entlasten es und sorgen für mehr Leichtigkeit im Familienleben.